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Mit „Radical Romantics“ liefert Fever Ray – das Soloprojekt der schwedischen Künstlerin Karin Dreijer – ein Album, das ebenso geheimnisvoll wie faszinierend ist. Hierzulande war Fever Ray lange Zeit ein Geheimtipp, bis ein Konzertmitschnitt auf ARTE größere Aufmerksamkeit weckte. Ihr unverwechselbarer Stil, geprägt von avantgardistischer Kleidung und experimentellen Klangwelten, macht „Radical Romantics“ auf rotem Vinyl zu einem echten Erlebnis – sowohl musikalisch als auch atmosphärisch.

Hingucker: Das Cover ist ungewöhnlich, die Musik ist es noch mehr …

Der Auftakt: „What They Call Us“ und „Shiver“

Platte auflegen, Tonarm rüberführen, Lift betätigen, kurz warten – all das lohnt, denn gleich mit den ersten Tönen in „What They Call Us“ entfaltet sich die eigentümliche, fast körperlich spürbare Atmosphäre, die „Radical Romantics“ auch akustisch prägt. Hier hört man sofort richtig zu: Die Klangqualität ist bemerkenswert klar, die Bühne öffnet sich weit hinter den Lautsprechern und suggeriert eine Tiefe, die man selten so erlebt. Fever Rays unverwechselbare Stimme, begleitet von sanft hallenden Synthieflächen, erschafft ein geheimnisvolles, fast sakrales Gefühl. „Shiver“ setzt diesen Ton dann fort – mit markanten elektronischen Rhythmen, aus dem Hintergrund hervortretenden Gesängen und einer wunderbar straffen Bassstruktur. Der Grundton bleibt solide, während der räumliche Hall der Stimme eine emotionale Weite erzeugt. Beide Songs zeigen, wie präzise und fein abgestimmt dieses Album produziert wurde – ein echtes Highlight für jede Vinyl-Sammlung, in der höchster Wert auf Klangqualität gelegt wird.

Platte hören ist vielmehr als nur „Hinhören“. Audiophile zelebrieren bereits das Auflegen, die Reinigung und das Rüberführen und Absenken des Tonarms.

Höhepunkt und emotionale Tiefe: „Kandy“ & „Carbon Dioxide“

Mein persönliches Highlight ist allerdings Track Nummer vier, „Kandy“ – ein Song, der durch Raum, Gefühl und eine beeindruckend plastische Klangbühne überzeugt. Der Bass trägt die Komposition mit einem satten Fundament und der richtigen Portion Volumen, während die Stimme leicht entrückt über allem zu schweben scheint. Hier erreicht Fever Ray eine perfekte Balance zwischen Intimität und Weite. Kleiner Tipp am Rande: Hier darf man auch gern mal aufdrehen, denn so richtig laut, macht dieses Stück noch viel mehr Spass. Ähnlich faszinierend zeigt sich „Carbon Dioxide“, das mit rhythmischen Verschiebungen und flirrenden Synthie-Motiven eine fast hypnotische Spannung aufbaut. Der Track wirkt wie ein dunkles, tanzbares Ritual, das sowohl emotional als auch körperlich anspricht. Beide Stücke verdeutlichen, wie stark „Radical Romantics“ wischen Elektronik und Gefühl vermittelt – ohne sich je in eine reine Genre-Schublade stecken zu lassen.

In unserem Hörraum hörten wir das Album mit einem Elac Miracord 60, einem Marantz Model 10 und Epos ES-28N-Lautsprechern.

