Home » Rezensionen » Der junge Messias – Historischer Ansatz statt religiöser Reklame
31. Oktober 2016von Martin Sowa
RedakteurDer junge Jesus ist sich seiner wahren Identität noch nicht bewusst, als er zum ersten Mal ein Wunder vollbringt. Doch schnell begreift er, dass er kein Kind wie jedes andere ist. Während seine Eltern versuchen, ihren Sohn unbeschwert aufwachsen zu lassen, machen die äußeren Umstände diese Aufgabe zunehmend unmöglich…
Im Alter von sieben Jahren lebt Jesus (Adam Greaves-Neal) mit seinen Eltern Maria (Sara Lazzaro) und Josef (Vincent Walsh) im ägyptischen Alexandria. Kurz nach seiner Geburt ist die Familie dorthin geflüchtet, da König Herodes aus Angst vor einem Machtverlust alle männlichen Kleinkinder Bethlehems töten ließ. Trotz seiner jungen Jahre merkt Jesus, dass er besondere Fähigkeiten besitzt. So erweckt er einen toten Vogel am Strand wieder zum Leben und tut dasselbe mit einem anderen Jungen, der bei einer Rauferei stürzt und verstirbt. Allerdings trauen ihm viele seiner Mitmenschen aufgrund dieser Wundertaten nicht über den Weg und sehen in ihm das Werk Satans. So wird es für seine Eltern immer schwerer, ihrem Sohn eine unbeschwerte Kindheit zu ermöglichen und sein Geheimnis zu bewahren.
Als Josef im Traum sieht, dass Herodes gestorben ist und er mit seiner Familie nach Galiläa zurückkehren soll, macht Jesus sich mit seinen Eltern und seinem Onkel Cleophas (Christian McKay) sowie dessen Familie auf den Weg. Unterwegs treffen sie zufällig auf den römischen Centurio Severus (Sean Bean), der Jesus in einem Kampf mit Rebellen vor der Klinge eines seiner Soldaten schützt. Doch als Jesus kurz darauf am Jordan und damit nahe der Heimat seinen schwer kranken Onkel heilt, verbreitet sich das erneute Wunder noch schneller als die vorherigen. Auch Herodes‘ Sohn und Nachfolger Antipas (Jonathan Bailey) erfährt davon und der paranoide Herrscher sieht in Jesus wie schon sein Vater eine Bedrohung für die eigene Macht. Also befiehlt er Severus, den Jungen zu töten. Während Jesus nicht versteht, warum ihm nachgestellt wird und seine Eltern wieder und wieder über seine Fähigkeiten und Bestimmung ausfragt, kämpft der auf ihn angesetzt Centurio mit einem dunklen Kapitel seiner Vergangenheit – bis sich beide noch einmal begegnen…
Religion im Hintergrund
Sobald der Titel eindeutig in Richtung Glauben und Gott geht, winken viele potenzielle Zuschauer ja schon mal dankend ab. Im Falle von Der junge Messias spielt der religiöse Aspekt allerdings nur eine untergeordnete Rolle und wird bis auf ein Minimum beschränkt. Aber natürlich werden Gott und Glauben thematisiert, schließlich geht es hier um das Leben von Jesus. Darüber ist allerdings gemeinhin wenig bekannt, sieht man von seinen letzten Jahren und insbesondere dem Kapitel um seine Kreuzigung und Wiederauferstehung einmal ab. Der junge Messias beschäftigt sich hingegen mit der Kindheit Jesu und begleitet ihn dabei, seine wahre Identität herauszufinden. Dabei geht es in diesem historisch motivierten Ansatz vor allem um die sich daraus ergebenden Probleme im Familienleben und die Gefahren für den Jungen und eben weniger um seine Rolle als Erlöser oder Religion an sich. Themen wie Nächstenliebe und Vergebung tauchen zwar durchaus auf, werden aber nicht plakativ als christliche Werte idealisiert, sondern schlicht ohne zusätzliche Betonung vorgelebt.
