Home » Tests » Orbid Sound Pluto – integrativer Spaßmacher mit Upgrade-Möglichkeiten
18. April 2024
von Roman Maier
Inhaber/GeschäftsführerStandlautsprecher mit 67 Zentimetern Höhe? Warum denn nicht? Dass Standboxen nicht immer wuchtig sein müssen, ist lange bekannt. Ganz nebenbei können kleinere Schallwandler aber auch vorteilhaft sein – speziell in beengten Wohnumgebungen. Schön ist es, wenn die Lautsprecher dann noch aussergewöhnlich verarbeitet sind und gut klingen. Auf die Pluto von Orbid Sound trifft beides zu …

Die Pluto ist klein, zugleich aber hochflexibel. Und sie ist auf Wunsch in jeder RAL-Farbe bestellbar…
Orbid Sound ist im baden-württembergischen Balingen beheimatet. Hier verfolgt das kleine Team um die Inhaber Thomas Feil und Daniel Beyersdorffer dem klassischen Ansatz des Lautsprecherbaus: Während viele Mitbewerber ihre Modelle nach Vorgabe der Verkaufsabteilung und aus Marketing-Gründen planen, arbeitet man bei Orbid Sound bis heute nach dem gleichen Prinzip: Hier werden Lautsprecher fürs Leben kreiert – entwickelt im Zuge unzähliger Hörsessions und Diskussionen. Vor vielem Jahren entstand so auch die Pluto – Anfang der 80er-Jahre war sie sogar noch kleiner als heute. Ein Erfolgsmodell, denn schon damals war das Platzangebot in vielen deutschen Wohnzimmern begrenzt. Hier musste sich die Pluto kritischen Vorurteilen gegenüber behaupten und schlichtweg gut performen. Das tat sie, weshalb sie seit einigen Jahrzehnten in immer wieder überarbeiteter Form zum festen Kern des Orbid Sound-Portfolios gehört. Mit einer Höhe von 67 Zentimetern ist die neueste Version zwar klein, zugleich aber die größte Pluto, die es je gab.

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Aussergewöhnlich, cool und individuell
Über die Größe haben wir jetzt aber genug geredet. Die Pluto ist zwar klein, hat aber dennoch jede Menge zu bieten. In erster Linie fällt mir dabei das metallisch wirkende Kleid auf, in das sie gehüllt ist. Unser Testmuster kommt in einer Art Kupfermetallic-Sonderfarbton. Vielleicht etwas aussergewöhnlich, dafür aber ziemlich cool und exzellent aufgetragen. Besagter Metallic-Lack ist, wie auch die individuelle Ausführung in jeder RAL-Farbe, gegen einen keinen Aufpreis bestellbar. Ohne Aufpreis ist die Pluto dagegen in Weiß oder Schwarz stückweise für 740 Euro zu haben. Für einen Lautsprecher, der in Deutschland entwickelt und handgefertigt wird, ist das vergleichsweise günstig. Doch egal, für welche Farbvariante man sich auch immer entscheidet, unter dem gewünschten Seiden- oder Strukturlack basiert der Drei-Wegler auf einem massiven und intern verstrebten MDF-Gehäuse. Mit 21 Kilo bringt sie, gemessen an ihrer Kompaktheit, ein stattliches und vertrauenerweckendes Gewicht auf die Waage.

Einfach aber sehr gut: Die Orbid Sound ist mit großzügig dimensionierten Schraubklemmen ausgestattet.
Volle Ausstattung
Das Design der Pluto ist zudem eher schlicht gehalten – ein Orbid-Sound-Markenzeichen. Bis auf die kleine, senkrecht verlaufende Fase in der Front, gibt es hier keine Schnörkel oder unnötigen Details. Die Fase hingegen ist bewusst gewählt und lässt den immerhin rund 25 Zentimeter breiten Lautsprecher etwas filigraner erscheinen.
Weiter geht’s mit der Technik: Die sitzt präsent in der Schallwand der Pluto. Üblicherweise thront der 25-Millimeter-Hochtöner ganz oben. Mit einer Seidenkalotte bestückt, sitzt er in einer leichten Vertiefung, die als Schallführung dient. Direkt darunter – und ebenfalls bündig in die Gehäusefront eingelassen – kommt der Mitteltöner zum Einsatz. Mit selbstgemessenen elf Zentimetern (Sicke bis Sicke), ist der überraschend groß. Ohne Zuviel aus dem Hörtest vorweg zu nehmen: Die Polypropylem-Membran bündelt nicht übermäßig, was dem guten Rundum-Abstrahlverhalten der Pluto zugute kommt. Direkt darunter sitzt dann der massive Tieftöner. 18,5 Zentimeter durchmessend, verspricht er einen tiefen Abstieg in den Basskeller.

