Home » Tests » Unitra GSH-630 „Fryderyk“ – Vinyl-Laufwerk im Vintage-Look
16. Dezember 2025
von Volker Frech
RedakteurBeim Unitra GSH-630 „Fryderyk“ trifft Retro-Design auf moderne Technik: Der hochpräzise Direktantrieb des holzbekleideten Plattenspielers agiert mit digitaler Drehzahlregelung samt doppelter Sensorik – und stammt wie der aufwändige Top-Tonarm aus eigener Entwicklung und Produktion: die legendären Polen verfügen über langjähriges Know-how. Zu welchen Finesse das führt, zeigt der GSH-630 „Fryderyk“ im Test.

Der Unitra GSH-630 „Fryderyk“ punktet mit einer Kombination aus attraktivem Retro-Design und aktueller Technik.
Unitra? Dieses Zauberwort malt allen, deren HiFi-Horizont auch den Osten einschließt, ein Lächeln ins Gesicht: Unitra war zur Zeit der Volksrepublik Polen DIE HiFi- und Elektronikmarke der Nation. Dahinter stand ab 1961 ein über 40 Unternehmen umfassender Firmen-Verbund, der ein breites Portfolio an Verstärkern, Radios, Plattenspielern und anderen Elektronikprodukten herstellte. In nahezu jedem polnischen Haushalt stand irgendwann einmal ein Unitra-Produkt. Mit dem Ende des real existierenden Sozialismus zerfiel auch dieses Firmen-Kollektiv, doch 2021 wurde die ebenso ikonische wie legendäre Marke wiederbelebt: Adrian Krupowicz, zuständig für Forschung und Entwicklung, und Daniel Kostrzewa, heute Vizepräsident für Vertrieb und Marketing, holten den technikbegeisterten Michał Kiciński als Investor für das Projekt ins Boot, sie bauten ein Team von jungen Ingenieuren auf – und reaktivierten die längst pensionierte frühere Entwicklungsmannschaft, die ihr Know-how und ihren Erfahrungsschatz an die neue Crew weitergab. Das Ziel des Projekts: Unitra sollte wieder die Schönheit der polnischen Ingenieurskunst präsentieren …

Schlanke Erscheinung: Auch dank der flachen Füße pflegt der Plattenspieler ein Slim Design.
Legendäre Vorfahren
… und zwar mit neuen Produkten, die eine Hommage an die eigenen Klassiker und ihre Fertigungsqualität sein sollen. Die Inspiration für das Retro-Flair und die Referenz für den Wertigkeits-Anspruch lieferte der legendäre Vollverstärker Unitra WSH-205: Der war so gut, dass er überwiegend für den Export produzierte wurde und in Polen deshalb eher unbekannt war. Auf dieser Design- und Güte-Grundlage entstand die neue Unitra-Produktlinie: Sie umfasst Verstärker, Konverter, CD-Player – und im Plattenspieler-Portfolio eben auch den GSH-630 „Fryderyk“. Sein Beiname ist übrigens eine weitere Hommage – an den polnischen Pianisten und Komponisten Fryderyk Chopin. Die firmeneigenen Retro-Reminiszenzen dieses Plattenspielers gehen nun aber über den besagten Verstärker WSH-205, von dem die charakteristischen Kipp-Schalter auf der Front für Start/Stopp und 33⅓/45 UpM-Umschaltung stammen, hinaus. Sie reichen bis zu den früheren „Adam“-Vinyldrehern GS-420 und GS-424, die Unitra in den 1980ern baute: Sie stehen Pate für die attraktive Holz-Optik und das aktuelle Tonarm-Design.

