Home » Tests » Cayin N3Ultra – Röhrenzauber für unterwegs
19. Mai 2024
von Philipp Schneckenburger
ChefredakteurHiFi und Röhrensound gehen für viele Nutzer Hand in Hand. Auch Cayin hat sich dem verschrieben und will mit dem N3Ultra die Musikalität der analogen Ära auch unterwegs und für digitale HiRes Tracks bieten. Wir nehmen uns den mobilen Player im Praxistest vor.

Beim Cayin N3Ultra treffen enorme HiRes-Fähigkeiten auf den Sound der analogen Ära.
Kaum ein Gerät macht so schnell den audiophilen Anspruch seines Nutzers offensichtlich, wie ein Röhrenverstärker. Messtechnisch sind Vakuumröhren ihren modernen Gegenspielern, den Halbleiter-Transistoren, üblicherweise dramatisch unterlegen. Dazu kommen Dinge wie Effizienz und Haltbarkeit, bei denen Röhren ebenfalls den Kürzeren ziehen. Und dennoch erfreuen sich alte und neue Trioden und Pentoden einer ungebrochenen Beliebtheit. Vornehmlich liegt dies am weicheren, als natürlicher empfundenen Sound der Röhrengeräte. Außerdem muss bei solchen Komponenten der Grundsatz von „form follows function“ meist klarer verfolgt werden, alleine schon um die Röhren im richtigen Temperaturfenster zu halten und den Austausch zu erleichtern. Das Design hat darum über die Jahrzehnte einen gewissen Kultstatus erreicht. Cayin setzt aber sogar bei seinen mobilen Playern recht konsequent auf den Einsatz von Vakuumröhren. So kommen auch im neuen N3Ultra zwei der Klassiker der Elektronikwelt zum Einsatz. Das bedeutet aber nicht, dass man bei diesem Digital-Audio-Player (DAP) auf modernen Komfort verzichten muss.
Strahlkraft
Vom typischen Look eines Röhrenverstärkers bleibt bei tragbaren N3Ultra natürlich nicht viel übrig. Anstelle von klobigen Netzteilen und spalierstehenden Vakuumröhren, folgt er den Gestaltungsprinzipien eines modernen DAPs. Hier kommen ein eher gradliniges Gehäuse und ein großer Touchscreen zusammen. Einzig ein paar Bedientasten und der Lautstärkeregler wagen sich dabei wenige Millimeter aus dem soliden Aluminiumgehäuse heraus. Gleichzeitig sorgen die kupferfarbenen Bedienelemente und Anschlüsse für einen interessanten Kontrast zum ansonsten schwarzen Korpus des Players. An der linken Seite erspäht man ihn aber dann doch, den orangen Schimmer glimmender (und beleuchteter) Röhren, der durch das dezent gelochte Metall scheint. Ein Stück weiter oben auf der gleichen Seite, fällt der Blick dann auf den winzigen Schlitz für eine microSD-Karte. Diese dient beim N3Ultra als Speicher für die Musik, der bis zu 1 Terabyte betragen kann. Genug Raum für tausende von HiRes-Alben, die man so überall mit hin nehmen kann.

Ein stabiles Metallgehäuse und bruchfestes Glas schaffen Robustheit. Die kupferfarbenen Bedineelemente sorgen für das nötige Quäntchen Stil.
Kabelkönig
Die Anschlüsse für Audiosignale und Strom beherbergt der Cayin dann an seiner Unterkante. Hier findet man gleich zwei Buchsen für 3,5-Millimeter-Klinkenstecker. Erwartungsgemäß dient einer davon dem Anschluss eines Kopfhörers. Diese treibt der integrierte Verstärker mit bis zu 250 Milliwatt bei 32 Ohm Impedanz an. Beim zweiten Anschluss handelt es sich hingegen um einen ungeregelten Line-Out, um den N3Ultra an Vollverstärker oder Aktivlautsprecher anzuschließen. Dabei lässt sich die Ausgangsspannung in drei Stufen anpassen, um Player und Anlage auf einander abzustimmen. Ähnlich verhält es sich beim symmetrischen 4,4-Millimeter-Anschluss, der Kopfhörern bis zu 600 Milliwatt Leistung zur Verfügung stellt. Der Anschluss kann wahlweise zwischen Kopfhörerausgang und Line-Out umgeschaltet werden und bietet dann ebenfalls eine Anpassung der Ausgangsspannung. Ebenso flexibel lässt sich der USB-C-Port des Cayin nutzen. Im Massenspeichermodus kann darüber Musik auf die eingesetzte SD-Karte übertragen werden. MAC-Nutzer benötigen dafür aber zunächst eine separate Software, die auf der Cayin-Homepage verlinkt ist.

