Home » Tests » HiFi/Stereo » ASW Cantius 612 – Schwergewicht, Klassiker & König
24. September 2014
von Roman Maier
Inhaber/GeschäftsführerEs ist immer wieder ein Privileg, wenn uns ein Hersteller das Top-Modell seiner hochangesehenen Baureihe zum Test anvertraut. Diesmal geschehen mit dem ASW Top-End-Lautsprecher Cantius 612. Ein bereits optisch beeindruckender Drei-Wege-Schallwandler, den wir mal so richtig fordern durften und der einige Überraschungen für uns parat hatte.

Die Könige der Cantius-Serie haben in unserem Test nicht nur aufgrund ihrer bloßen Grösse imponiert.
Für einen Entwickler ist es immer wieder ein Fest, wenn er einen Lautsprecher kreieren darf, der frei von vorgegebenen Designvorgaben und modischen Zwängen allerhöchsten Klangansprüchen genügen soll. Was bei manchen Herstellern nur alle paar Jahre der Fall ist, gehört bei ASW zum Standard, denn hier geht die Klangqualität seit jeher vor dem Nachjagen aktueller Trends, die nach kurzer Zeit wieder „out“ sind. Nein, Mode-Erscheinungen sind nicht das Ding der Ahauser. Stattdessen setzt man – der eigenen Philosophie folgend – bei ASW seit Jahrzehnten auf Kontinuität, Langlebigkeit und ein zeitloses Lautsprecherdesign. Vorgaben, mit denen das 1987 gegründete Unternehmen inzwischen europaweit viele Käuferherzen erobert hat. Und wer einen ASW-Lautsprecher kauft, weiss bereits vorher was er bekommt: höchste Material- und Verarbeitungsqualität, optisch integrative Produkte und den bestmöglichen Klang. So gesehen ist jedes ASW-Produkt ein Statement in seiner Preisklasse und den individuellen Einsatzbereich. Dies gilt in gleichem Maße natürlich auch für ASWs Cantius-Reihe. Eine Linie, die unterhalb der Referenz-Serie das Nonplusultra des hauseigenen Produktportfolios darstellt und deren Oberhaupt die Bezeichnung Cantius 612 trägt. Ein Lautsprecher, dessen oberstes Ziel – unabhängig von Form und Grösse – das kompromisslose und unverfälschte Hörerlebnis ist. Ein Lautsprecher, der die Ideale der jahrelangen ASW-Entwicklungsarbeit in sich vereint.
Mit allen Extras
Das ist mal eine Ansage: „Der Lautsprecher Cantius 612 ist der König unter den Cantius Standlautsprechern“. Mit diesen Worten leitet ASW die Vorstellung seines grössten und technisch fortschrittlichsten Lautsprechers ein, der unterhalb der eigenen Referenz-Linie zu bekommen ist. Eine Beschreibung, die massiv an Grundlage gewinnt, sobald der Drei-Wege-Bolide vor einem steht. So geht es zumindest uns, als wir den ersten Blick auf die zwei, je 123 Zentimeter hohen Schallwandler legen, die ein Kampfgewicht von 39 Kilo auf die Waage bringen. Pro Stück wohlgemerkt! Und da weder das Genius-, Opus noch das Cantius-Portfolio einen grösseren oder schwereren Lautsprecher bereit hält, geht die Titulierung „König“ somit schonmal aufgrund der blossen Präsenz der 612 absolut in Ordnung. Majestätisch trifft es wahrscheinlich noch besser, denn trotz seiner Grösse wirkt der uns in Kirschfurnier Ausführung zum Test überlassene Schallwandler keineswegs klobig oder störend, sondern überraschend integrativ. Nicht falsch verstehen, sicher ist diese Box nicht die Ideallösung für einen kleinen Raum, in dem die neuen Schallwandler möglichst unauffällig im Hintergrund verschwinden sollen. Nein, das ist sie nicht und dafür wurde sie auch nicht entwickelt. Vielmehr ist sie eine selbstbewusste Erscheinung, die eindeutig anzeigt, dass hier anspruchsvoller HiFi-Klang und enorme Leistungsreserven zu erwarten sind. Dass sie dennoch als integrativ zu bezeichnen ist, ist dem gelungenem, zeitlosen Styling und den von ASW gewohnten Variationsmöglichkeiten zu verdanken. So bieten die Münsterländer ihre 612 in verschiedenen Oberflächen (Schleiflack, Echtholz-Furnier und Hochglanzlackierung) und diversen Farbvarianten an. Ist die magnetisch gehaltene Stoffbespannung entnommen, wird sogleich der Blick auf die Technik frei, die nicht minder beeindruckend daher kommt. Zu allererst ist hier der 25 Millimeter-Hochtöner zu nennen, der seinen Platz exakt in der Mitte der Schallwand findet. Flankiert wird dieser von einem einem 150er-Mittelton-Duo und einem Pärchen reiner Tieftöner, die einen Durchmesser von imposanten 22 Zentimetern aufweisen. Dabei stehen die vier erwähnten Tief- und Mitteltöner dem Tweeter in Sachen Materialqualität – dank des Einsatzes echter Karbonmembranen – in Nichts nach. Die passende Erklärung für diese ungewöhnliche Chassisanordnung und die Materialauswahl liefert ASW selbst wie folgt: „Während die hochwertigen Mittel- und Tiefton Chassis mit ihren Karbon-Membranen kaum Partialschwingungen zulassen, spielt der Softdome-Tweeter klar und detailreich Frequenzen bis zu 30 Kilohertz! Dies bietet Musikliebhabern jeder Musikrichtung ein Hörvergnügen der besonderen Art“. Zu guter Letzt werfen wir noch den obligatorischen Blick auf die Rückseite unseres Testprobanden. Neben der massiven Bassreflexöffnung im unteren Gehäuseabteil, die der ASW-Box erlaubt noch eine Etage tiefer in den Basskeller zu steigen, findet sich hier auch das obligatorische Anschlussmodul. Mit massiven Bi-Wire-Schraubklemmen ausgestattet, nimmt dieses auch Kabel grösseren Querschnitts bzw. Bananas und Kabelschuhe auf.