Die Basis für den Film bildet übrigens ein erfolgreicher Roman der Bestseller-Autorin Anne Rice, die vor allem durch Vampirromane (unter anderem dem mit Brad Pitt und Tom Cruise verfilmten „Interview mit einem Vampir“) erfolgreich wurde und auch deshalb nicht unbedingt als übertrieben religiöse Autorin gilt. Die Drehbuch-Adaption wurde schließlich von Regisseur Cyrus Nowrasteh geschrieben, der unter anderem eine TV-Serie namens „The Equalizer“ (die später mit Denzel Washington unter gleichem Titel als durchaus blutiger Film umgesetzt wurde) verfasst hat. Inwieweit den beiden dabei eine authentische Darstellung historischer und religiöser Details gelungen ist, dürfen gerne Historiker beziehungsweise Theologe beurteilen. Dramaturgisch funktioniert das eigentlich recht simple Schema gut: der junge Jesus ist sich seiner Fähigkeiten noch gar nicht vollständig bewusst, als andere ihn bereits als Gefahr wahrnehmen und loswerden wollen. Da auch der (von Theaterschauspieler Jonathan Bailey reichlich exzentrisch und paranoid angelegte) Herrscher Antipas zu dieser Gruppe gehört, entwickelt sich die Geschichte in zwei Handlungssträngen – während Jesus mit seiner Familie auf dem Weg in die Heimat ist, muss sich der auf ihn angesetzte Centurio Severus gezwungenermaßen mit seiner Vergangenheit und seinem Gewissen auseinandersetzen. Diesen Kampf mit sich selbst muss Sean Bean („Der Marsianer“, „Der Herr der Ringe“) ausfechten, der allerdings schon weitaus komplexere Rollen erfolgreich verkörperte und so auch Der junge Messias schlagartig einen Qualitätsschub verpasst. Bean ist zudem der bekannteste Name im Cast, das sich ansonsten aus hierzulande eher unbekannten Namen zusammensetzt. Sehr positiv fällt allerdings auf, dass Nowrasteh die Figuren möglichst authentisch nach Nahem Osten aussehen lässt und zum Beispiel auf einen blonden Jesus verzichtet – für eine US-Produktion ja nicht unbedingt selbstverständlich…
Technisch überzeugt der komplett in Italien gedrehte Film mit einer sehenswerten Blu-ray, die sich durch ein sehr ruhiges Bild auszeichnet. Anders als viele thematisch ähnliche Filme wird der ab 12 Jahren freigegebene Der junge Messias vor allem in hellen, freundlichen Einstellungen erzählt, die wirklich herausfordernden dunklen Szenen sind also ziemliche Mangelware. Das schadet aber überhaupt nicht, sondern lässt viel Raum für detailreiche Bilder. Klanglich hält sich die Blu-ray auch trotz DTS-HD-Master-Spur bis auf die Tumulte, Gefechte und Gewitter weitgehend zurück, schafft allerdings während der langen Reise von Jesus und seiner Familie eine sehr schöne Atmosphäre.
Das insgesamt zwar relativ kurze Bonusmaterial zeigt eindrucksvoll, wie sehr allen Beteiligten dieses Projekt am Herzen lag und welche Hürden es zu nehmen galt — schließlich war die immer wieder von Rückschlägen betroffene Produktion von Der junge Messias fast schon so dramatisch wie die Handlung selbst.
Fazit
Ohne jeglichen erzwungen religiösen Ansatz widmet sich Der junge Messias der Kindheit Jesu, in der er sich seiner Herkunft und Bestimmung noch nicht vollends bewusst war. Sein späteres Wirken wird hier nur angedeutet und im Mittelpunkt des spannenden Historienfilms steht das Leben seiner Familie sowie die zu dieser Zeit gängigen (und fragwürdigen) Herrschaftsmethoden. Eine sehr gute Gelegenheit, sich (auch einmal abseits der viel zu oft mit krampfthafter Spannung versehenen religiösen Erzählungen) mit der historischen Figur Jesu zu beschäftigen.
„Der junge Messias“ ist als DVD und Blu-ray im Vertrieb von Concorde Home Entertainment erhältlich.
Genre
Historienfilm
Altersfreigabe
ab 12 Jahren
Laufzeit
ca. 111 Minuten
Regie
Cyrus Nowrasteh
Cast
Adam Greaves-Neal, Sean Bean, Vincent Walsh, Sara Lazzaro, Jonathan Bailey, Christian McKay, Rory Keenan
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