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2022 war für viele Smartphone-Hersteller das mit Abstand schlechteste Jahr seit 2013, wobei das letzte Quartal besonders tiefrote Zahlen schrieb. Das vermeldet der Spiegel bezugnehmend auf unlängst veröffentlichte Werte der International Data Corporation. Doch wie schlimm ist die Lage – und welche Lehren könnte sie für die Mobiltelefon-Giganten bedeuten?

Auf den ersten Blick könnten Laien den Eindruck gewinnen, glänzende Zahlen vor sich zu haben: Rund 1,2 Milliarden Smartphones wurden weltweit über das gesamte Jahr 2022 ausgeliefert. Das entspricht ungefähr mehr als ein neues Gerät für jeden sechsten Erdbewohner. Im für die Branche aufgrund der Weihnachtsverkäufe so wichtigen vierten Quartal waren es etwa 300 Millionen Geräte.
Tatsächlich sind diese Zahlen jedoch, wie der Spiegel aus einer Studie der International Data Corporation (IDC) zitiert, alles andere als gut. Nicht einmal mit viel Augenmaß. Für weite Teile der, seit Jahrzehnten nur steigende Absätze gewohnten, Branche sind sie buchstäblich katastrophal:

89% aller Deutschen über 14 Jahre sind heute Besitzer eines Smartphone (Foto: pixabay.com/Foundry).

Schlechtes Jahr, noch schlechtere Quartalszahlen

Bereits die Tatsache, wonach im Weihnachtsverkauf nur ein Viertel der gesamten Jahresverkäufe anfielen, sollte Aufmerksame stutzig machen. Normalerweise wären es signifikant mehr. So etwa in Q4 2021, als noch 367 Millionen Geräte ausgeliefert wurden. Insgesamt liest sich die gesamte IDC-Studie dann auch wie eine Hiobsbotschaft voller roter Zahlen für alle Hersteller in Sachen ausgelieferte Geräte und Marktanteile in diesem Quartal:
– Apple: -14,9 %
– Samsung: -15,6 %
– OPPO: -15,9 %
– vivo: -18,9 %
– Andere: -19,8 %
– Xiaomi: -26,3 %

Vergleicht man die Jahre 2021 und 2022 miteinander, wird es nicht wirklich besser. Minus 11,3 Prozent Rückgang lautet hier das Gesamtergebnis, lediglich die Reihenfolge der Firmen hat sich etwas verändert:

– Apple: -4,0 %
– Samsung: -4,1 %
– Andere: -9,1 %
– Xiaomi: -19,8 %
– OPPO: -22,7 %
– vivo: -22,8 %

Wurden 2021 noch 1,359 Milliarden Geräte ausgeliefert, waren es ein Jahr darauf, wie schon angeschnitten, nur noch 1,205 Milliarden – ein Rückgang um 154 Millionen Geräte. Zwar unterstreicht die Studie die Vorläufigkeit der Zahlen. Zum jetzigen Zeitpunkt handelt es sich jedoch um das schlechteste Jahr seit 2013. Ebenso betont die IDC jedoch, wie sehr 2023 „a year of caution“ werden könnte. Also ein Jahr der Vorsicht bei Händlern und Providern hinsichtlich ihrer Geräteportfolios und Bestellmengen. Viel besser dürfte dieses Jahr dementsprechend nicht werden.

Der wesentliche Grund dafür ist die in vielen Ländern im Jahresverlauf 2022 stark angezogene Inflation. Sie traf auf Smartphone-Lager, die aufgrund der glänzenden Zahlen des vorherigen Jahres nebst daran angepassten Bestellmengen gut gefüllt waren. Die Händler und Provider konnten deshalb zwar ihre Bestände veräußern, mehr aber nicht. Entsprechend konnten die Hersteller keine großen Absätze durch neue Lieferungen machen. Angesichts solcher Zahlen, gepaart mit der Tatsache, dass die Inflationssituation noch längst nicht ausgestanden ist, könnte dies für die Hersteller bedeuten, ihre bisherigen Geschäftsmodelle überarbeiten zu müssen. Wie dies tatsächlich ablaufen würde – oder ob man überhaupt derartiges plant – ist zum jetzigen Zeitpunkt offen. Möglich wäre jedoch eine gewisse Anzahl von Maßnahmen:

1. Den verstärkten Trend von Feature-Phones aufgreifen

Digitale Übersättigung ist längst nicht mehr nur ein Begriff, mit dem sich Soziologen und Psychologen auseinandersetzen müssen. Längst lässt sich in Teilen vieler Gesellschaften ein derartiger Effekt erkennen, der weit über solche Strategien wie Digital Detox hinausgeht. Aktuell lassen sich diesbezüglich beispielsweise zwei interessante Trends bei einer jugendlichen Klientel in westlichen Staaten beobachten:

1. Trotz der Verfügbarkeit von äußerst leistungsfähigen Smartphone-Kameras verkaufen sich sowohl neue als auch insbesondere gebrauchte Kompakt-Digitalkameras im Stil der 00er Jahre gerade extrem gut. Der Grund dafür scheint der als „ungefilterter“ empfundene Look der Fotos zu sein – bei geringsten Rechenleistungen ohne jegliche KI-Bildoptimierung kein Wunder.

2. In ähnlicher Manier, allerdings schon etwas früher gestartet, lässt sich ein Revival von Dumb- oder Feature-Phones erkennen. Das lässt sich nicht zuletzt damit erklären, dass viele der (neuzeitlichen) Geräte nicht nur gezielt nach einstmals hocherfolgreichen Modellen designt wurden (etwa die „Nokia-Banane“ 4110 4G), sondern dank Light-Betriebssystemen wie kaiOS durchaus eine smarte Mindestausstattung wie etwa die Benutzung des WhatsApp-Messengers gestatten – vielen Usern genügt dies vollends, auch im Westen.

Beides ließe sich für viele Smartphone-Hersteller zu äußerst überschaubaren Kosten ansprechen. Die Gewinne pro Gerät wären zwar niedriger, aufgrund der ungleich günstigeren Designphase und Teilebeschaffung ließen sich jedoch mitunter ähnliche Margen erzielen. Zumal diese Handys nicht vom Smartphone-Diktat ständig flacherer Bauweisen betroffen wären, keine High-End-Entwicklungen benötigen und überdies den Designern sehr viel mehr Freiheiten lassen.

2. Smartphones gezielt für deutlich längere Nutzungsdauern konstruieren

Mit der in vielen Ländern steigenden Awareness für Nachhaltigkeit und Belange von Umwelt, Natur und Klima stehen Smartphone-Hersteller sowieso schon seit längerer Zeit in der Kritik. Der Vorwurf: Die extrem kurzen Modellzyklen, gepaart mit einer unzureichend langen Ersatzteil- und Update-Versorgung, wären zu einem erheblichen Teil mitverantwortlich für die weltweit wachsenden Elektroschrott-Mengen (mehr dazu im Global E-Waste Monitor der UNO).

Ganz von der Hand weisen lässt sich diese Kritik nicht. Viele Hersteller veröffentlichen innerhalb einer bestimmten Baureihe wenigstens jährlich neue Modelle; bei einigen Firmen sind die Zyklen sogar noch kürzer. Zudem werden diese Neuvorstellungen offensiv beworben – selbst wenn der Kauf natürlich immer noch vom Kunden ausgehen muss. Einige Hersteller offerieren sogar Abonnement-ähnliche Modelle mit automatischem jährlichem Upgrade auf ein jeweils aktuelles Gerät aus derselben Klasse. Zwar bieten einige Firmen mittlerweile eine bessere Update-Lebensdauer im Bereich mehrerer Jahre an. Rein leistungsmäßig steckt jedoch in vielen Geräten noch deutlich mehr Leben – wobei längst nicht jeder User das komplexe Prozedere beherrscht, um auf ein alternatives Betriebssystem à la LineageOS auszuweichen, um längere Updates zu erhalten.

Das Smartphone ist fast immer und überall dabei – selbstverständlich inklusive jeder Menge passender Apps (Foto: pixabay.com/Free-Photos).

Woran es zudem herstellerseitig oftmals mangelt, ist eine dazu passende Hardware-Politik. Hier böten sich mehrere Herangehensweisen an:

1. Die sowieso vorhandenen Verbraucherrechte in Form der Gewährleistung könnten durch eine grundsätzlich attraktive (und zeitlich längere) Garantiepolitik ergänzt werden.