Der Korpus ist mit einem attraktiven Echtholzfurnier bekleidet, das optisch wie auch haptisch die Hochwertigkeit unterstreicht.
Echtholz-Furnier für Vintage-Look
Gerade die Holz-Optik trägt maßgeblich zum Vintage-Look bei – und zur hochwertigen Anmutung: Unitra setzt hier auf ein Echtholz-Furnier, dessen Qualität nicht optisch, sondern auch haptisch erfahrbar ist. Unser Testmodell ist mit amerikanischer Walnuss bekleidet. Als alternative Hölzer bietet Unitra schwarze oder helle Esche an. Das Furnier ist sauberst appliziert und veredelt das Deck und die Seiten. Frontal ist dem Chassis eine vier Millimeter starke Aluminium-Blende vorgesetzt, die den Korpus zu allen Seiten überragt. Diese fein gebürstete Front ist hier schwarz eloxiert. Sie kann aber auch in Silber realisiert werden. Hinter der Stirnseite und unter dem Furnier steckt nun ein Chassis aus massivem MDF, das einen Gutteil des Gesamtgewichts von über zwölf Kilo ausmacht. So bietet der Korpus eine schwingungsdämpfende, resonanzarme Basis. Aus diesem MDF-Monolithen sind ausschließlich jene Vertiefungen und Aussparungen gefräst, in denen Antrieb, Steuerung, Stromversorgung sowie Tonarmbasis und Anschluss-Sektion untergebracht sind: Beim GSH-630 „Fryderyk“ ist alles an Bord.

Die Front des Plattenspielers ziert eine dickwandige, fein gebürstete und eloxierte Frontplatte aus Aluminium. Mit den beiden Kippschaltern wird der Plattenspieler ein- oder ausgeschaltet und die Wahl der Umdrehungsgeschwindigkeit getroffen. Die Hebel sind eine Hommage an das charakteristische Design früherer Unitra-Komponenten aus der goldenen HiFi-Ära.
Anspruchsvoller Direktantrieb aus eigener Entwicklung
Schauen wir uns zuerst die Motorisierung an: Hier setzt Unitra grundsätzlich auf einen Direktantrieb. Dabei wird der Teller nicht, wie zumeist im HiFi-Bereich üblich, mit einem externen Motor und über einen Riemen in Bewegung gesetzt. Stattdessen sind alle Komponenten, die für die Rotation des Tellers sorgen, unter ihm in einem Antrieb vereint. Damit entfallen alle Reibungsverluste sowie die Zugkräfte, die durch einen Riemen auf die Achse wirken. Es gibt somit aber auch keine Vibrationsentkopplung, die durch die Motorauslagerung und den wie ein Filter wirkenden Riemen bewirkt werden. Der Antrieb muss also extrem ruhig und geräuscharm agieren – und dazu natürlich absolut präzise und stabil, um eine exakte und konstante Geschwindigkeit liefern zu können. Oftmals wird so eine Motorisierung gerne zugekauft. Doch weil der Markt kein Modell bot, das den Unitra-Ansprüchen genügen konnte, haben die Polen den kompletten Antrieb samt Steuerung, Lager und Subteller schließlich selbst entwickelt.

Ohne Teller sieht man den in das Chassis integrierten selbstentwickelten Direktantrieb. Er punktet mit einer digitalen Drehzahlregelung, die mit einer optischen sowie einer magnetischen Sensorik für exakte, konstante Rotation mit ausgezeichnetem Gleichlauf sorgt.
Aufwändige Geschwindigkeitskontrolle für exzellenten Gleichlauf
In diesem Antrieb agiert nun ein ebenso leiser wie leistungsstarker bürstenloser Gleichstrommotor mit Luftspulen aus eigener Fertigung. Gesteuert wird er von einem ebenso selbst entwickelten und hergestellten Geschwindigkeitskontrollsystem: Es handelt sich um eine digitale Drehzahlregelung mit doppeltem Feedback. Hier kommen also gleich zwei Sensor-Systeme zum Zuge. Das erste funktioniert magnetisch: Auf der Subteller-Unterseite sitzt ein Magnetkranz, unter dem Subteller sind drei stationäre Hall-Sensoren positioniert, welche die Magnetbewegung registrieren. Hinzu kommt ein optischer Sensor: Den Subteller umgibt ein Metallring, welcher 720 schmale, radial angeordnete Schlitze aufweist. Dieser vielfach fein durchbrochene Ring rotiert zwischen einer lichtsendenden LED und eine lichtempfangende Fotodiode. Mit dieser Optik werden also pro Umdrehung des ganzen Telleraufbaus 720 Messungen der Geschwindigkeit vorgenommen. Die beiden Sensor-Systeme liefern die Informationen für die nachfolgende digitale Drehzahlregelung. Diesem Präzisionsantrieb, der weder eine Wartung noch eine Kalibrierung benötigt, attestiert Unitra eine Gleichlaufschwankung von unter 0,09 Prozent – ein exzellenter Wert!