Kühle Eleganz mit 80er-Flair: „Even It Out“ & „North“

„Even It Out“ erinnert mich mit seinen pulsierenden Synthesizern und dem prägnanten Rhythmus an die Wave-Phase der 1980er-Jahre – kühl, kantig und zugleich betörend modern. Fever Ray kombiniert hier Retro-Elemente mit einer experimentellen Soundästhetik, die ihrer Stimme eine fast androgyne Kraft verleiht. Das Stück wirkt gleichzeitig distanziert und emotional aufgeladen – ein Spagat, den Dreijer meisterhaft beherrscht. Und das ist der Grund, warum mir noch nicht klar ist, warum Fever Ray hier noch immer ein Rand-Dasein fristet, statt (zumindest unter Audiophilen) in aller Munde zu sein. „North“ dagegen bringt eine fast meditative Ruhe ins Album. Ruhig und sehr schön getragen – aber nicht im Ansatz langweilig. Leise elektronische Schwingungen und sphärische Klangflächen erzeugen eine melancholische, aber tröstliche Atmosphäre. Hier wird hörbar, wie feinfühlig Fever Ray mit Dynamik und Raum umzugehen weiß. Beide Songs zeigen die Bandbreite des Albums.

Abschluss und Nachhall

Mit „Tapping Fingers“ leitet Fever Ray das Ende der LP ein – und tut dies mit einer ungewohnten Mischung aus Unruhe und Intimität. Der Song lebt von feinen rhythmischen Strukturen, die wirken als würde der Puls der Musik selbst hörbar werden. Über diesem dezent vibrierenden Fundament schwebt Dreijers Stimme, mal flüsternd, mal fordernd, stets von einer geheimnisvollen Emotionalität getragen. Es ist ein Stück, das sich langsam entfaltet und dabei zunehmend an Tiefe gewinnt. Das finale „Button Of The Ocean“ wirkt dann wie ein letztes, befreiendes Ausatmen – schwebend, entrückt, fast meditativ. Sanfte Synthie-Wellen und unzählige, verhallte Ohs erzeugen den Eindruck, als tauche man in eine andere Dimension ab. Hier schließt sich der Kreis: Nach rund 44 Minuten und 17 Sekunden endet das zehn Titel umfassende Album so, wie es begonnen hat – intensiv, rätselhaft und vollkommen eigenständig. Ein stiller, aber wirkungsvoller Abschluss eines bemerkenswerten Kunstwerks.

Der Platte liegt auch ein rotes Poster bei, auf dem die Lyrics der auf dem Album enthaltenen Songs aufgedruckt sind.

Ein Gesamtkunstwerk in Rot

Auch physisch überzeugt „Radical Romantics“ als durchdachtes Gesamtkunstwerk. Die Schallplatte selbst ist in ein markantes, tiefes Rot getaucht – eine Farbe, die perfekt zum emotionalen Kern des Albums passt. Das beiliegende rote Poster mit den schwarz-gedruckten Lyrics ergänzt das visuelle Konzept und unterstreicht Fever Rays Hang zur Ästhetik zwischen Kunstinstallation und Pop-Experiment. Der Umfang des Albums mit zehn sorgfältig produzierten Tracks macht deutlich, dass hier jedes Detail stimmt – vom Songwriting bis zur Pressqualität. Nur zehn? Ja, leider. Aber das tut dem regelmäigen Gerne-Hören absolut keinen Abbruch. Im Gegenteil, denn beim Auflegen entfaltet sich nicht nur ein akustisches, sondern auch ein haptisches Erlebnis: Das leuchtend rote Vinyl rotiert wie ein hypnotischer Kreis, der den Zuhörer tiefer in Fever Rays mystische Klangwelt zieht. So entsteht ein Album, das gleichermaßen gehört, gesehen und gefühlt werden will.

Traum in Rot. Das Album macht akustisch wie klanglich richtig was her.

Fazit

„Radical Romantics“ ist ein außergewöhnliches Klangkunstwerk, das Emotion, Experiment und Atmosphäre meisterhaft vereint. Fever Ray beweist, dass Mut zur Andersartigkeit belohnt wird – mit Tiefe, Präzision und echtem Ausdruck. Das Album klingt brillant, wirkt durchdacht bis ins Detail und zeigt eine Künstlerin, die kompromisslos ihren Weg geht. Ein faszinierendes Hörerlebnis, das lange nachklingt – rot, radikal und wunderschön.

Test, Text & Fotos: Roman Maier

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