TEST: Canton GLE 10 S2 – Kompakte On-Walls für Musik und Film

Bestseller

Die GLE-Serie richtet sich vor allem an Einsteiger, System-Aufbauer und preisbewusste HiFi-Fans. Die erste Auflage erschien bereits in den Siebzigern und ist somit fast seit dem Anfang von Canton im Jahr 1972 ein Teil des Unternehmens. Wie der Zusatz S2 schon vermuten lässt, handelt es sich um ein Update. Die GLE-Reihe hat seinerzeit für preisbewusste Klangenthusiasten immer einiges zu bieten. In allen Punkten setzt Canton nun mit dem Update noch einen drauf. Neu entwickelte Chassis sollen die akustischen Eigenschaften der Vorgänger in allen Belangen übertreffen. Von der silbernen Optik der Treiber hat man sich verabschiedet. Nun dominiert, wie auch bei den höherpreisigen Serien, eine schwarze Optik. Die Speaker können sowohl als Rear- oder Effekt-Lautsprecher in Surround-Setups punkten. Im Kontext dieses Tests will ich aber vor allem einen Blick darauf werfen, wie diese als Stereo-Setup auf sich allein gestellt machen und wo die Vorzüge eines solchen Lautsprecherpaares liegen.

Durchdacht

Bei dem Canton GLE 10 S2 handelt es sich um einen Lautsprecher in geschlossener Bauweise. Das heisst es kommt keine Bassreflexöffnung zum Einsatz. Das gerade mal 10 Zentimeter tiefe Gehäuse beherbergt zwei Cassis. Für den Mittel-Tiefton sorgt ein 154 Millimeter messender Woofer. Die offizielle Bezeichnung lautet ATB und steht für Aluminium Titan Black. Für eine kontrollierte Wiedergabe mit hoher Impulstreue sorgt eine Kombination aus Polycarbonatkorb, einem starken Magneten und gefalteter Wave-Sicke. Der 25-Millimeter Hochtöner besteht, wie bei den anderen Lautsprechern der Serie, aus geschwärztem Aluminium. Ein akustisch vorteilhafter Werkstoff. Es ist ein sehr leichtes Material, dass sich einfach in Schwingung versetzen lässt und genauso schnell wieder stoppt. Eine direkte, dynamische Wiedergabe ist das Ergebnis. Die hohe Steifigkeit sorgt für verzerrungsfreie Wiedergabe, ein vergrößerter Waveguide für einen breiten Abstrahlwinkel. Letzteres ist bei Lautsprechern die an der Wand angebracht werden und nicht zur Hörposition eingedreht werden können besonders sinnvoll.

Optik und Platzierung

Während das Gehäuse wahlweise schwarz oder weiß ist, sind die Einlassungen der Chassis und die Treiber in beiden Varianten Schwarz gehalten. Genauso wie die ovale Stoffabdeckung, die den GLE 10 S2 ebenfalls beiliegt. Angebracht wird diese magnetisch wobei die Form einen interessanten Akzent setzt, die dem ansonsten sehr unauffälligem Lautsprecher einen kleinen, dezenten Twist gibt. Ansonsten ist das Gehäuse zeitlos und unauffällig mit klarer Kantenführung. Das Terminal auf der Rückseite ist, wie von Canton gewöhnt, makellos und sauber eingelassen. Die Buchsen für Bananenstecker sind leicht angewinkelt. Wer Stecker nutzen möchte, muss die Lautsprecher frei stehend platzieren oder auf die in der Pro-Variante beiliegenden Universalbügel zurückgreifen. Sofern die GLE 10 S2 mit der integrierten Halterung direkt an die Wand kommen sollen, wird man wohl auf die blanke Litze zurückgreifen müssen oder mit kürzeren, angewinkelten Steckern experimentieren müssen. An Optionen mangelt es auf jeden Fall nicht.

