Home » Rezensionen » Swelter – Eiskalte Typen in der Wüste
8. Januar 2015
von Martin Sowa
Redakteur
In Nevada herrscht Rekordhitze, ein Tag ist heißer als vorherige. Da kann man schon mal die Nerven verlieren. Für das, was „The Rat Pack“ anrichtet, ist das Klima allerdings nur eine äußerst schwache Ausrede…

Weil ein gemeinsamer Überfall schief ging, landeten vier Gangster im Gefängnis. Nun wollen sie ihre Beute… (© EuroVideo)
Obwohl die Sonne erbarmungslos auf die Wüste brennt, sitzen einige Männer in unklimatisierten Autos. William Stillman (Jean-Claude Van Damme), Jackson Boyd (Josh Henderson) und Shamus McKane (Daniele Favilli) in einem angejahrten Fahrzeug der Wüste, Henry Jaynes Cole (Grant Bowler) in einem Gefängnisbus und Bishop (Lenni James) in seinem Dienstwagen – er ist Sheriff des kleinen Wüstenstädtchens Baker. Vor zehn Jahren sah das allerdings noch anders aus: Damals haben die Männer gemeinsam ein Casino in Las Vegas überfallen und zehn Millionen Dollar erbeutet. Vier von ihnen wurden allerdings erwischt und zu langjährigen bis lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Einzig Bishop ist das Gefängnis erspart geblieben – er hatte von einem Wachmann eine Kugel in den Kopf bekommen und sein Gedächtnis verloren.
Nun kann er sich nicht an den Überfall erinnern und auch nicht, woher die Kugel in seinem Schädel kommt – doch Fragmente davon stecken noch immer dort. Und das ist gar nicht gut, sagt sein behandelnder Arzt. Ein kleiner Unfall und schon könnte es mit ihm aus sein. Da kommt es Bishop ziemlich ungelegen, dass auf einmal seine alte Gang auftaucht, um mal nach der Beute von dem gemeinsamen Überfall zu fragen. Denn deren Verbleib ist ihm ebenso schleierhaft wie alles andere – allerdings gibt es Leute in dem kleinen Wüstenort, die sehr wohl Bescheid wissen…

Bishop (Lenni James) hat dem Gangsterleben dank seines Gedächtnisverlusts abgeschworen und ist nun Sheriff. (© EuroVideo)
Damit der Zuschauer weiß, was Bishop vergessen hat, beginnt Swelter nach der kurzen Vorstellung der Charaktere mit einer Rückblende auf den Überfall, den die Gangster unter dem Namen „The Rat Pack“ zehn Jahre zuvor begangen haben und der nicht ganz so lief wie erwartet. Vor allem Cole hat mit einer lebenslangen Gefängnisstrafe den schwarzen Peter gezogen. Seine Komplizen sind mittlerweile allerdings bereits entlassen oder aus dem Gefängnis geflüchtet und so dauert es nicht lange, bis auch Cole wieder in Freiheit ist – ein explosiver Häftlings-Gottesdienst erweist sich als Ende seiner Haftzeit. Wieder vereint machen sich die Gangster auf den Weg zu Bishop.
Dabei machen die schweren Jungs vor kaltblütigen Morden nicht halt. Eigentlich kein Wunder, schließlich dient der klassische Western als Ansatz für Swelter, wie Regisseur und Drehbuchautor Keith Parmer verrät. Nicht nur der Schauplatz in der einsamen Wüste entspricht diesem Genre. Natürlich ist alles wesentlich moderner inszeniert und die Cowboys bewegen sich mit mehr als einer Pferdestärke durch die staubigen Straßen. Die guten alten Prügeleien im Saloon fehlen allerdings ebenso wenig wie das Duell Mann gegen Mann oder die obligatorischen Indianer. Entsprechend der wortkargen Revolverhelden vergangener Tage beschränkt sich auch Swelter zunächst auf wenig Text. Fast zehn Minuten dauert es, bis Zeit für den ersten echten Dialog bleibt. Zuvor lassen die schweren Jungs lieber die Waffen sprechen, sind in der Hinsicht aber durchaus redselig.