Kleines Detail, großer Effekt: Die senkreicht verlaufenden Fasen an der Front der Pluto lassen den Lautsprecher noch eine Spur filigraner erscheinen.
Füße für Klang und Optik
Will man von der Technik dagegen nichts sehen, bestellt man einfach die optional erhältlichen Abdeckungen. Diese sind wahlweise in Schwarz, Dunkelgrau, Hellgrau, Beige oder Dunkelbraun zu erwerben und bedecken dann die gesamte Front. Wo wir gerade beim Zubehör sind: Entscheidet man sich für die Pluto, würde ich unbedingt auch den Zukauf der optionalen Schwingungsdämpfer in handgefertigter Edelstahlhülse empfehlen. Diese sind mit schwarzen Filzpads bestückt, die auch empfindlichere Untergründe vor Kratzern schützen. Laut Herstelleraussage sollen sie den Lautsprecher zudem wirkungsvoll vom Boden entkoppeln. Ganz nebenbei werten sie die Pluto auch optisch auf. Folglich sind unsere Testgäste auch mit exakt diesen Extras ausgerüstet.
Begutachtet sind die Orbid-Sound-Schallwandler inzwischen, also folgt die Aufstellung: Hier habe ich ein wenig mit der Platzierung gespielt. Zunächst fällt auf, dass man die Lautsprecher – auch dank des frontseitigen Reflexports – recht wandnah betreiben kann. In meinem Test waren es rund 40 Zentimeter.

Die Reflex-Öffnung befindet sich unten in der Schallwand. Diese Verortung macht die Pluto flexibler in der Aufstellung.
Passt fast überall
Dann geht es an wie Winklung. Hier beginne ich mit quasi gerade aufgestellten Lautsprechern, was gleich überraschend gut klingt. Die Stimme kommt direkt aus der Mitte zwischen den Orbids. Darüber hinaus erstreckt sich der Sound auch nach außen über die Standpunkte meiner Testgäste hinaus. Dann drehe ich die Lautsprecher ganz leicht ein. An der Mittenstaffelung ändert das nichts. Dafür wirkt das Klangbild nun etwas weniger breit. Auch das gefällt mir sehr gut. Was jetzt besser ist, kann ich nicht sagen. Beides wird seine Befürworter haben, wobei ich mich für die zweite Variante entscheide. Nur um mal zu hören, wie es mit noch weiter eingewinkelten Speakern ist, probiere ich letztlich aber auch das aus. Daran, dass die Stimme weiter punktgenau aus der Mitte kommt, ändert sich weiterhin nichts. Auch das funktioniert eigentlich ganz gut, allerdings spielt sich das ganze Geschen nun weiter in der Mitte ab.