Königliche Insignien: Die Cantius 612 ist mit zwei Tieftönern und zwei Mitteltönern mit Karbonmembran bestückt.
Kleine Schritte – grosse Wirkung
Die optische Untersuchung unserer Testprobanden und die obligatorische Einspielzeit sind abgeschlossen und der schönste Teil der Testprozedur kann beginnen. Bevor aber die ersten Töne erklingen, wollen wir – beginnend mit der Ausrichtung der Lautsprecher – die Vorraussetzungen für den bestmöglichen Klang schaffen. Ein Punkt, der leider immer wieder unterschätzt wird, der, vorausgesetzt man nimmt sich etwas Zeit und Muße, aber dafür sorgen kann, dass die neuen Boxen eine Klasse besser aufspielen, als zunächst erwartet. Bange muss Ihnen vor diesem Schritt ganz sicher nicht sein, denn dieser Vorgang ist recht einfach und macht sogar Spaß, sobald sich erste Erfolge einstellen.
Los geht’s: Wenn möglich, stellen Sie die beiden Lautsprecher im identischen Abstand zum Hörplatz auf. Anschliessend richten Sie sie die 612er auf diesen aus. Soll heissen, die Boxen „schauen“ dem Hörer nun direkt ins Gesicht. Drehen Sie die Lautsprecher nun in kleinen Zentimeterschritten nach aussen, ohne dabei den Abstand zum Hörplatz zu verändern. Die ideale Position ist gefunden, sobald der Klang nicht mehr direkt aus den Boxen zu kommen, sondern offenbar mitten im Raum zu stehen scheint. Nicht minder wichtig ist ein jederzeit fester Stand der Box. Um diesen zu gewährleisten spendiert ASW jeder Cantius 612 massive Spikes. Aufgrund der cleveren Schraubmechanik lassen sich diese schnell und stufenlos in der Höhe variieren und gewähren der 612er somit auch auf unebenen Flächen eine stabile Basis. Dank eines mitgelieferten Metallhebels, der in die dafür vorgesehenen Bohrungen in die Spikes gesteckt wird, lässt sich die Höhe dann sogar justieren – und zwar während die Box bereits aufrecht steht. Spikes sind eine sinnvolle Sache, da sie die Box aufgrund ihrer geringen Anbindung fast vollständig vom Untergrund entkoppeln. Das bietet klanglich zwar beste Voraussetzungen, kann auf Parkett-, Laminat- oder Steinböden aber auch dazu führen, dass die Spitzen den Bodenbelag zerkratzen. Natürlich haben die ASW-Ingenieure auch an diese Problematik gedacht und jeder Cantius 612 einen Satz kleiner aber sehr effektiver Teller spendiert, die kurzerhand unter die Spikes gelegt werden. Das schützt den Untergrund und bietet den Lautsprechern zugleich die bestmögliche Entkopplung zum Untergrund.

Zum Lieferumfang der Cantius 612 gehören hochwertige und höhenverstellbare Spikes. Der kleine Metallstift erlaubt die Höhenjustage, während die Box aufrecht steht.