Auf der Rückseite finden wir links die Anschluss-Sektion mit vergoldeten Cinch-Buchsen und Erdungsklemme, rechts den Einbau-Netzstecker für die Stromversorgung des integrierten Netzteils. Die Phasenlage ist mit einem roten Punkt markiert.
Teller-Trägheit und Netzteil-Potenz
Zur Ruhe der Rotation trägt auch der Teller bei: Er besitzt ein Gewicht von fast zweieinhalb Kilo und bringt somit eine ordentliche Masse für die gewünschte Trägheit mit. Die 2,5 Zentimeter hohe Scheibe besteht aus HDPE. Dieses hochdichte Polyethylen ist thermisch wie mechanisch hochrobust und akustisch relativ schwingungsunsensibel. Zur weiteren Dämpfung liefert Unitra zum GSH-630 „Fryderyk“ eine Filzmatte, die zwischen Platte und Teller gelegt wird. Für Ruhe sorgt ebenso die Stromversorgung: Hier agiert kein Schaltnetzteil, wie es auch in dieser Preisliga oft üblich ist, sondern ein preisintensiveres und potentes Linear-Netzteil mit beachtlich großem Ringkerntransformator. Dadurch entfallen jene problematischen hochfrequenten Störeinflüsse und Einstreuungen, die Schaltnetzteile gerne verursachen und auf die gerade Plattenspieler sensibel reagieren. Zudem werden die digitale Steuerung und die mechanischer Motorantrieb über verschiedene Abgriffe des Trafos und die jeweils nachfolgende Netzteilschaltung separat versorgt, was gegenseitige Beeinflussungen verhindert. Auch die Leistungs- und Lieferfähigkeit dieser Stromversorgung befördert die Laufruhe des Antriebs.

Der Teller aus hochdichtem Polyethylen trägt mit seinem Gewicht von fast zweieinhalb Kilo zur ruhigen Rotation des gesamten Laufwerks bei.
Feines Phono-Kabel im Zubehör
Neben dem System legt Unitra auch gleich noch ein Phono-Kabel bei, das mit seiner hochwertigen Ausführung samt der extra geführten Erdungsleitung überzeugt. Prima! Anschluss findet das Kabel am rückseitigen Terminal des GSH-630 „Fryderyk“, das mit vergoldeten Cinch-Buchsen und einer Erdungsklemme aufwartet. Direkt darüber ist ein Scharnier der Haubenhalterung positioniert – und auch hier punktet der Plattenspieler mit einem feinen Feature: Die Halterung ist überaus robust, so vermag sie die relativ schwere Haube souverän zu halten und ist dafür auch in ihrer Gängigkeit veränderbar. Allerdings sind die Halterungen fest mit dem Chassis verschraubt, sodass die Haube nicht einfach mal so abnehmbar ist. Stand findet der GSH-630 „Fryderyk“ nun auf vier Füßen. Es sind massive Metallscheiben, die bodenseitig mit weichen Gummischeiben unterfüttert sind, was eine leichte Vibrationspufferung ermöglicht. Die Füße sind in den Korpus eingeschraubt und damit höhenverstellbar. So kann der Plattenspieler nivelliert werden, damit er absolut waagerecht steht.