Kopfhörer können symmetrisch oder unsymmetrisch angeschlossen werden. Dazu gibt es Line-Outs für die Integration in die Anlage, sowie USB zum Laden und für die Musikübertragung.
Powerhouse
Musiksignale können von PCs auch direkt über die USB-Schnittstelle übertragen werden. Dafür lässt sich der N3Ultra als Digital-Analog-Wandler für externe Quellen verwenden. Das funktioniert entweder mit Laptops an stationären Anlagen, oder auch unterwegs mit dem Smartphone, falls einem der Sinn nach Streamingdiensten oder der Videowiedergabe steht. Letztlich dient der Anschluss dann natürlich auch dazu, dem internen Akku des Gerätes wieder neue Energie zur Verfügung zu stellen. Dank einer recht üppigen Kapazität von satten 4.500 Milliamperestunden, muss dies aber nicht allzu oft geschehen. Je nach Art der Nutzung, bei der die Methode zur Signalverarbeitung, die Auflösung und Art der gespielten Musik und natürlich die eingestellte Lautstärke relevant sind, bietet der N3Ultra bis zu knapp 12 Stunden Wiedergabezeit. Ein passendes USB-Kabel liegt dem DAP bei, ebenso wie eine Silikonschutzhülle für das Gerät und eine Schutzfolie für die gläserne Oberseite mit ihrem 4,1 Zoll messenden Farbdisplay mit Touchsteuerung.

Dem Player selbst liegen ein USB-Kabel, eine Schutzhülle aus Silikon, sowie ein Screenprotector bei.
Fein bestückt
Kern des Systems ist eine angepasste Version von Android 8.1, basierend auf einem Snapdragon 425 Prozessor mit zwei Gigabyte Arbeitsspeicher. Die üblicherweise dabei angewandte Samplingratenkonvertierung, übergeht Cayin dann, zugunsten seiner eigenen, audioptimierten Signalverarbeitung. Dabei kommen gleich zwei DAC-Chips von AKM zum Einsatz, die im N3Ultra kanalgetrennt arbeiten. PCM mit bis zu 786 Kilohertz bei 32 Bit und DSD512 werden dort verarbeitet. Dabei sind zwei separate Präzisionsclocks von Accusilicon behilflich, mit denen die beiden Frequenzvielfachen ohne Umrechnen getaktet werden. Kronjuwel sind dann die beiden JAN6418 Vakuum-Pentoden von Raytheon, die mit stoßabsorbierenden Silikonhaltern geschützt werden. Nachdem die Röhren bei der Spannungsverstärkung in der Ausgangsstufe des DACs genutzt wurden, werden sie in seiner zweiten Stufe mit einem Transistor-Puffer kombiniert, um genügend Kraft zu entwickeln. Alternativ kann der N3Ultra aber auch komplett ohne seine Röhrenstufe genutzt werden, bevor die analoge Lautstärkeregelung und der eigentliche Kopfhörerverstärker zum Zuge kommen.

An der linken Seite lassen sich die beiden Röhren bei ihrer Arbeit bestaunen.
Cayin N3Ultra – Einfache Bedienung mit Musik im Fokus
Das User-Interface des kleinen Players ist dann vollends auf die Musikwiedergabe ausgelegt. Im Hauptmenü führen kleine Kacheln zu verschiedenen Anordnungen der Dateien nach Künstler, Album oder Genre. Außerdem hat man hier Zugriff auf die allgemeinen und die Audioeinstellungen, sowie die beiden nutzbaren Equalizer-Varianten. Ganz Android werden am oberen Bildschirmrand einige Statusinformationen eingeblendet. Dazu gehören die aktuelle Lautstärke, der gewählt Ausgang, die Art der Signalverarbeitung und natürlich der Ladezustand des Akkus. Zieht man die Leiste mit einem Wischen herunter, werden einem die Möglichkeiten zum Ändern der verschiedenen Parameter gegeben. Der untere Bildschirmrand steht dann ganz im Zeichen der Musik. Hier wird der laufende Titel angezeigt, ergänzt um rudimentäre Playerfunktionen. Tippt man den Balken an, gelangt man dann in den Wiedergabebildschirm mit großem Cover, allen Metadaten und ausführlichen Playerfunktionen, bei denen man aus drei Designs wählen kann.

