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Es gibt kaum etwas Schöneres, als eine neue Schallplatte das erste Mal aufzulegen. Der Moment, in dem das schwarze Vinyl sanft auf den Plattenteller gelegt wird und die Nadel in die Rille sinkt, hat für Musikfans fast schon etwas Magisches. Ein Ritual, das weit über das bloße Hören der Musik hinausgeht und auch nicht exorbitant teuer sein muss, um richtig Spaß zu machen. Ich habe mir mal ein homogenes HiFi-Setup zusammengestellt und mir Zeit genommen, das Album „Before The Flood“ von Bob Dylan & The Band zu genießen.

Flohmarktfunde können sich als echte Schätze herausstellen. Ein Beispiel: „Before The Flood“ von Bob Dylan and The Band.

Wie bereits erwähnt, gehört das Drumherum für Vinylisten zum festen Bestandteil der Musik-Session. Mir geht es leider nicht oft so, denn nur selten habe ich ausreichend Zeit auch privat mal Musik zu hören. Heute ist das anders, ich zelebriere bereits das Auspacken der Platte. Nimmt man sich die Zeit, kommt man schnell wieder dazu die kleinen Details zu entdecken. Heute beginnt die Entdeckungsreise direkt am Plattenregal, als ich durch meine Sammlung stöbere. Was nehme ich mir heute vor, vielleicht ein Klassiker von Miles Davis oder eine moderne Interpretation von Esperanza Spalding? Nein, heute soll es Bob Dylan & The Band sein. „Before The Flood“, 1974 veröffentlicht, fängt es die Essenz der musikalischen Zusammenarbeit zweier Legenden optimal ein, deren Wege sich immer wieder kreuzten. Es scheint fast, also musste es so kommen, denn auf früheren Tourneen als Begleitband eingesetzt, performte The Band während der gemeinsamen Nordamerika-Tour auch einige eigene Songs.

Alles ist vorbereitet: Fehlt nur noch ein passendes Getränk und es kann losgehen …

Flohmarkt-Schatz

Was ursprünglich nicht geplant war, führte letztlich zu einem Doppelalbum. Genauer gesagt zu einem spannenden Dokument erstklassiger Künstler auf dem Höhepunkt ihrer Kreativität. Die Vorfreude ist also entsprechend groß und so hat schon das Auspacken meines Flohmarktfundes für mich etwas Feierliches. Das kunstvolle Cover auf dem schemenhaft hunderte Fans zu sehen sind, wie sie brennende Streichhölzer und Feuerzeuge in die Luft halten, symbolisiert mir gleich zwei Dinge: Zum einen die Gänsehaut-Atmosphäre in der Halle, zum anderen sind die leuchtenden Punkte so angeordnet, dass sich darin auch eine Welle erkennen lässt. Über diesem gerahmten Bild sind die Namen der Interpreten in einer schlichten, zugleich aber aber markanten Schrift platziert. Eine Einfachheit, die mir die Ernsthaftigkeit und Direktheit des Albums signalisiert. Der Begutachtung des Cover-Arts folgt die Entnahme der ersten Schallplatte. Der Zustand ist super und der leichte Glanz des Vinyl bestätigt meinen Eindruck, dass hier etwas ganz Besonderes wartet.

Vorsicht: Beim Auflegen sollte man die Platte möglichst nur am Aussenrand berühren.

Von Staub befreien

Kurz darauf liegt Seite 1 auf dem schweren Plattenteller meines Elac Miracord 60. Bevor ich den Tonarm aber über die Scheibe führe, nehme ich mir einen Moment, um sie vorsichtig zu reinigen. Ein Punkt, den ich immer und vor jeder Wiedergabe empfehle – selbst bei neuen Platten. Auch ihnen haften winzige Staubpartikel auf der Oberfläche an. Eine bessere Schallplattenbürste – idealerweise eine, die auch antistatisch wirkt – dient als perfektes Werkzeug, um das Schwarze Gold sanft von Staub zu befreien. Kleiner Tipp: Die Plattenbürste im leichten Winkel mit der Laufrichtung halten, Teller rotieren lassen und Bürste langsam nach aussen führen. Vor der ersten Wiedergabe älterer Platten oder Flohmarktfunden wie diesem, sollte man diesen Schritt meist besser zwei- oder mehrfach durchführen. Hartnäckigeren Verschmutzungen tritt man dagegen eher mit einer Plattenwaschmaschine entgegen. Angst muss man davor nicht haben, die meisten Plattenwäscher sind intuitiv in der Bedienung und erschwinglich.