Zum Plattenspieler liefert Unitra auch gleich ein hochwertiges, eineinhalb Meter langes Phono-Kabel mit separater, sauber realisierten Erdungsleitung – hier haben wir es auch gleich angeschlossen.
Top-Arm mit Tradition
Kommen wir endlich zum Tonarm: Auch hier setzt Unitra auf eine eigene Lösung und stattet den Plattenspieler mit dem selbstentwickelten R-10 aus. Der hat eine famose Vorgeschichte: Er ist der aktueller Nach-Nachfolger jenes historischen „Adam“-Tonarms, den Unitra bereits Ende der 1970er-Jahren entwickelt und dann in seine Plattenspieler eingebaut hat. Dieser Adam war schon damals attraktiv, und in der neuesten Version sieht der J-förmige, nun in mattem Schwarz gehaltene Arm noch cooler und moderner aus. Er besteht aus einer hochfesten Aluminiumlegierung, was für große Steifigkeit bei geringem Gewicht bürgt und somit eine gute Agilität verspricht. Mit einer effektiven Masse von etwa 19 Gramm ist dieser Arm an der Grenze von mittelschwer zu schwer. Die kardanisch anmutende Aufhängung des Arms ist top: Für beide Achsen kommen pivotische Präzisionslager des japanischen Spezialisten NKS zum Einsatz, der seit Dekaden ein Referenzhersteller für Präzisionslager ist. Dementsprechend leichtgängig und hochpräzise lässt sich der Arm bewegen.

Der J-förmige Tonarm R-10 ist ebenfalls eine Eigenentwicklung – und erweist sich ebenfalls als Hommage an die eigene Historie: Er geht auf den Adam-Arm zurück, den Unitra bereits in den 1970er-Jahren entwickelt hat. Die aktuelle Version des attraktiven Arms wirkt in Mattschwarz abermals edler und moderner.
Premium-Tonabnehmer bereits an Bord
Dieser Arm ist von der Tonarmhöhe über den Azimuth bis hin zum Auflagegewicht und dem Anti-Skating via Fadengewicht einstellbar. Das Gegengewicht besitzt dabei eine magnetisch an ihm haftende, aber trotzdem leicht bewegliche Skalen-Scheibe für die manuelle Auflagekraft-Einstellung ohne zusätzliche Waage. Cool gelöst! Auch der Lift ist erstklassig realisiert: Er reagiert sensibel und exakt auf die Hebelbetätigung und lässt das Rohr geschmeidig absinken. Die Kopfplatte besteht ebenfalls aus Aluminium. Ihre Verbindung zum Arm ist als SME-Anschluss realisiert, was einen flotten Systemwechsel ermöglicht. Dieser Tonarm ziert aufgrund seiner Qualität auch den „Edmund“, den größeren Plattenspieler des Unitra-Portfolios. Als System wird mit dem Ortofon 2M Bronze gleich ein ausgezeichneter Tonabnehmer mitgeliefert: Das MM-System tastet mit einem nackt auf den Nadelträger geklebten Diamanten ab, der einen Fine Line-Schliff aufweist. Diese vom Shibata-Schliff abgeleitete Formgebung bietet gegenüber einem elliptischen Schliff eine größere Auflagefläche. Dies verbessert die Abtastfähigkeit, es sollen dabei auch geringere Modulationsverzerrungen entstehen.

Die Aluminium-Kopfplatte ist dank des SME-Schraubanschlusses schnell wechselbar, falls man den Plattenspieler mit verschiedenen Abtastern betreiben möchte. Ab Werk wird unter die Headshell das ausgezeichnete MM-System Ortofon 2M Bronze montiert.
Der Unitra GSH-630 „Fryderyk“ in der Praxis
Der Plattenspieler wird vom Vertrieb bereits soweit wie möglich spielbereit geliefert. Wir müssen nur noch den Teller samt Matte auflegen, das Gegengewicht am Tonarm anbringen und das Antiskating-Gewicht einhängen. Das System ist bereits montiert und korrekt justiert, was wir mithilfe der mitgelieferten Einstellschablone überprüfen – prima! Die Einstellung der Auflagekraft gelingt, indem wir den Tonarm ausbalancieren und dann das Gegengewicht gen Headshell bewegen, bis die mitdrehende Skala-Scheibe das gewünschte Gewicht anzeigt. Funktioniert tadellos, wie eine Überprüfung per Waage ergibt. Die Antiskating-Einstellung gemäß Anleitung klappt ebenfalls, das verifizieren wir mit Unitras „Turntable Test Vinyl Record“: Auf der rillenfreien Seite der Testplatte wandert der Arm im Betrieb weder nach innen noch außen. Das Ortofon 2M Bronze möchte mit einer Lastkapazität zwischen 150 und 300 Pikofarad betrieben werden, wir stellen an der Phono-Vorstufe Lehmannaudio Decade 100 Pikofarad ein, weil dazu noch die Kapazität des Kabels kommt, die typischerweise 50 bis 100 Pikofarad beträgt.