Im Pull-Down-Menü lässt sich das Timbre der Röhren ändern. Auch der Solid-State Modus ohne Röhren kann mit einem Tippen aktiviert werden. Dazu gibt es schnellen Zugriff auf die Gain-, Ausgangs- und Audioeinstellungen.
Tückische Übersicht
Android-Nutzer sollten mit dem Interface keinerlei Probleme haben und auch iOS-Fans finden sich hier schnell zurecht. Und zur Not gibt es ja immer noch den leuchtenden Ring unter dem Touchscreen, der als Home-Button dient. Mit seiner Farbe zeigt er außerdem die genutzte Abtastrate der Musik an, auch wenn das Display ausgeschaltet ist. Die Einstellungsmenüs lassen sich beim N3Ultra ebenfalls recht einfach durchschauen. Komplexere Funktionen sind außerdem mit kleinen Infobuttons versehen, hinter denen ausführlichere Erklärungen der Funktionen warten. Ein paar Eigenheiten hat Cayins System aber doch. Zunächst wäre da die Tatsache, dass ein intuitives Drücken auf den Play-Button in der Albenansicht immer den Shuffle-Modus aktiviert. Will man ein Album in korrekter Reihenfolge hören, muss man stattdessen den ersten Track direkt anwählen. Zweites Problem ist die Gapless-Einstellung, die im Menü falsch beschriftet ist. Hier bedeutet „Pause“ das Spielen ohne Unterbrechung, während „Lückenlos“ eine Pause zwischen die Tracks setzt.

Im Hauptmenü lässt sich die gespeicherte Musik nach verschienden Kriterien anordnen. Auch die umfangreichen Equalizereinstellungen sind hier aufrufbar.
Klangspagat
Von diesen kleinen Hürden abgesehen, lässt sich der N3Ultra also gut bedienen. Im Pull-down Menü aktiviere ich also die beiden Vakuumröhren und schalte das auswählbare Timbre in den „Modern“ Modus, bevor ich „Fear Inoculum“ von Tool auswähle. „Descending“ startet mit einem tiefem Blubbern Unterwasser, bevor der Klang klarer wird und das deutliche Rauschen von Wellen hörbar ist. Abgelöst wird das Naturspektakel vom einsetzenden Gitarrenriff, der angenehm konturiert und gut durchgezeichnet erscheint. Dazu kommt eine tiefe, drückende Bassline, die sich aber nicht in den Vordergrund drängt, sondern den eigenen Kopf schnell zu unbewusstem Mitwippen animiert. Mit den einsetzenden, leicht gezerrten Vocals und den dynamischen, fülligen Drums, lässt sich dann das Ausmaß der weitläufigen Bühne erkennen. Das aufwändig arrangierte Album punktet genau hier, beim Timbre, der Dynamik und den Details der Percussions besonders. Und der Cayin und seine Röhren finden dafür einen guten Kompromiss aus leichter Wärme und Präzision.
Turn it up!
Mit den Magnetostaten im von mir verwendeten Dan Clark Audio Æon 2 Closed hat der N3Ultra keine Probleme. Den KLH Ultimate One mit offenem Gehäuse hat der Player ebenso im Griff. Auch im High Gain Modus muss man zwar schon ein wenig aufdrehen, doch hier gibt es bei sehr anständigem Druck noch jede Menge Headroom in Sachen Schubkraft. Auch der kleine Drehregler an der Seite überzeugt mit einer guten Haptik. Seine Rasterung benötigt genug Überwindung, so dass er in der Tasche nicht versehentlich betätigt wird, besitzt aber einen Lauf der leicht genug ist, um auch größere Sprünge schnell einzustellen. Ebenfalls sehr transportfreundlich ist die geringe Wärmeentwicklung des Gerätes. Auch bei Verwendung der Röhren gibt der Player praktisch keine merkliche Hitze ab. Als Handwärmer im Winter taugt er so zwar nicht, aber dafür brennt er einem auch kein Loch in die Hosentasche.

Der Lautstärkeregler lässt sich sehr angenehm und präzise nutzen.
Die hohe Kunst
Das Gewicht von 210 Gramm ist dann sogar nur 20 Gramm höher, als das meines Smartphones. Der Cayin bleibt also rundum portabel, trotz stabiler Bauweise und großem Akku. Inzwischen bin ich von Progressive Metal zu klassischer Chormusik gewechselt. Bei „ Et misericordia“ aus Arnesens „Magnificat“ in DSD 256 mischt der N3Ultra seinen musikalisch-natürlichen Sound mit einer tollen Detailtiefe. Die sachten Streicher zu Beginn wirken fließend, seidig und bieten Fülle. Der Sologesang wirkt wunderbar facettenreich und klar. Gleiches gilt für den folgenden, sehr groß aufgestellten Chor, dessen verschiedene hauchzarte Stimmen gut gestaffelt wirken. Die Transparenz stimmt und Orchester und Gesang überlagern sich nicht. Als dann die große Orgel einsetzt überzeugt auch sie mit ihrem einzigartigen Timbre und einem soliden Bassfundament. Hier macht sie die noch etwas weichere Abstimmung des „Classic“ Modus sogar noch etwas besser, als sein modernes Pendant.