Vor jeder Wiedergabe empfiehlt es sich die Scheibe nochmal mit einer Plattenbürste von Staub zu befreien.

Sanft auf die Platte herabsinken

Ist die Platte nun von Staub befreit, kann es endlich losgehen. Zunächst schalte ich den Verstärker ein und wähle die erforderliche Quelle. Anschließend stelle ich den Servo-Geschwindigkeitsregler auf 33, sofort setzt sich der Alu-Druckguss-Teller in Bewegung. Wer die Geschwindigkeit und eventuelle Laufschwankungen selbst überprüfen möchte, kann das zuhause ganz einfach per Smartphone-App kontrollieren. Die misst vermutlich zwar nicht zu 100 Prozent korrekt, bietet aber einen guten Anhaltspunkt. Ich selbst verwende die iPhone-App „Turntable Speed“. Nach rund zwei Sekunden ist die Soll-Geschwindigkeit des Plattenspielers erreicht, so dass ich den edlen Kohlefasertonarm soweit über das Vinyl führe, bis sich der Tonabnehmer über der Einlaufrille befindet. Dann kommt der Moment, indem der filigrane Alu-Schalter rechts neben dem Tonarm nach vorn gekippt wird. Dieser Alu-Schalter setzt schließlich den Lift in Bewegung und lässt den Goldring-Tonabnehmer langsam nach unten sinken, bis er sich sanft in die Rille legt.

Korrekter Speed: Die richtige Geschwindigkeit wird vor der Wiedergabe über den entsprechnden Regler gewählt. LPs laufen in der Regel auf 33 1/3.

Die Spannung steigt …

Abgesehen von einem leichten Knistern, herrscht für wenige Sekunden zunächst Stille. Es fühlt sich fast an, als ob die Zeit für einen Augenblick stillsteht. Kurz darauf setzt endlich die Musik ein. Das Publikum jubelt und sogleich werde ich in Live-Stimmung versetzt. Wenige Augenblicke später geht es dann mit „Most Likely You Go Your Way“ los. Stilistisch verzerrte Gitarren und Dylans Stimme. Mehr gibt es hier nicht und mehr muss auch nicht sein. Die schöne 70er-Live-Atmosphäre macht sich auch so schnell im Hörraum breit. Gleich das zweite Stück ist dann einer der größten Hits des US-Amerikaners. „Lay Lady Lay“ schallt aus den Lautsprechern. Um ganz ehrlich zu sein, klanglich gibt es sicher bessere Scheiben. Schlecht produziert ist die Platte jetzt nicht, aber auch nicht herausragend gut. Oberes Mittelmaß eben. Der Sound ist für mich im Moment allerdings auch zweitrangig, denn jetzt trägt das Gefühl die Musik.

Über den Lift (rechts vor dem Tonarmlager) lässt man den Tonabnehmer sanft auf die Platte herabsinken.

Live-Atmosphäre

Das mag vielleicht etwas pathetisch erscheinen, ist aber exakt so gemeint, wie ich es schreibe. Das Doppel-Album bietet eine Mischung aus Dylan-Klassikern und Hits von The Band. Und das kann man sich jederzeit und überall anhören. Was mir dabei besonders gut gefällt, sind die Neuinterpretationen einiger Dylan-Klassiker: „Like A Rolling Stone“ (Seite 4) beispielsweise legt gaaaanz langsam los. Zunächst sind nur das Publikum, eine einzelne Gitarre und das Piano zu hören. Als sich das kurze Intro dem Ende zuneigt, bemerken die Zuschauer, um welchen Song es sich handelt. Leichter Jubel und vereinzelte Pfiffe füllen die Front des Hörraums. Als Dylans Stimme kurz darauf zu hören ist, bekomme ich Gänsehaut. Der Text ist ein Meisterwerk der Ironie und der Verzweiflung. Die Zeilen „How does it feel, to be on your own, with no direction home?“ wirken wie direkt an mich gerichtet.