Der Tonarm-Lift punktet mit präziser Umsetzung der Hebelbewegung und sanft-geschmeidiger Absenkung des Tonarms.
Ruhe und Gelassenheit
Der Phono-Preamp liefert das aufbereitetet MM-Signal des Plattenspielers an unseren Vollverstärker Hegel H360, der wiederum ein Paar Audio Physic Midex antreibt. Wir legen zum Warmwerden „Black Spider“ von Mogways „Zidane“-Soundtrack auf. Uns gefällt sofort die saubere Bedienbarkeit des Plattenspielers: Der Teller wird mit geschmeidigen Anlaufen auf die richtigen Touren gebracht. Der Motor arbeitet im Betrieb wunderbar ruhig. Der Tonarmlift reagiert präzise auf die Hebelbewegung, und der Arm sinkt sanft herab, auch wenn man den Hebel flott umlegt. Diese Gelassenheit und Entspanntheit, die der GSH-630 „Fryderyk“ mechanisch ausstrahlt, liefert er nun auch akustisch – und genau das passt prima zu unserem Start-Stück, Mogways „Black Spider“: Die schottischen Postrocker und Klangtüftler musizieren bei diesem atmosphärisch-melancholischen Track nämlich wie in Zeitlupe und präsentieren uns eine epische Sound-Landschaften mit herrlichen Breite und Tiefe. Hier wird jeder Ton und jedes Geräusch zum musikalisches Ereignis – und der GSH-630 „Fryderyk“ lässt uns dies unmittelbar erleben.

Der Arm ist beidachsig in pivotische Präzisionslager des japanischen Spezialisten NKS eingespannt. So glänzt der Tonarm mit superber Beweglichkeit und Akkuratesse.
Detailreichtum und Feinauflösung
Stuart Braithwaite eröffnet den Song links stehend mit seiner unverzerrten E-Gitarre – und wir haben gleich mit den ersten Tönen das Gefühl, dass Braithwaite mit seiner Sechssaitigen samt seinem Gitarrenverstärker direkt vor uns steht. Wir hören jeden Anschlag, den er mit seinem Plektrum auf den Saiten vollführt, vernehmen das Metallische dieser Stahlsaiten, die brillant-glänzende Töne liefern – und hören ihr Zusammenklingen: Braithwaite schlägt die tiefe E-Saite an, die er als Dauerton durchklingen lässt, spielt dazu ein Hammering auf der A-Saite, das den reibenden Septimen-Zweiklang zur reinen Oktave auflöst, um dann noch auf der D-Saite ein g als Terzton hinzufügen. Warum wissen wir das alles? Weil die präzise, detailreiche und sehr gut auflösende Wiedergabe es uns in jeder Einzelheit hören lässt! Beim Hammering, bei dem Braithwaite den Ringfinger seiner Greifhand auf die Saite aufschlagen lässt, vernehmen wir sogar den Bundstäbchen-Kontakt. Wir können dem Gitarristen förmlich beim Spielen auf die Finger gucken.