Mit dem Rücken zur Wand

Die Canton GLE 10 S2 haben für den Soundtest nun Platz auf dem Sideboard gefunden. Um möglichst nah an die Wandaufhängung zu kommen platziere ich sie weit hinten, wie es die Bananenstecker zulassen und richte sie gerade nach vorne aus. Gerade für Heimkinoanwendungen würde ich auf jeden Fall den Griff zur Pro-Variante empfehlen. Die dort beliegenden Universalbügel machen nicht nur das erreichen der Terminals leichter sondern erlauben auch bei der Wandmontage ein eindrehen der Lautsprecher. Wer sich also sicher ist, dass der Lautsprecher an die Wand kommt, hat die dreißig Euro Aufpreis auf jeden Fall klug investiert. Ein schönes Szenario wäre sicher auch die Lautsprecher liegend oder stehend in einem Regal zwischen Büchern oder BluRays einzubauen. Wofür man sich auch immer entscheidet: Sobald die Lautsprecherkabel am Terminal anliegen kann das Hörvergnügen beginnen. Zuvor schauen wir aber noch auf die Technik unserer kompakten Testkandidaten.

Zuspieler und Spektrum

Bei der Wahl des Verstärkers gibt sich der Proband genügsam und auch der Wirkungsgrad ist ordentlich. Die Dauerbelastbarkeit gibt Canton mit 60 Watt an, bei der kurzfristigen Spitzenbelastung werden 100 Watt genannt. Kompakte Verstärker und AV-Receiver bekommen das hin. Die Impedanz liegt bei den üblichen 4 bis 8 Ohm. Der Übertragungsbereich ist mit 45 bis 40.000 Hertz großzügig bemessen und die Trennfrequenz liegt bei 3.200 Hertz. Ich bin schon gespannt wie sich dieses Zahlen gleich anhören werden. Ein Tiefton-Monster ist ja aufgrund der Abmessungen des Lautsprechers eher nicht zu erwarten. Beim oberen Ende des Spektrums befinden wir uns beim doppelten was das menschliche Ohr wahrnehmen kann. Sinnvoll ist dieser erweiterte Frequenzgang, da Schallereignisse am oberen Ende klar aufgelöst werden können. Auch findet dort das was Sound-Engineers gerne „Luft“ nennen seinen Platz, die für ein spannendes Hörerlebnis unerlässlich ist.

Rocker

Für den Anfang lasse ich den Testkandidaten direkt ranklotzen. Das Album „I can feel you forgetting me“ der Alternative-Rockband Neon Trees findet sich regelmäßig in meinem Player. Der Opener „Nights“ rockt nach wenigen Sekunden mit Gitarren und Vocals gut los. Die Canton GLE 10 S2 überraschen und machen direkt eine ziemlich breite Bühne auf. Der Gesang glänzt und man spürt den Song atmen. Die Drums kommen transiententreu und mit einem ungeahnten Punch geradezu aus dem Schallwandler geschossen. Wenig überraschend ist das Bassfundament eher als zurückhaltend zu bezeichnen. Dafür ist der Mittenbereich warm, detailliert und überzeugt mit transparentem Klang. Songs wie „Skeleton Boy“ die eher ruhig und mittenlastig daher kommen klingen besonders gut. Hier tanzt die den Chorus untermalende Synth-Bass-Linie geradezu durch den Raum und das mit leichtem Wah-Wah-Effekt versehene Piano wabert angenehm dreidimensional und legt sich angenehm strahlend über und auch hinter die überraschend breite Klangbühne.

Canton GLE 10 S2 – Feiner klang bei wenig Pegel

Musik, die sich tendenziell weder in besonders tiefen noch hohen Frequenzbereichen abspielt, macht sich auf den Schallwandlern besonders gut. Das „Vitamin String Quartet“ kennen Serienjunkies vielleicht aus dem Soundtrack zu Bridgerton. Das amerikanische Streichquartett hat sich weniger der klassischen Musik verschrieben, sondern covert moderne Popsongs oder Filmscores. Das auch im Soundtrack der beliebten Netflix-Serie vorkommende Cover des Maroon 5-Hits „Girl like you“ zeigt sehr deutlich, wo die Cantons ihre Stärken besonders ausspielen können. Das perkussive Pizzicatto-Intro erklingt dynamisch und bereitet die Bühne vor die von der Bratsche vorgetragene Vocal-Melodie. Die bereits stehende Fülle lässt trotzdem noch Platz für die Violinen im Chorus. Das Cello sorgt für Wärme und Breite. Besonders hervorheben möchte ich, dass dieser Detailreichtum auch auf niedrigsten Lautstärken bereits hervorragend zur Geltung kommt. Die Lautsprecher empfehlen sich damit auch sehr für kleine Räume, oder als Hintergrundbeschallung.