Lehrbuch-Bass & Impulsfreude
Die Wahl unseres ersten Teststückes ist der vorangegangenen Einspielphase geschuldet. Trotz (relativ) geringem Pegels agiert die Cantius 612 bereits hier so druckvoll, satt und erstaunlich knackig, dass wir schnell neugierig wurden. Gute Gründe also, unseren HiFi-Test mit James Blakes „Unluck“ zu beginnen. Ein Song, der einen aufgrund seiner enormen Energie schnell packt und mitreisst. Und genau diese Energie strömt nur wenige Augenblicke nach Betätigung der Play-Taste in unseren Hörraum. Eine Performance, die sofort unter die Haut geht und uns aufgrund der von der 612er gebotenen Impulskraft verblüfft. Zugleich strotzt das ASW-Flaggschiff nur so vor Entschiedenheit und Dynamik, was uns wiederum schnell zu einem nicht unwesentlichen Lautstärkesprung verleitet. Ein Vorgang, auf den das Cantius-Duo nur gewartet zu haben scheint. Aufgrund ihrer imposanten Grösse und Bestückung sind wir dabei jedoch nicht einzig von der gezeigten Pegelleistung, sondern in erster Linie von der Akkuratesse und schier unbändigen Durchzugskraft überrascht, mit der die in perfekt aufgetragenem Kirschbaumkleid erstrahlende Drei-Wege-Box nun brilliert. Eine Vorstellung, bei der schnell klar wird, wie verzerrungsarm die Cantius ausgelegt ist, denn feine wie grobe Abstufungen in Sachen Lautstärke und Dynamik ziehen hier weder Änderungen der Klangfarbe noch im Timbre nach sich. Und eine Performance, die eindeutig auf die perfekte Frequenzweichenabstimmung wie des Einsatzes hochwertigster Chassisbauteile zurückzuführen ist. So ist es auch zu erklären, dass der ASW-König die immer wieder wechselnden Tempi im Grund- und Bassbereich perfekt reproduziert und die enorme Dynamik dieses Stückes somit nicht verloren geht, sondern wie vom Künstler gewollt und in vollem Umfang in den Vordergrund gestellt wird.
Wow, das war eine Ansage. Jetzt wollen wir aber wissen, wie sich die ASWs schlagen, wenn über den gesamten Frequenzbereich Druck und Agilität gefordert sind, wozu wir AC/DCs „Rock `N Roll Train“ einen Track wählen, bei dem es recht hemdsärmelig zur Sache geht. Ein Song, der direkt nach vorn geht und einfach Spass bereitet. Unter gleichem Lautstärkepegel gestartet, wird dieser dann ebenfalls im Nu in unserem Hörraum ausgebreitet. Was hier besonders positiv auffällt, sind die Breite und Tiefe der nun aufgespannten Klangbühne, die zudem perfekt ausgeleuchtet scheint.
Schnelligkeit, Agilität und Druck sind hier eindeutig die Attribute, die aus dem bloßen CD-Hören ein Musik-Erlebnis machen. Ein Erlebnis, das einfach mitreisst. Dabei ist es völlig egal, ob Leadgitarre, Bassdrums oder die rauchige Stimme Brian Johnsons, jede Einzelheit trägt hier ihren Beitrag zu einer Gesamtdarstellung, die fasziniert, elektrisiert, abermals unter die Haut geht und einfach zum „Mitrocken“ animiert. So kommt es, dass wir uns nach dieser imponierenden Darstellung noch ein paar weitere Tracks des unter Rockfans legendären AC/DC-Albums mit der Bezeichnung „Black Ice“ geben, was unseren Hörraum schnell zum Konzertsaal werden lässt – und zwar unter nochmals gesteigertem Pegel. Trotz höchstem Engagements fällt dabei aber auch hier die ungeheure Souveränität auf, mit der die 612 dieses temperamentvoll abgemischte und inzwischen weit oberhalb der Zimmerlautstärke wiedergegebene Album reproduziert, ohne dabei auch nur im geringsten profan anzumachen oder zu nerven. Im Gegenteil, denn kurioserweise gelingt es der Cantius offensichtlich perfekt Feuer und Gelassenheit miteinander zu kombinieren – ohne dabei langweilig, gehetzt oder gar übertrieben zu wirken.

Selbstbewusst: Die Cantius 612 wirkt trotz ihrer Bauhöhe von 123 Zentimetern weder klobig, noch überdimensioniert.
Fazit
Mit der Cantius 612 hat ASW einen Schallwandler geschaffen, der trotz schier unbändiger Spielfreude und Temperament zu keinerlei Übertreibung neigt und sich somit für die anspruchsvolle Wiedergabe nahezu jeder Musikrichtung perfekt eignet. Ein Lautsprecher, der sich das Prädikat „Cantius-König“ aufgrund seiner hervorragenden Verarbeitung, hochwertigen Materialauswahl und exzellenten Klangqualität absolut verdient und darüber hinaus auch noch zu einem erstaunlich fairen Preis von (2.538 Euro pro Paar) auch noch überraschend günstig angeboten wird. Kurz gesagt: Der Cantius 612 ist einer der besten Lautsprecher, den wir in der Preisklasse bis 3.000 Euro jemals testen durften!
Test & Text: Roman Maier
Fotos: www.lite-magazin.de