Leicht auf den Hörplatz eingewinkelt, gefällt mir die kleine Orbid Sound klanglich am besten.
Ordentlich Zug
Aber auch das wird in vielen Wohnsituationen sehr gut funktionieren. Feststellen lässt sich jedenfalls, dass die Orbids ein wirklich gutes Rundstrahlverhalten an den Tag legen und in nahezu jeder Aufstellungssituation ein räumlich realistisches Klangbild aufbauen können. Ich kehre aber schnell zu Variante 2 zurück, die trifft meinen Geschmack ziemlich genau. Die ersten Tests habe ich im Übrigen mit dem Kari Bremes-Album „Det Vi Har“ gemacht. Aufgrund fehlender Kenntnisse der norwegischen Sprache habe ich keine Ahnung, was hier besungen wird. Dafür ist dieser Tidal-HiRes-Stream exzellent abgemischt. Song Nummer vier, „Kanskje“, liefert mir beispielsweise die ersten Erkenntnisse über Grundton- und Bassreproduktion meiner Testgäste aus Balingen. Und die stellen sich hier als hervorragend heraus. Der Bass dominiert, jedoch ohne Übermaß oder Dominanz. Die Balance ist deutlich gelungen, trotz zwischenzeitlich tiefer Bassnoten bleiben der Mittelton klar und die Höhen unbeschnitten. Kurz gesagt: Die Präzision und Feinheiten bleiben erhalten.
Geschwindigkeit und Dynamik
Zudem erlebt man einen Song voller Spaß, den die Pluto von Beginn an mitreißend rüberbringt. Das packt mich sofort und fordert mich aufgrund der gebotenen Impulskraft schnell dazu auf, die Lautstärke merklich zu erhöhen. Ähnlich packt es mich in „Det Ma Vaere Orden“ Auch hier puncht der Grundton imposant und schnell. Kickbässe sind genauso schnell wieder weg, wie sie erscheinen. Für die kleinen Standboxen stellt die Grundtonreproduktion auch hier keinerlei Schwierigkeit dar. Im Gegenteil, sie folgen der Vorgabe jederzeit exakt auf den Punkt. Wie bereits beim Einspielen steht die Stimme der Norwegerin weiterhin fest in der Mitte – rechts und links flankiert von den immer wieder dosiert eingesetzten Effekten und Instrumenten. Das Klangbild ist aufgeräumt, bietet zugleich aber auch eine ordentliche Portion Dynamik und Spielfreude. Der Sound gefällt mir richtig gut und liegt natürlich auch darin begründet, dass die Aufnahme schlichtweg hervorragend ist.

Der Tieftöner ist für den Knochenjob der Basswiedergabe zuständig und leistet hervorragende Arbeit.
Kein Schönspieler
Wer also auf der Suche nach einem tollen Album ist, das man leise wie laut hören kann, dem sei „Det Vi Har“ unbedingt zu empfehlen. Wie wichtig eine gute Aufnahme ist, erkenne ich nur wenige Augenblicke später. Jetzt wechsle ich in meine Rock-Playlist zu Linkin Parks „Crawling“ in MP3-Auflösung. Wow, ich liebe diesen Song, die Aufnahme fällt im Vergleich zu Kari Bremnes in HiRes aber deutlich ab. Und exakt diese Defizite, speziell im Hoch- und oberen Mittelton, legt das Orbid-Duo nun schonungslos dar. OK, das kann man sich anhören, von der eigentlich packenden Dynamik kommt aber kaum etwas an. So wird eines schnell klar: Die Pluto ist kein Schönspieler. Ist die Aufnahme exzellent, wird das auch realistisch reproduziert. Ist die Aufnahme schlecht, macht sie auch das ziemlich deutlich. Damit zwingt sie ihren Besitzer förmlich dazu, bevorzugt ordentlich produzierte Alben wiederzugeben. Aber das ist ja eine gute Eigenschaft.
Agile Entspanntheit
Dieser Vorgabe folge ich und lasse als nächstes The Rolling Stones mit „Waiting On A Friend“ von der Leine. Nicht als HiRes-Datei aber immerhin in 44,1 Kilohertz, also in CD-Qualität. Sofort kommt eine völlig neue Atmosphäre auf. Der Sound ist warm und entspannt. Besonders gut gefällt mir das sanfte Gitarrenspiel in Verbindung mit dem einleitenden Piano. Relaxter kann ein Rock-Song gar nicht starten. Nach wenigen Augenblicken steigt dann auch Mick Jagger ein. Das verleiht dem Stück etwas mehr Zug, raubt ihm zugleich aber nichts von seiner Entspanntheit. Spätestens als dann Saxophon und Backgroundsängerinnen hinzukommen, ist die gesamte Front akustisch vollständig ausgeleuchtet. Zugleich stellen sich Hoch- und Mittelton als ideal austariert dar. Das macht sich speziell in der Wiedergabe der Gitarre bemerkbar. Die ist weder zu hart oder drahtig, noch zu laff. Im Bass halten sich die Plutos dagegen diesmal etwas zurück. Das ist allerdings keine negative Eigenschaft.

