Home » Heimkinopaket » Blue Horizon Profono – effektives Analog-Upgrade für Vinyl-Fans
12. August 2016von Jonas Bednarz
RedakteurRund zwanzig Jahre nach ihrem angeblichen Aussterben ist die Schallplatte wieder da und erobert sich in beeindruckender Geschwindigkeit die Gunst der Musikliebhaber zurück. Ein Plattenspieler sollte jedoch nicht einfach an die HiFi-Anlage, sondern an einen speziellen Vorverstärker geklemmt werden. Wozu? Diese Frage beantworten wir im Folgenden und beleuchten das Thema anhand der Blue Horizon Profono.
Einer Schallplatte Klang zu entlocken ist grundsätzlich erstmal deutlich einfacher, als es z.B. bei einer CD der Fall ist. Während man für die Silberlinge zwingend ein passendes Gerät benötigt, das die Informationen ausliest und in hörbare Schwingungen wandelt, genügt bei der Schallplatte beispielsweise ein spitzer Zahnstocher, um der Rille zumindest einen Teil ihrer Information zu entlocken. Das klingt zwar nicht gut, ist in der Praxis aber durchaus möglich. Möchte man hingegen alles an Klang aus dem Medium holen, wird es ungleich aufwändiger. Dann benötigt es neben Laufwerk, Tonarm und Tonabnehmer auch für die Schallplatte ein Gerät, dass die Informationen entsprechend dekodiert. Das Musiksignal ist nämlich nicht linear auf die Platte gepresst, sondern gemäß der sogenannten RIAA-Kennlinie „verbogen“. Unter anderem werden dabei Bassanteile abgesenkt, um die Auslenkungen der Rille zu begrenzen und die Höhen angehoben, damit sie nicht im Rillenrauschen untergehen. Um den Klang nun wieder „geradezubiegen“ und das schwache Signal des Tonabnehmers auf den passenden Pegel für die nötige Weiterverarbeitung zu bringen, braucht es einen entsprechenden Phonovorverstärker. Diese hält der Markt in unterschiedlichster Form, Farbe und Güte bereit. Eines der vielversprechenderen Modelle ist die Blue Horizon Profono. Ein Gerät, das bereits aufgrund seiner Herkunft auf sich aufmerksam macht.
Wer steckt dahinter?
Das britische Unternehmen Blue Horizon Ideas geht auf Keith Martin zurück. Martin ist u.a. als Besitzer der Marke IsoTek bekannt, deren Produkte in erster Linie in Sachen Stromversorgung unter anspruchsvollen Musikfreunden einen exzellenten Ruf genießen. Mit seinem zweiten Standbein, der IsoTek-Schwester Blue Horizon, widmet sich der Musik-Enthusiast seit 2008 auch der Verbesserung der Klangqualität von HiFi- oder Heimkinoanlagen durch passendes Zubehör. Vertrieben werden beide Marken hier in Deutschland übrigens von IDC Klassen im westfälischen Lünen.
Neben den Geräteplattformen der Sanctum-Serie, die wir hier schon ausführlich besprochen haben, bieten die Briten auch eine kleine Kollektion an analogem Zubehör, wie verschiedene Korkauflagen für den Plattenteller, eine antistatische Kohlefaserbürste oder eine Justagehilfe an. Und natürlich den Phonovorverstärker Profono, das wohl am aufwändigsten entwickelte und gestaltete Gerät der noch jungen HiFi-Marke Blue Horizon.
Filigrane Elektronik, rustikale Behausung
Wie eingangs bereits erwähnt, hat der Phonovorverstärker die Aufgabe das winzige Signal des Tonabnehmers entsprechend zu verstärken, so dass der nachfolgende HiFi-Verstärker damit zurecht kommt. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Der Phonopre verstärkt das ankommende Signal um einen Faktor zwischen 100 und 1000, je nachdem welcher Tonabnehmer eingesetzt wird. Nebenbei entzerrt er das Signal noch nach RIAA-Standard. Es ist also keine ganz leichte Aufgabe, die ein Phonoverstärker vollbringen muss und die vielleicht verdeutlicht, warum ein solches Gerät für anspruchsvolle Plattenliebhaber ein absolutes Muss ist.