2. Zumindest die typischen Schwachstellen, wie etwa physische USB-Buchsen (so noch vorhanden), Akkus und Bildschirme, werden einer konsequenten Ersatzteilpolitik unterworfen. Damit würden die Hersteller zudem den damit erfolgreichen Drittfirmen das Wasser abgraben.

3. Ergänzend hierzu könnten neue Modelle wieder stärker nach dem Erfolgsrezept früherer Smartphone-Generationen konstruiert werden. Konkret mit User-seitig austauschbarem Akku, erweiterbarem Speicher und mitunter sogar weiteren Optionen à la Fairphone.

Naturgemäß würde das die Neugeräteverkäufe nicht gerade ankurbeln. In vielen Staaten sind jedoch sowieso schon Nutzungsdauern von 40 Monaten eher die Regel denn die Ausnahme. Gleichsam würden die Hersteller damit nach höheren ethischen Grundsätzen operieren. Überdies würde durch eine insgesamt verlangsamte Modellpolitik deutlich Druck von den Smartphone-Fabrikanten genommen – längst schon lassen viele neue Modelle einen echten Mehrwert für viele Verbraucher vermissen. Interessant wäre diese Herangehensweise nicht zuletzt dann, wenn sie mit einer weiteren Option kombiniert würde:

Der aktuelle Einbruch bei den Verkäufen mag sich zwar mit der globalen Ausnahmesituation durch die immer noch laufende Pandemie in Verbindung mit den Unsicherheiten und Auswirkungen des Ukraine-Krieges erklären lassen.
Mittelfristig dürften die Smartphone-Hersteller jedoch sowieso nicht umhinkommen, ihre bisherige Strategie einer mitunter massiven Änderung zu unterziehen. Aktuell leben acht Milliarden Menschen auf der Erde. Dieses Jahr dürften etwa 7,3 Milliarden von ihnen ein Mobiltelefon besitzen. Klammert man alle aus, die schlicht zu jung sind, ist also eine Marktsättigung fast schon erreicht. Ein weiteres Wachstum wie bisher dürfte deshalb im weiteren Verlauf der 2020er immer unwahrscheinlicher werden – selbst, wenn nicht alle diese 7,3 Milliarden Menschen ein Smartphone besitzen. Vielleicht sind die eingebrochenen Auslieferungszahlen des zurückliegenden Jahres ein Weckruf für die Branche, Änderungen in Gang zu setzen, bevor sie von äußeren Umständen erzwungen werden.

– Der gesamte Wiederaufbereitungsprozess würde inhouse durchgeführt. Das heißt, garantiert nach Herstellerspezifikationen und mit vom Hersteller freigegebenen Ersatzteilen. Gerade das könnte den Marktanteil von wiederaufbereiteten Geräten durch eine verbesserte Akzeptanz signifikant erhöhen.
– Durch die Vorgehensweise wäre es theoretisch und praktisch möglich, jedes Smartphone sozusagen „zweimal zu verkaufen“. Dadurch könnte entweder eine beibehaltene (= schnelle) Modellpolitik unterfüttert oder langsamere Zyklen ausgeglichen werden.
– Der Kreislauf könnte es sogar gestatten, solche Geräte technisch upzugraden. Das ginge zwar naturgemäß zulasten des Neugeräteverkaufs, könnte dafür aber bei verschiedenen Usern einen Anreiz dazu schaffen, ihre Handys immer wieder und wieder modernisieren zu lassen.

3. Deutlich stärker in den Refurbished-Markt investieren

Seit einigen wenigen Jahren feiern (Dritt-) Firmen, die gebrauchte Elektronik wiederaufbereiten und verkaufen, darunter Smartphones, große Erfolge. Bis auf Apple gibt es jedoch nur äußerst wenige Hersteller, die diesen Markt bislang nicht allein anderen überlassen – schon seit langer Zeit offeriert Apple Geräte aus eigenem Haus in durchgechecktem und aufbereitetem Zustand. Diesen Markt regelrecht brachliegen zu lassen, hat für die Firmen keine Vorteile. Im Gegenteil, der Trend ist unübersehbar, die Umsätze werden jedoch bislang noch von anderen gemacht. Dabei könnten die Smartphone-Fabrikanten hier sehr schlagkräftig operieren:

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