Die gewichtige Plexiglas-Haube wird zuverlässig von robusten Scharnieren gehalten. Sie sind über eine Inbusschraube in ihrer Gängigkeit verstellbar. Wer die Haube abnehmen will, muss die Scharniere vom Chassis abschrauben.
Physische Präsenz mit sonorem Bass
Die Töne und Klänge, die Braithwaite seiner Gitarre entlockt, schweben nun förmlich im Raum – doch hinzu kommt ein sanftes Rauschen: Es stammt von Braithwaites Gitarrenverstärker. Dieser rauschende Amp, den das Aufnahmemikrofon eingefangen hat, sorgt erst so richtig für die Authentizität und bewirkt, dass wir die Wiedergabe als real empfinden. Das gilt ebenso für die Spielgeräusche der Musiker. Das merken wir insbesondere, als Bassist Dominic Aitchison einsetzt: Er spielt ein Bassfigur, bei der er in manche Töne hineingleitet, er rutscht also mit den Fingern auf den dicken, metallumsponnnenen Saiten entlang. Erst das dabei entstehende reibende Geräusch sorgt für den Wie-echt-Effekt und verleiht dem Viersaiter physische Präsenz und eine regelrechte Körperhaftigkeit. Der Bass hat dabei eine wunderbare Sonorität und Tiefe – und eine Tragfähigkeit, mit der er unser Zimmer füllt. Dabei bleibt der Bass sehr definiert und konturiert. Das ist wichtig, weil Aitchison mit seinen Figuren die Gitarrenarbeit wunderbar melodiös ergänzt.

Das Gegengewicht ist mit einer Skalenscheibe versehen: Sie haftet magnetisch, lässt sich aber trotzdem leicht auch losgelöst von Gewicht bewegen. Das Antiskating ist bei diesem Arm über ein am Faden hängendes Gewicht realisiert und am Aufhängestift in drei Stufen einstellbar.
Durchhörbarkeit und Dynamik
Mit diesem souveränen Bass sorgt der GSH-630 „Fryderyk“ für Aufgeräumtheit im Frequenzkeller. Dies ist die Basis eine sehr guetn Durchhörbarkeit. Sie kommt auch dem hinten postierten Schlagzeug zugute: Drummer Martin Bulloch steigt mit ganz zarten Schlägen auf seinem Ride-Becken ein – und selbst diese ultraleisen Berührungen von Holzstick und Metallbecken hören wir mit toller Transparenz. Dabei können wir sogar das Ausklingen des Beckens erleben, bei dem sich das schwingende Metall in seinem Ton stetig verändert. Es bleibt dabei: Bei dieser Musik ist nicht nur jeder Ton, sondern auch jedes Geräusch ein Klangerlebnis – und das präsentiert der GSH-630 „Fryderyk“ eindrucksvoll. Bulloch spielt sein Drumset dezent, aber dabei sehr dynamisch. So entfaltet jeder Schlag Wirkung: Die Snare hat den charakteristischen peitschend-knalligen Sound. Die Bassdrum besitzt einen satten und tiefen Punch, dessen Druck wir am Körper spüren, die Toms klingen schön knackig. Mit dieser Dynamik und Direktheit wirkt auch das Drum-Set real.
Weiträumige 3D-Abbildung
Über allem schweben schließlich die Marimbaphon-artigen Ton-Tupfen des Keyboards, dessen Klänge sich mit den Gitarren- und Bass-Tönen teils zu ätherischen Klang-Schwaden vermischen. Hier entfaltet nun die gelungene Räumlichkeitsdarstellung ihre Wirkung: Der GSH-630 „Fryderyk“ sorgt im Verbund mit dem Ortofon 2M Bronze für eine wunderbar weiträumige 3D-Abbildung. Auch die Offenheit und Luftigkeit, die zur Wahrnehmung der Räumlichkeit beitragen, sind sehr gut. Diese Kombi beweist eindrucksvoll, dass auch mit einem MM-System eine derart intensive und zugleich extensive dreidimensionale Imagination möglich ist. Das erleben wir auch mit anderen Musikstücken, die wir nun im weiteren Testverlauf hören: Bei „What I Do“ von Donald Fagen bewahrt der GSH-630 „Fryderyk“ den Durchblick, obwohl der ehemalige Steely Dan-Mastermind bei dieser Jazzrock-Nummer von gleich elf Mitmusikern unterstützt wird. Dank der guten Durchhörbarkeit können wir über die ausgefuchsen Akkord-Ajoutierungen und Harmonie-Fortschreitungen staunen, die gerade die Gitarren und das Keyboard spielen, und jede einzelne Stimme des wunderschönen mehrstimmigen Background-Gesangs heraushören.