Da Bishop aber die einzige Spur zur verlorenen Beute ist, schauen die ehemaligen Kollegen um Stillman (Jean-Claude van Damme) vorbei… (© EuroVideo)
Die dafür eingesetzten Darsteller sind perfekt für diese Erzählweise geeignet. Von den Namen in der Besetzungsliste ist Jean-Claude van Damme wohl der bekannteste, allerdings ist Swelter kein typischer One-Man-Action-Streifen geworden. Streng genommen bestimmen zwei andere Figuren die Geschichte, nämlich Cole als heimlicher Anführer des Rat Packs und Bishop als Gesetzeshüter der kleinen Stadt. Während die beiden im Wesentlichen für Spannung in der Handlung sorgen, ist Van Damme als routinierter Gangster gemeinsam mit den überzeugend heißblütigen Jungspunden Josh Henderson und Daniele Favilli für die Knalleffekte zuständig. Alle fünf Charaktere zeichnen sich vor allem durch knallharte Kompromisslosigkeit aus und dementsprechend oft kommt der eine oder andere in der sengenden Hitze Nevadas um.
Allerdings ist Swelter kein stumpfer Hau-drauf-Film, denn die Action ist wohldosiert und die Geschichte weiß mit einigen Wendungen und Nebensträngen aufzuwarten, die selbst nur kurzzeitig auftauchenden Figuren ein starkes Profil verleiht. So können die Zuschauer sich schnell in die besondere Atmosphäre des „Dreckslochs“ namens Baker hineinversetzen.

Die Gang setzt sich aus routinierten Gangstern wie Cole (Grant Bowler, r.) und temperamentvollen Jungspunden wie Boyd (Josh Henderson) zusammen. (© EuroVideo)
Bild und Ton der Blu-ray unterstützen diesen Prozess, indem sie die immer hervorragend gelungenen Einstellungen präzise herüberbringen. Selbst winzige Details gehen nicht verloren, einzig die Special Effects in Sachen Feuer sind in einer Szene nicht ganz so gut gelungen. Das macht aber gar nichts, denn wer sich bei einem fast zweistündigen, sehr gut erzählten Thriller – der für gerade einmal acht Millionen Dollar produziert wurde – an wenigen Sekunden stört, wird wahrscheinlich generell nur sehr wenige Filme mögen.
Im Bonusmaterial sieht es zugegeben etwas mau aus, hier müssen Trailer und Interviews mit Van Damme und dem Regisseur Parmer reichen. In dieser knappen halben Stunde gibt es allerdings interessante Hintergründe zu erfahren.

Die Anleihen am klassischen Western sind „Swelter“ deutlich anzusehen – von Prügeleien im Saloon bis zu Indianern ist alles dabei. (© EuroVideo)
Fazit
Vom Einheitsbrei der typischen Actionthriller ist Swelter weit entfernt. Der Western im modernen Gewand findet das richtige Maß zwischen Action und Thriller und verteilt die Geschichte auf mehrere Hauptdarsteller. Dass Jean-Claude van Damme als bekanntester Name dennoch bereitwillig zurückhaltend auftritt, hilft sowohl seiner als auch den anderen Hauptfiguren und weil Keith Parmer das alles als Regisseur und Drehbuchautor in Personalunion konsequent nach Plan umsetzt, ist Swelter eine ausgesprochene Empfehlung wert.
„Swelter“ ist ab heute auf DVD und Blu-ray im Vertrieb der EuroVideo Medien GmbH erhältlich.
Genre
Action/Thriller
Laufzeit
ca. 100 Minuten
Altersfreigabe
ab 16 Jahren
Regie
Keith Parmer
Cast
Jean-Claude van Damme, Grant Bowler, Lenni James, Josh Henderson, Daniele Favilli, Alfred Molina