Nett gemacht: „Before The Flood“ ist ein aufklappbares Doppelalbum. Bis auf ein paar Bilder der Künstler geben die Innenseiten es allerdings keine Zusatzinformationen her.

The Band: mehr als eine Begleitband

Dabei hat das Stück etwas Trauriges, Verzweifeltes, interpretiert zugleich aber auch eine Befreiung. Eine Befreiung von etwas Belastendem. Ein Song, der aus meiner Sicht gern gleich zweimal auf das Doppel-Vinyl gehört hätte. Aber auch die Tracks von The Band, hier sei beispielsweise „The Night They Drove Old Dixie Down“ zu nennen, machen so richtig Spaß. Wer denkt, dass The Band nicht mehr als die begleitende Instrumentierung ist, der irrt. Das kanadisch-amerikanische Quintett spielt absolut auf Augenhöhe. Jeder gemeinsame Track besitzt ein eigenständiges Leben, doch im Gesamtbild entsteht ein künstlerisches Werk. Eines, das die Tiefe von Dylans Songwriting und die Virtuosität von The Band perfekt vereint. Die harmonischen Gesangsparts und das lückenlose Zusammenspiel der Musiker wirkt wie aus einem Guss. Wie ein Zahnrad, das in das andere greift und die Maschine so antreibt. So entsteht eine dynamische Atmosphäre, die die gesamte Doppel-LP durchzieht.

Alle Titel der Doppel-LP sind rückseitig aufgelistet.

Blowin` in the Wind

Der Abschluss des Albums bleibt dann dem Grammy- und Literatur-Nobelpreisträger Dylan vorbehalten: Mit „Blowin’ In The Wind“ wurde dafür selbstverständlich ein weiteres seiner vielen Highlights erwählt. Wieder jubeln die Zuschauer und als die Mundharmonika zu hören ist, wird es frisch und fröhlich. Dabei ist es exakt dieses markante Instrument, das Harmonie und Ruhe ausstrahlt. Perfekte Attribute für einen angenehmen, schönen Vinyl-Nachmittag, die mich zufrieden im Sessel zurücklehnen lassen. Gitarre, Schlagzeug und Dylans Stimme werden zu einer festen Einheit, die den eigentlich ernsten Song fix ins Blut übergehen lassen. Hört man genau zu, wird es übrigens spannend. Hauptsächlich geht es darum positiv in die Zukunft zu sehen und offen für Neues zu sein. Es geht aber auch um ernste Themen wie Frieden und Gerechtigkeit. All das vereint Dylan kunstvoll zu einem stimmigen Gesamtbild, das mich sofort mitnimmt, ohne schwermütig oder erdrückend zu wirken.

Um Musik von Schallplatte zu hören, sollte man sich etwas Zeit nehmen. In der Regel folgt dann eine musikalische Entdeckungsreise.

Fazit

„Before The Flood“ ist weit mehr als nur ein Live-Album. Es ist ein intensives Hörerlebnis, das die emotionale Kraft von Bob Dylans Texten und die musikalische Virtuosität von The Band in voller Stärke zur Geltung bringt. Für Dylan-Fans und Liebhaber von Live-Mitschnitten ist diese Doppel-LP ein unverzichtbares Meisterwerk. Es fängt die Magie eines einzigartigen Moments in der Musikgeschichte ein und beweist einmal mehr, wie schön Plattenhören – auch mit älteren Alben – sein kann.

Test & Text: Roman Maier
Fotos: Simone Maier

Gesamtnote: Empfehlung

94 of 100

85 of 100

90 of 100

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