Home » Rezensionen » Im Sommer wohnt er unten – Urlaub mit Folgen
15. März 2016von Martin Sowa
RedakteurDie beiden Brüder David und Matthias sind sehr verschieden und meiden daher weitgehend den Kontakt. Im Ferienhaus der Eltern in Frankreich kreuzen sich ihre unterschiedlichen Wege allerdings, als David und seine Frau unerwartet ihren Urlaub vorverlegen.
Der ältere David (Godehard Giese) ist der Vorzeigesohn der Familie Landberg, er eifert dem Vater als erfolgreicher Banker nach und ist mit der hübschen Lena (Karin Hanczewski) verheiratet. Matthias (Sebastian Fräsdorf) hingegen hat sich nie etwas aus der Finanzwelt gemacht und kümmert sich nicht großartig um Geld. Jobs macht er nie länger als bis zum ersten größeren Widerstand und so lebt er meist in den Tag hinein. Den größten Teil des Jahres verbringt er mit seiner französischen Freundin Camille (Alice Pehlivanyan) und ihrem kleinen Sohn Etienne (William Peiro) im Ferienhaus seiner Eltern. Deshalb kommt ihm das plötzliche Auftauchen seines älteren und extrem peniblen Bruders auch sehr ungelegen, schließlich ist ihm Stress und Unfrieden zuwider. Und prompt hat David was zu meckern: Der Rasen ist nicht gemäht, Etienne ist zu laut und außerdem hat Matthias ja auch „sein“ Zimmer bezogen.
Während Matthias widerstrebend den Forderungen seines Bruders nachkommt und sowohl ins Erdgeschoss umzieht als auch den alten Rasenmäher repariert, gefällt Camille das herrische Auftreten Davids überhaupt nicht – insbesondere weil dieser fordert, dass Etienne die nächsten zwei Wochen bei seinem Vater verbringen soll. So kommt es schnell zu Spannungen, auch weil Lena auf einem der Spielzeugautos von Etienne ausrutscht und fortan auf Krücken laufen muss. Für sie ist der Urlaub damit gelaufen und weil David heimlich Laptop und Handy zum Arbeiten mitgenommen hat, ist Erholung sowieso in weite Ferne gerückt. Dabei hat Lena die Auszeit eigentlich fest eingeplant, um endlich schwanger zu werden. Stattdessen wachsen angesichts des Lebensstils von Matthias und Camille langsam Zweifel in ihr, ob David wirklich der Richtige für sie ist – und auch David trägt dunkle Geheimnisse mit sich herum…
Zwist unter französischer Sonne
Auf engem Raum – beschränkt auf das Anwesen und Ferienhaus der Landbergs – erzählt Autor und Regisseur Tom Sommerlatte mit Im Sommer wohnt er unten eine temporeiche Geschichte um zwei ungleiche Brüder, die sich trotz allem näher sind, als ihnen selbst vielleicht bewusst war. Der ständig unter Stress stehende und nur an Geld und Aktien denkende David bildet den extremen Gegenpol zum tiefenentspannten Matthias, der am liebsten nur zwischen Bett und Liegestuhl pendelt und mit einer Flasche Wein die französische Sonne genießt. Auch die beiden Frauen an ihrer Seite könnten kaum unterschiedlicher sein: Lena ist Davids fürsorgliche und stille Ehefrau, die temperamentvolle Camille hingegen scheut sich nicht davor, gegenüber Matthias auch mal lauter zu werden, wenn der mal wieder eine Aufgabe halbherzig angeht.
Interessant an dieser Konstellation ist nicht nur die sehr gute schauspielerische Leistung aller Beteiligten – insbesondere Godehard Giese als der herrische David sticht heraus – sondern vor allem der ständige Wechsel zwischen Deutsch, Englisch und Französisch, je nachdem, welche Figuren gerade miteinander agieren. Eine Synchronisation der fremdsprachigen Dialoge gibt es in Im Sommer wohnt er unten nicht, lediglich Untertitel helfen den Zuschauern, die der jeweiligen Sprache nicht mächtig sind. Zwar ist dieser Mix keine absolute Innovation (in „Der Flug der Störche“ beispielsweise hat Clemens Schick gleich alle drei Sprachen in einer Figur vereint), allerdings ist der sehr hohe und konsequente Fremdsprachenanteil für einen deutschen Film doch eher ungewöhnlich und wird den einen oder anderen Zuschauer überraschen.
Allerdings lässt sich die Handlung von Im Sommer wohnt er unten sogar ohne Untertitel gut verfolgen, die relevanten Informationen für die Entwicklung der Charaktere werden nämlich auf Deutsch geliefert. Schließlich dreht sich die Geschichte vor allem um die beiden Brüder, wobei der ältere David (den tatsächlichen und extremen Altersunterschied von 15 Jahren merkt man Giese und Fräsdorf allerdings nicht an) im Laufe des Films immer mehr in den Fokus rückt. Generell legt Sommerlatte viel Wert auf sich wandelnde Figuren, was das Ensemble auch perfekt umzusetzen weiß. Sei es die langsam selbstbewusster werdende Lena oder der umgekehrt sensiblere David, der wiederrum der Grund dafür ist, dass die anfangs noch strenge Camille ihr rebellisches Temperament entdeckt – alle finden durch die ungeplante Konfrontation ein Stück näher zu sich selbst. Und sei es nur – wie im Fall von Matthias – um zu erkennen, dass man eigentlich schon ganz zufrieden mit dem ist, was man hat.
Diese Erkenntnis lässt sich auch gleich im Kleinen finden, denn obwohl Im Sommer wohnt er unten „nur“ auf DVD erhältlich ist, ist die Qualität sehr gut. Das Bild weiß zu gefallen, selbst dunkle Szenen kommen noch klar und detailreich zur Geltung. Klanglich wird ein Surround-Set zwar nicht gerade auf die Probe gestellt, allerdings schaffen die Umgebungsgeräusche des ländlichen Anwesens eine sehr schöne Atmosphäre.
Das Bonusmaterial ist dazu sehr umfangreich, neben einem Making-Of (mit interessanten Einblicken in die Arbeit vor allem des Kamerateams – Stichwort Surfbrett im Pool) und gelöschten Szenen gibt es auch noch einen 20-minütigen Kurzfilm „Auf den Hund gekommen“, in dem Godehard Giese und Karin Hanczewski noch einmal ganz anders als im Hauptfilm agieren dürfen.
Fazit
Im Sommer wohnt er unten erzählt eine leicht zugängliche Geschichte, die trotz teilweise ernster Hintergründe amüsant und sehr unterhaltsam daherkommt und eine positive Botschaft transportiert. Die bunte Mischung aus Deutsch, Englisch und Französisch sowie hervorragende Schauspieler machen die Komödie zur Empfehlung.
„Im Sommer wohnt er unten“ ist ab dem 17. März 2016 als DVD im Vertrieb der EuroVideo Medien GmbH erhältlich.
Genre
Komödie
Altersfreigabe
ab 12 Jahren
Laufzeit
ca. 96 Minuten
Regie
Tom Sommerlatte
Cast
Godehard Giese, Karin Hanczewski, Sebastian Fräsdorf, Alice Pehlivanyan, William Peiro
80 of 100
90 of 100
85 of 100
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