lite - DAS LIFESTYLE & TECHNIK MAGAZIN

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Redakteur
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Irgendwann ist es soweit: Als anspruchsvoller Vinylist sucht man eine Phonostufe, die das, was der eigene Plattenspieler liefert, würdig wandelt und verstärkt. Manchem reicht eine Standard-Stufe, doch wer mehr Komfort und Qualität sucht, kann schnell auf den Lehmannaudio Decade stoßen: Er eignet sich für MM- und MC-Systeme, ist mit Schaltern für Impedanz, Kapazität und Gain an verschiedenste Abtaster anpassbar, bietet einen Bassfilter gegen Trittschall und Rumpeln – und ist zur Optimierung der Klangperformance mit einem externen Netzteil ausgestattet. Was der Decade alles bewirkt, hören wir uns an.

Glanzvolles Duo: Der Lehmannaudio Decade besteht aus dem Audioteil (links) und dem Netzteil PXW II (rechts).

Decade? Das klingt nach Jubiläumswerk – und ja: Norbert Lehmann hat diesen Phono-Vorverstärker zum zehnjährigen Bestehen des Black Cube gebaut, quasi als Hommage an das Erfolgsmodell des rheinischen HiFi-/High End-Herstellers, dessen Phonostufen in unzähligen Klangketten dieser Welt spielen. Der Decade bildet seither im Lehmann-Portfolio die Brücke zwischen dem Spitzenmodell Silver Cube und der Einstiegs-Serie Black Cube. An die war der Jubiläumsverstärker mit seiner Benennung als „Black Cube Decade“ ursprünglich auch angelehnt. Der Name ist aber längst zum griffigeren „Decade“ verkürzt. Das passt, denn dieser Phono-Amp hat mittlerweile wenig mit den Modellen der Schwarzwürfel-Reihe gemein. Optisch orientiert sich der Decade an den Lehmannschen Kopfhörerverstärken: Der langgezogene schwarzen Quader-Korpus aus stabilem Metallblech misst 5 mal 11 mal 28 Zentimeter und mündet in eine fünf Millimeter dicke Front aus Aluminium. Sie ist wahlweise in Schwarz oder Silber zu haben, gegen Aufpreis mittlerweile auch in noch edler ausehendem Chrom – und in dieser Variante verströmen unsere beiden Testmodelle ihren noblen Glanz. Zwei Testmodelle? Ja, denn der Decade besteht aus einem Audioteil und einem separaten Netzteil, die optisch perfekt harmonieren. Widmen wir uns erst mal dem Verstärker.

Typisches Design: Das Gros der Lehmannaudio-Komponenten erkennt man an dem langgestreckten, soliden und in schwarz gehaltenen Metallblech-Gehäuse und der massive Frontplatte.

Klasse-Klang Dank Class A-Betrieb

Unter der Haube des Audioteils steckt eine schön sauber und symmetrisch aufgebaute Platine. Die Signale für den linken und den rechten Kanal werden also diskret und komplett getrennt bearbeitet. Daran arbeiten mehrere Verstärkerstufen mit finalem Puffer-Amp im Class A-Betrieb. Diese Schaltungs-Art gilt als das Non plus ultra, wenn es um die Linearität der Amplifikation geht: Class A-Verstärker verrichten ihr Werk überaus sauber und verzerrungsarm. Die Schaltung hat aber zwei Nachteile: Prinzipbedingt ist nur eine moderate Verstärkung möglich, und ein Gutteil der investierten Energie wird in Wärme umgesetzt, nur ein geringerer Teil kommt der Signalverstärkung zugute. Man spricht deshalb von einem geringen Wirkungsgrad. Der ist für die niedrige Leistung, die eine Phonostufe bieten muss, aber überhaupt nicht wichtig. Hier zählt allein die audiophile Reinheit – und dafür bürgt die Class A-Schaltung. Zwischen den beiden Verstärkerstufen sitzt ein passives RIAA-Entzerrungsnetzwerk. Es sorgt dafür, dass das Signal, das von der Platte kommt, wieder seine ursprüngliche Form erlangt. Die in der Rille sitzende Musik ist nämlich modifiziert: Hohe und tiefe Frequenzen werden mit unterschiedlich veränderten Auslenkungen eingraviert. Erst durch diese gewollte Verzerrung passt die Musik überhaupt in der uns bekannten Spieldauer auf die Platte. Die absichtsvolle Deformation des Signals geschieht mittels einer sogenannten Schneidekennlinie. Sie ist die Vorgabe für die Verformung, und nach dieser Vorgabe wird die Verformung später wieder rückgängig gemacht. Genau dies erledigt der Entzerrer. Er arbeitet nach dem gängigen Schneidekennlinien-Standard der Recording Industry Association of America, kurz: RIAA. Dieses Entzerrungs-Netzwerk im Decade hat Lehmannaudio mit hochwertigsten Präzisions-Kondensatoren realisiert und setzt damit das Qualitätsniveau der Verstärkerschaltung fort.