Das Schöne dabei ist: ein Phonovorverstärker muss nicht zwingend groß sein. Eine Vorgabe, an die sich Blue Horizon vorbildlich hält, denn das eher unscheinbare schwarze Kästchen misst gerade einmal 17 x 5 x 8 Zentimeter, was bedeutet, dass sich für unseren Testgast wohl immer ein Plätzchen in der Nähe des Plattenspielers finden lässt. Herrscht akuter Platzmangen, könnte man ihn aber auch hinter dem Rack verstecken. Muss man aber nicht, denn die hochwertige Fertigungsqualität und die makellose Oberfläche des schwarzeloxierten Aluminiums können sich durchaus sehen lassen. Das aus Formblechen und Profilen zusammengesetzte Gehäuse hat nämlich einen gewissen rustikalen Charme. Durch seine robuste Bauweise schützt es die empfindliche Elektronik zugleich wirkungsvoll gegen mechanische und elektrische Einflüsse. Ein wichtiger Punkt, denn Störungen werden schließlich genauso verstärkt, wie das eigentliche Nutzsignal – genau das gilt es zu vermeiden. Um auch den Einfluss der Stromversorgung möglichst klein zu halten, ist das Netzteil komplett aus dem Gehäuse ausgelagert. Sehr gut, so kann es den filigranen Verstärkungsprozess nicht stören. An der Stelle Stromversorgung sieht der Hersteller übrigens noch Potential. Ein hochwertigeres Netzteil, mit dem sich noch ein bisschen mehr an Klangqualität aus dem Profono kitzeln lässt, ist bereits angekündigt. Einen genauen Liefertermin gibt es jedoch noch nicht.
Bedienung & Komfort
Naturgemäß übersichtlich geht es bei den Bedienelementen zu. Zwar ist der Profono komplett an den Tonabnehmer anpassbar, er kommt dabei dennoch mit lediglich zwei kleinen, auf der Rückseite platzierten Schaltern aus: Einem zum Einschalten und einem zur Auswahl der Verstärkung. Verschiedenen Bauarten der Tonabnehmer machen allerdings auch unterschiedliche Eigenschaften des Phonoverstärkers nötig. So braucht zum Beispiel ein Moving-Magnet oder kurz MM-Tonabnehmer eine geringere Verstärkung als ein MC-Tonabnehmer (Moving Coil), der von Haus aus ein deutlich stärkeres Signal liefert. Um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, bietet der Profono darum drei unterschiedliche Verstärkungsstufen an, so dass wohl jeder Tonabnehmer auf dem Markt adäquat verstärkt werden kann. Moving-Coil-Tonabnehmer gelten als hochwertiger, was zwar nicht immer der Wahrheit entsprechen muss. Zugleich sind sie aber etwas empfindlicher, was die Kompatibilität mit dem Verstärker angeht. Neben dem passenden Verstärkungsfaktor brauchen sie einen bestimmten Abschlusswiderstand, um die bestmögliche Klangqualität zu gewährleisten. Die Gründe dafür liegen in der Elektrotechnik und müssen hier jetzt nicht weiter diskutiert werden. Durch die Anpassungsmöglichkeit erklärt sich dann auch das überzählige Paar an vergoldeten Cinch-Buchsen auf der Rückseite des Profono. Über sie erfolgt die Anpassung des Verstärkers an den Tonabnehmer. Dazu werden Cinch-Stecker mit eingebauten Widerständen an die Buchsen gesteckt und so der Eingangswiderstand geregelt, den der Tonabnehmer „sieht“. Drei paar entsprechender Stecker sind im Lieferumfang enthalten, zusammen mit der Standardeinstellung (47 Kiloohm) ohne zusätzlichen Widerstand ergeben sich so schon vier Möglichkeiten. Das ist für die unterschiedlichsten Tonabnehmer auch völlig ausreichend. Die passenden Werte für besonders exotische Tonabnehmer, erstellt der Blue-Horizon-Händler sicher gern auf Anfrage. Ansonsten kann jeder, der schonmal einen Lötkolben in der Hand hatte, die passenden Abschlussstecker auch leicht selbst anfertigen.
Feinjustage der Blue Horizon Profono
Die Inbetriebnahme des Blue Horizon Profono ist denkbar einfach: Stromversorgung herstellen, Plattenspieler am Input des Profono anschließen und den HiFi-Verstärker am entsprechenden Ausgang (Output). Anschließend wird noch die richtige Verstärkung justiert. Wer ein MM-System nutzt, hat es einfach. Dafür gibt es lediglich eine einzige Einstellung, die gewählt werden muss. Für MC-Systeme hingegen sind es zwei: Hohe Verstärkung und niedrige. Grundsätzlich macht macht man mit der niedrigen zunächst einmal nichts verkehrt. Falls es mit dieser Einstellung noch zu leiste ist, einfach auf die höhere umschalten. Nun kommt der spannende Teil, das Finden des passenden Widerstands.