Hörspiel und Film

Die großartige Wiedergabe im Mittenbereich und die angenehme Auflösung des Hochtonbereichs sind wie gemacht für die menschliche Stimme. Darum kommt anschließend einige Star Wars-Hörspiele in die Wiedergabeliste. Diese sind vorlagengetreu sehr filmisch angelegt und haben viele Effekte, mit der bekannten Filmmusik im Hintergrund. Solche Lautsprecher hätte ich auch gerne in meinem Jugendzimmer gehabt. Ich habe das Gefühl mitten im Geschehen zu sein und trotzdem garnicht so laut aufdrehen zu müssen. Der Erzähler erklingt angenehm eindringlich vor dem Geschehen und Raumschiffe und Blaster-Salven zischen mir um die Ohren. Lebendigkeit ist für Canton keine Frage der Größe. In einem Surround-Setup für Filme oder Games machen die GLE 10 S2 ebenfalls einen hervorragenden Job. Auch als Rear- oder Effektlautsprecher sind sie definitiv einen ausführlichen Blick wert. Und dank der breiten Aufstellung der Serie mit Standlautsprechern, Regalboxen, Centern und On-Walls, ist eine Erweiterung des Sets besonders einfach.

Classic oder Modern

Wenn man ein Classic Rock Album wie Jim Steinmans „Bad for good“ mit einem neueren Album wie den oben gehörten Neon Trees vergleicht, fühlen sich die Probanden bei der Wiedergabe des älteren Materials auf jeden Fall wohler. Der damals zurückhaltende Tiefton und größeres Augenmerk auf die natürliche, akustische Verschmelzung aller Klangkörper im Mittenbereich, lassen die Canton GLE 10 S2 zu ihrer Bestleistung auflaufen. Natürlich wird auch modernere Musik spielfreudig wiedergegeben und macht vor allem auf moderater Lautstärke Spaß. Aber bei höheren Lautstärken um die 80 Dezibel kippt die Klangbühne etwas und der Tieftonbereich kann nicht mit den strahlenden Höhen mithalten. Den Titeltrack des Steinman-Klassikers kann ich hingegen richtig weit aufdrehen da hier an den äußeren Enden eben weniger passiert. Auch bei Progressive Rock, Jazz oder LoFi-Musik können die schmalen Klangwunder ihre Stärken ideal ausspielen und vor allem bei Nachbar-freundlichem Musikgenuss stundenlang die Ohren verwöhnen.

Fazit

Die Canton GLE 10 S2 sind hervorragende Lautsprecher für moderate Budgets. Wenn man noch die Abmessungen und den gebotenen Sound in die Gleichung aufnimmt sind sie eine kleine Offenbarung. Bereits bei niedriger Verstärkerleistung packen Sie musikalisch zu und eröffnen eine breite und dreidimensionale Klangbühne. Auf dieser wird vor allem Musik, die sich eher im akustischen Mittenbereich abspielt, transparent wiedergegeben. Somit empfehlen sie besonders für kleinere Räume oder dort wo sie der Hintergrundbeschallung dienen. Und das meine ich komplett positiv. Ich war wirklich beeindruckt davon wie detailliert die Wiedergabe noch klingt und man sich trotzdem hervorragend unterhalten kann. Auch optisch passen die kompakten Lautsprecher in nahezu jede Wohnumgebung und fühlen sich an der Wand genauso wohl wie im Bücherregal. Für einen moderaten Preis bekommt man mit den Canton GLE 10 S2 klangstarke und flexibel einsetzbare Lautsprecher.

Technische Daten