Das stilisierte U, seit jeher das Signet von Unitra, ziert natürlich auch die aktuellen Komponenten. Beim Plattenspieler ist es im Zentrum der Haube als Plakette eingelassen.
Große Oper im großzügigen Ambiente
Bei Electronica Marke Trentemøller macht der GSH-630 „Fryderyk“ ebenfalls bella figura: Die Komposition aus flirrenden Samples, aus Fiepsen, Knistern und Knarzen, aus Stimmen und Wortfetzen, die auf wabernden Klangschwaden schweben, erleben wir als immersive einhüllende Klangreise – unterlegt von Bassbeats und Tiefton-Synthie-Samples mit sattem Tiefgang, Druck und Definition. Die Performance gelingt auch im musikalischen Großformat: Anna Netrebko als Mimì und Rolando Villazón als Rodolfo singen, begleitet von der Staatskapelle Dreden, „O soave fanciulla“ aus Puccinis Oper „La bohème“. Wir erleben, wie die beiden Weltstars direkt vor uns stehend sich mit tollem Stimmschmelz und wunderbarere Vokalkunst intensiv und impressiv ihre Liebe gestehen. Bei dem dahinter sehr gut gestaffelten Orchester sind bis zur zarten Klarinette die Instrumente heraushörbar und im Panorama verortbar. Dieses Panorama wird durch die Lukaskirche definiert, in der die Aufnahme stattfand: Ihre Akustik registrieren wir dank der sehr guten Auflösung und erleben so im großzügigen Ambiente große Oper.