Eine microSD-Karte dient im N3Ultra als Musikspeicher. Bis zu 1 Terabyte große Karten können hier genutzt werden.
Dauerlauf
Für Lizz Wrights „Freedom & Surrender“ werden die Röhren aber wieder auf „Modern“ gestellt, um die flotten Percussions ein wenig straffer wirken zu lassen. Beschwingt und mit gutem Flow geht der Cayin hier energisch nach vorn. Wrights charismatischen Vocals gehört hier das Zentrum, während Drums, Rasseln, Gitarren und Keyboard sich angenehm räumlich verteilen. Der Kopfhörerverstärker hat nach wie vor alles im Griff. Er verleiht dem Spiel ausreichend Kontur und bringt jede Menge Dynamik mit. Der Bass wirkt füllig, die Höhen haben Raum und alles erscheint druckvoll und lebendig. Der dezente Röhrensound ist hier eine gute Ergänzung, um allem einen sachten analogen Touch zu verliehen, ohne das Klangbild übermäßig verschwimmen zu lassen. Alle Komponenten erscheinen mit guter Detailfülle, wirken dabei differenziert, driften aber nicht in unangenehme Schärfe ab. Der N3Ultra nimmt seine Hörer mit seinem Klang wunderbar mit und macht so auch bei langen Hörsessions einfach eine Menge Spaß.

Neben seinem symphatischen Sound kann der N3Ultra auch mit seiner guten Bedienbarkeit und seinen flexiblen Einsatzmöglichkeiten überzeugen.
Fazit
Wer auch unterwegs partout nicht auf den Charme glimmender Röhren verzichten mag, ist hier genau richtig. Der Cayin N3Ultra verpasst HiRes-Tracks einen sympathischen, analogen Touch und spielt so wunderbar lebendig und natürlich. Dabei sieht er außerdem stylisch aus und ist robust genug, um unterwegs auch mal den ein oder anderen Stoß zu überstehen. Dazu lässt sich der mobile Player mit praktisch jedem kabelgebundene Kopfhörer kombinieren und stellt ihnen ordentlich Schubkraft zur Verfügung. Die Bedienung ist gut umgesetzt, auch wenn einige Standardeinstellungen ein wenig kontraintuitiv wirken. Und wer lieber eine externe Quelle nutzt, hat dank der USB-DAC-Funktion auch dazu die Möglichkeit. Da auf jeder Form von Wireless-Schnittstellen verzichtet wurde, lassen sich so dennoch Streamingdienste nutzen um die eigene Bibliothek zu erweitern. Ob zu Hause an der Anlage oder unterwegs, der Cayin N3Ultra sorgt für guten Sound mit dem gewissen etwas.
Test & Text: Philipp Schneckenburger
Fotos: Branislav Ćakić
Klasse: Oberklasse
Preis-/Leistung: sehr gut
89 of 90
89 of 90
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Technische Daten
Modell: | Cayin N3Ultra |
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Produktkategorie: | Mobiler Audio Player (DAP) |
Preis: | 649 Euro (Einführungspreis: 598 Euro) |
Garantie: | 2 Jahre |
Ausführungen: | Schwarz |
Vertrieb: | Cayin Audio Distribution, Glashütten-Schlossborn 06174 9554412 cayin.com |
Abmessungen (H x B x T): | 125 x 66 x 20 mm |
Gewicht: | 210 g |
Eingänge: | 1 x microSD 1 x USB-C (auch Ausgang) |
Ausgänge: | 1 x 3,5 mm Line-Out 1 x 3,5 mm Kopfhörerausgang 1 x 4,4 mm Kopfhörerausgang/ Line-Out 1 x USB-C/ S/PDIF koaxial (auch Eingang) |
Unterstütze Formate: | MP3, AAC, OGG, WMA, APE, OPUS, ALAC, FLAC, AIFF, WAV, DSD |
Unterstützte Abtastraten: | PCM: bis 768 kHz/ 32 Bit DSD: bis DSD512, 22,4 MHz/ 1 Bit |
Akkukapazität/ -laufzeit: | 4.500 mAh/ max. 11:45 h |
Leistung: | 3,5 mm: 250 mW/ 32 Ohm 4,4 mm: 600 mW/ 32 Ohm |
Lieferumfang: | 1 x N3Ultra 1 x USB-Kabel 1 x Schutzhülle 1 x Schutzfolie 1 x Anleitung |
Pro & Contra: | + hochwertige Verarbeitung + anpassbares Timbre + flexibel einsetzbar + einfache Bedienung + gute Verstärkerleistung + musikalischer Sound - keine Wireless-Schnittstellen |
Benotung: | |
Klang (60%): | 89/90 |
Praxis (20%): | 89/90 |
Ausstattung (20%): | 89/90 |
Gesamtnote: | 89/90 |
Klasse: | Oberklasse |
Preis-/Leistung | sehr gut |
Getestet mit: | KLH Ultimate One Dan Clark Audio Æon 2 Closed Apple iMac roon |