Tief- und Mittelton sitzen eng beieinander und sind bündig sauber in die Schallwand eingelassen.
Ehrliche Atmosphäre
Nein, dieser Song gibt schlichtweg nicht viel an Tieftoninformationen raus. Muss er auch nicht zwingend, schließlich handelt es sich nicht um einen harten Rock-Track, sondern fast schon um eine Ballade. Hier sollen Gefühl und Atmosphäre transportiert werden, Wärme und Lebendigkeit. Exakt das funktioniert hier und jetzt vorbildlich. Ich jedenfalls könnte geradewegs im Song versinken, so gut gefällt es mir. Um aber keinerlei Missverständnis aufkommen zu lassen: Die Pluto ist ganz sicher nicht der beste Lautsprecher der Welt. Sie macht sicher auch nicht alles richtig. Aber sie geht ganz eindeutig in die richtige Richtung. Sie baut eine glaubhafte Klangbühne auf, ist agil und ehrlich. Und sie macht jede Menge Spaß. Ganz nebenbei beweist sich das baden-württembergische Duo auch noch als ausserordentlich langzeithörtauglich. Inzwischen sind knapp drei Stunden – unter zwischenzeitlich hohen Pegeln – vergangen. Von anstrengender Härte oder der oftmals erlebten Hochtonschärfe fehlt hier allerdings jede Spur.
Fazit
Optisch wird die Pluto sicher nicht jedem HiFi-Fan gefallen. Dennoch sollte man ihr eine faire Chance geben ihr Klangpotenzial zu entfalten. Tut man das, wird man mit einer grundehrlichen und dynamischen Wiedergabe belohnt. Die Baden-Württembergerin ist zwar nur 67 Zentimeter hoch, spielt aber deutlich größer und agiler auf, als man es ihr auf den ersten Blick vielleicht zutrauen würde. Dazu kommen eine tolle Staffelung und herrliche Raumdarstellung. Aus meiner Sicht ist die kleine Orbid Sound eine echte Empfehlung – speziell dann, wenn man nur wenig Wohnraum für seine Schallwandler investieren möchte.
Test & Text: Roman Maier
Fotos: Branislav Ćakić
Klasse: Einstiegsklasse
Preis-/Leistung: sehr gut
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Technische Daten
Modelle: | Orbid Sound Pluto |
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Gerätekategorie: | Standlautsprecher |
Preis: | ab 740 Euro/Stück |
Garantie: | 5 Jahre |
Ausführungen: | - Schwarz - Weiß - andere RAL-Farben gegen Aufpreis |
Vertrieb: | Orbid Sound, Balingen 07433 3910122 www.orbid-sound.de |
Abmessungen (H x B x T): | 670 x 250 x 290 mm |
Gewicht: | ca. 21 kg (Herstellerangabe) |
Bauart: | Drei-Wege, Bassreflex, passiv |
Anschlüsse: | Single-Wire Schraubklemmen |
Impedanz: | 8 Ohm |
Bestückung: | - 1 x 25-Millimeter-Hochtöner - 110-Millimeter-Mitteltöner -185-Millimeter-Tieftröner |
Frequenzgang: | 30 Hz – 20 kHz (Herstellerangabe) |
Impuls-/ Dauerbelastbarkeit: | 100/70 Watt (Herstellerangabe) |
Lieferumfang: | 1 x Orbid Sound Pluto |
Pro & Contra: | + sehr gutes Rundstrahlverhalten + realistische Klangbühne + flexible Aufstellung + wandnahe Aufstellung möglich + punchiger Grundton + kräftiger Bass + individuelle Farbwahl + schöne Auflösung + integrative Abmessungen - Abdeckungen und Füße gegen Aufpreis |
Benotung: | |
Klang (60%): | 84/85 |
Praxis (20%): | 85/85 |
Ausstattung (20%): | 84/85 |
Gesamtnote: | 84/85 |
Klasse: | Einstiegsklasse |
Preis/Leistung: | sehr gut |