Der Unitra GSH-630 „Fryderyk“ im Betrieb: Hier spielt er mit dem Unitra-Vollverstärker WSH-805, als Lautsprecher agiert die Wharfedale Diamond 12.4i.
Fazit
Der Unitra GSH-630 „Fryderyk“ vereint gekonnt Tradition und Moderne: Er pflegt mit seinem hochwertigen Echtholzfurnier und seiner Design-Hommage an die legendäre Unitra-Historie einen attraktiven Retro-Look – und bietet zugleich Top-Technik aus eigener Entwicklung: Der Plattenspieler agiert mit einem Direktantrieb, der dank digitaler Drehzahlregelung samt doppelter Sensorik für eine akkurate, hochkonstante Rotation mit großer Laufruhe sorgt. Diese Gelassenheit wird durch die Massivität des Laufwerks, das potente Linear-Netzteil und den superb leichtgängigen, präzise agierenden Tonarm befördert. Er ist zudem ab Werk mit einem Premium-MM-System ausgestattet. Dies alles führt zu einer Performance, die mit wunderbarer Ruhe und Gelassenheit glänzt. Im Verbund mit dem MM-Abtaster liefert der GSH-630 „Fryderyk“ dabei ein sonores, sehr definiertes Bass-Fundament. Diese Aufgeräumtheit ist die Basis für eine erstklassige Durchhörbarkeit mit hoher Transparenz, großem Detailreichtum und sehr guter Dynamik. Die Auflösungsfähigkeit sorgt zudem für eine überaus gelungene Räumlichkeitsdarstellung mit intensiver und zugleich extensiver dreidimensionaler Imaginationskraft. Ein Plattenspieler der Spitzenklasse!
Test & Text: Volker Frech
Fotos: Simone Maier
Klasse: Spitzenklasse
Preis/Leistung: sehr gut
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Technische Daten
| Modell: | Unitra GSH-630 „Fryderyk“ |
|---|---|
| Produktkategorie: | Plattenspieler, Analoglaufwerk |
| Preis: | 2.999,00 € |
| Garantie/Gewährleistung: | 2 Jahre |
| Ausführungen | - Silber / Amerikanische Walnuss - Schwarz / Amerikanische Walnuss - Silber / schwarze Esche - Schwarz / schwarze Esche - Silber / helle Esche - Schwarz / helle Esche |
| Vertrieb: | HVH Dietmar Hölper, Ailertchen Tel: +49 02663/7347 www.dietmar-hoelper.de |
| Abmessungen (HBT): | 151,5* x 440 x 385,5 mm *mit Haube |
| Gewicht: | - Plattenspieler komplett: 12,3 kg - Teller: 2,38 kg - Filzmatte: 45 g |
| Prinzip: | - Direktantrieb - Radialtonarm - manuelle Bedienung |
| Geschwindigkeiten: | - 33⅓ UpM - 45 UpM |
| Gleichlaufschwankung (Wow & Flutter): | <0,09 % (Herstellerangabe) |
| Antriebssystem: | Unitra NB1 - Motor: bürstenloser Gleichstrommotor - Geschwindigkeitskontrollsystem: digitale Drehzahlregelung mit doppeltem Feedback (Magnetfeld-Sensoren und optischer Sensor) - Spindel: Edelstahl - Buchse: Bronze |
| Tonarm: | Unitra R-10 - 9'' - Werkstoff: Aluminium-Legierung - Rohr: Aluminium-Legierung, J-Form - Lager: Aufhängung beidaxig über NKS-Pivot-Lager - SME-Anschluss - effektive Länge: 228,22 mm - effektive Masse: 18,5-22 g - für Tonabnehmer von 3 bis 12 g - dreistufige Antiskating-Einstellung über ein Gegengewicht |
| Tonabnehmer: | Ortofon 2M Bronze |
| Ausgang: | 1 x Cinch |
| Leistungsaufnahme: | - Betrieb: 4,0 W (Herstellerangabe) - Standby: 0,42 W (Herstellerangabe) |
| Lieferumfang: | - Chassis incl. Motor, Tonarm, Haube (nicht abnehmbar) - Teller - Antiskating-Gewicht - Gegengewicht - Filzmatte - Netzkabel (2,4 m) - Staubschutzhaube - Phono-Kabel (1,5 m) - MM-Tonabnehmer Ortofon 2M Bronze - Einstellschablone - Bedienungsanleitung (Deutsch, Englisch, Französisch, Polnisch) - Garantiekarte (Englisch, Polnisch) Sicherheitsbroschüre (Deutsch, Englisch, Französisch, Polnisch) |
| Pros und Contras: | + entspannte Wiedergabe mit großer Ruhe und Gelassenheit + ausgezeichnete Durchhörbarkeit + hoher Detailreichtum + sehr gute Dynamik + tiefreichender, voluminöser und dabei definierter Bass + hervorragende Räumlichkeitsdarstellung + klassisches Retro-Design + sehr gute Verarbeitung + hochwertiges Echtholz-Furnier + hochwertiger Motor + wartungsfreier Antrieb + Direktantrieb mit hoher Laufruhe und sehr geringer Gleichlaufschwankung + hochstabile und exakte Drehzahl dank Digitalsteuerung mit doppeltem Sensorsystem + potentes Linear-Netzteil für störungsarmen, ruhigen Betrieb + ausgezeichneter Tonarm mit superber, leichtgängiger Präzisions-Lagerung + Tonarm vielfältig einstellbar (Azimuth, Antiskating, Auflagekraft (VTF), Tonarmhöhe (VTA) + Hauben-Scharnier in Gängigkeit einstellbar + leichter Headshell- und Systemwechsel dank SME-Anschluss + höhenverstellbare Füße + unkomplizierter Aufbau und Einrichtung + hochwertiges Phonokabel im Lieferumfang + ausgezeichnetes Abtastsystem im Lieferumfang - harte Tonarm-Halterung reibt am Rohr - Haube muss zum Entfernen abgeschraubt werden |
| Benotung: | |
| Klang (60%): | 93/95 |
| Praxis (20%): | 93/95 |
| Ausstattung (20%): | 93/95 |
| Gesamtnote: | 93/95 |
| Klasse: | Spitzenklasse |
| Preis/Leistung: | sehr gut |
| Getestet mit: | - Phono-Vorverstärker: Lehmannaudio Decade - Verstärker: Hegel H360 - Lautsprecher: Audio Physic Midex - Signalkabel: Audioquest Black Beauty RCA - Netzkabel: Audioquest Monsoon - Testplatten: Unitra Turntable Test Vinyl Record, Clearaudio Smart Test Vinyl |
















