Hier gilt als Faustregel: System-Innenwiderstand mal zehn. Für den Denon-Klassiker DL103 ergeben sich so zum Beispiel etwa 400 Ohm. Erlaubt ist aber natürlich (wie immer) was gefällt. Wenn es für Ihr Hörempfinden mit 100 Ohm oder 1000 Ohm besser klingt, ist das die für Sie richtige Einstellung. Kaputtmachen kann man mit einem falschen Abschluss nichts, nur handelt man sich eventuell etwas zusätzliches Rauschen ein.
„Das Normalste der Welt“
Nach dem Einschalten lasse ich HiFi-Geräte gerne erstmal „warm werden“, für meinen Geschmack klingt es dann einfach besser. Die Profono verbraucht allerdings so wenig Strom, dass sie ruhigen Gewissens eigentlich auch dauerhaft eingeschaltet bleiben kann. Mit einer Stromaufnahme von 1,6 Watt kommen im Jahr gerade einmal 14 Kilowattstunden zusammen, in Euro ausgedrückt sind das runde vier. Ein nennenswerter Teil davon wird wohl schon für die blaue LED draufgehen. Diese Farbe passt zwar schön zum Firmennamen, zur gemütlichen Stimmung beim Vinylhören passt das kalte und grelle Blau dagegen nicht so richtig. Das war es dann aber auch schon mit Kritik, denn klanglich tut die Farbe der LED natürlich nichts zur Sache. Und klanglich gibt es an der Profono auch wahrlich nichts auszusetzen. Nennenswertes Rauschen ist nicht zu vernehmen, auch das Rillenrauschen scheint nicht präsenter als eben notwendig. Der Klang selbst fesselt vom ersten Takt an. Die Profono klingt natürlich und irgendwie selbstverständlich, als wäre guter Klang das Normalste der Welt. Dazu spannt sie eine beeindruckende Bühne auf und man bekommt tatsachlich den Eindruck, den eigenen Hörraum hinter sich zu lassen und mit den Musikern im Studio oder der Konzerthalle zu stehen. Besonders deutlich wurde mir das beim letzten EELS-Studio-Album „The Cautionary Tales Of Mark Oliver Everett“, das ich ganz gut kenne, über die Profono aber tatsächlich noch einmal neu kennengelernt habe. Besonders das Stück „Dead Reckoning“ beeindruckt mit Paukenschlägen, die sich grollend durch einen riesigen Raum ausbreiten, so dass ich das Gefühl habe in einer Kirche zu sitzen, und nicht in meinem kleinen Altbauwohnzimmer.
Tonal lässt sich die Profono wahrscheinlich am Besten als neutral bezeichnen. Sie spielt eher relaxt und rund, dennoch macht sie sowohl im Hoch- als auch im Tiefton zahlreiche Details hörbar, die mit schwächeren Phonovorverstärkern schon mal auf der Strecke bleiben. Dabei geht es jedoch keinesfalls analytisch zu, sondern natürlich und stimmig. So wie Vinyl halt klingen sollte.
Fazit
Hochwertiger Plattenspielerklang braucht einen guten Phonovorverstärker. Das war so und wird immer so bleiben. Der Blue Horizon Phonovorverstärker Profono überzeugt im Test mit perfekter Verarbeitung, hoher Flexibilität und hervorragendem Klang. Die Profono holt erstaunlich viele Details aus der Rille, ohne dabei jedoch zu übertreiben. Sie spielt natürlich und klingt im besten Sinne analog.
Test & Text: Jonas Bednarz
Fotos: www.lite-magazin.de
Klasse: Spitzenklasse
Preis-/Leistung: sehr gut
90 of 100
95 of 100
90 of 100
Technische Daten
Modell: | Blue Horizon Profono |
---|---|
Gerätekategorie: | Phono-Vorverstärker |
Preis: | 999,00 Euro |
Ausführungen: | schwarz |
Vertrieb: | IDC Klaassen, Lünen Tel.: 0231 / 9 86 02 85 www.idc-klaassen.com |
Abmessungen (HBT): | 70 x 170 x 110 mm |
Gewicht: | ca. 2,0 Kg |
Anschlüsse: | - Analog-Eingang (Cinch) - Analog-Ausgang (Cinch) - Masseklemme |
Ausstattung: | - MM/MC-Umschalter - Masseklemme |
Lieferumfang: | - Profono - Bedienungsanleitung - Netzkabel |
Besonderes: | - ausgelagertes Netzteil - MM/MC-Umschalter - erstklassige Verarbeitung - massives Alu-Gehäuse (gebürstet) |
Benotung: | |
Klang (60%): | 1,1 |
Praxis (20%): | 1,0 |
Ausstattung (20%): | 1,1 |
Gesamtnote: | 1,1 |
Klasse: | Spitzenklasse |
Preis/Leistung: | sehr gut |
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