Die massive Stirnseite ist, wie hier zu sehen, in Chrom gehalten, alternativ gibt es den Decade aber auch mit eloxierter und gebürsteter Aluminium-Front in Silber oder Schwarz.

Variabel und anpassungsfähig für MM oder MC

Der Decade eignet sich für die beiden gängigen Abtastsysteme, mit denen Plattenspieler bestückt werden: Moving Magnet (MM) und Moving Coil (MC). Die Auswahl nimmt man mit dem rechten Kippschalter auf der Front des Decade vor. Nun geht es an die Verfeinerung. Auch beim gleichen Abtastsystem-Typ erfordern verschiedene Modelle unterschiedliche Voraussetzungen, damit sie optimal arbeiten. Die kann der Dekade bieten: Auf seiner Unterseite finden wir dafür zwei Mäuseklaviere. Diese offiziell als DIP-Schalter bezeichneten Bauteile erlauben schnell und einfach die Einstellung oder Veränderung der Grundkonfiguration. Beim Lehmannaudio Decade geschieht das über sechs Schiebeschalter für jeden Kanal, also für links und rechts. Mit den Schaltern kann man verschiedene Werte für den Widerstand und für die Kapazität einstellen. Dadurch harmoniert der Decade mit praktisch allen auf dem Markt befindlichen Systemen. Die jeweils benötigten Impedanz- und Kapazitätswerte geben die Hersteller der Abtastsysteme auf ihren Datenblättern oder der Produktverpackung an. Bei der Kapazität lassen sich acht Werte zwischen 47 Pikofarad (pF) und 1.367 Pikofarad einstellen. Das ist insbesondere für MM-Systeme relevant, weil sie empfindlich auf die Kapazität des verwendeten Anschlusskabels reagieren. Mithilfe der Mäuseklaviere erreicht man hier einen Ausgleich. Beim Abschlusswiderstand kann man zwischen 100 Ohm, 1 Kiloohm und 47 Kiloohm wählen. MM-Systeme arbeiten eigentlich immer mit dem Maximalwiderstand optimal, bei MC-Systemen sind hingegen auch ganz andere Werte möglich. Wie man welchen Impedanz- und Kapazitätswert einstellt, verrät die Bedienungsanleitung, wer gut im Kopfrechnen ist, kann die Einstellung aber auch gern mithilfe des bodenseitigen Aufklebers ermitteln: Er gibt an, welcher Schalter welchen Wert um welche Größenordnung verändert. Zu guter Letzt ist ein DIP-Schalter des Decade für eine Wahlimpedanz freigehalten. Diesen gewünschte Wert erzielt man, indem man im Geräteinneren zwei Steckplätze mit einem RC-Bauteil bestückt. Klingt etwas kompliziert und ist auch eine Einstellung für Exoten, die man besser von einem Experten vornehmen lässt. Für diese Cracks liegt als Zubehör ein Inbusschlüssel zum Lösen der Gehäuseschrauben bei.

MM- und MC-Anpassung: Auf der Unterseite des Audioteils sind zwei blaue Mäuseklaviere eingelassen. Mit diesen DIP-Schaltern kann man die Kapazität und den Widerstand verändern. So erreicht man optimale Arbeitsbedingungen für das Abtastsystems des Plattenspielers.

Schalter für mehr Gain und weniger Rumpeln

Die Flexibilität des Decade setzt sich nun wieder auf der Front fort. Dient der rechte Schalter der Wahl zwischen MM- oder MC-Betrieb, womit sich die Verstärkung schon von 36 Dezibel auf 56 Dezibel steigert, so lässt sich mit dem mittleren „High Gain“-Schalter die Verstärkung dann sowohl für MM- als auch MC-Systeme nochmals um 10 Dezibel erhöhen. Das bietet sich an, wenn der nachfolgende Verstärker eingangsseitig doch etwas mehr Pegel verlangt. Das kann der Fall sein, wenn man mit dem Decade direkt eine Endstufe mit Lautstärkeregelungsmöglichkeit ansteuert. Nun zum linken Schalter: Mit ihm kann man das „Soft Bass Rolloff-Filter“ einschalten. Es senkt die ganz tiefen Frequenzen unter 50 Hertz ab. Früher nannte man das „Rumpelfilter“, weil damit den mechanischen Geräusche des Plattenspielers begegnet wurde – allerdings mit sehr stark eingreifendem Filter. Heutige Vinyldreher sind zumeist so gut gebaut, dass das Filter eher gegen Trittschall hilft, also störende Schwingungen, die über den Boden und das Regal zum Plattenspieler gelangen, oder gegen verwellte Schallplatten, die durch ihre Deformation zuviel tieffrequente Energie liefern. Da lohnt es sich, zum Schutz der Lautsprecher und zur Schonung der Ohren das Filter zu aktivieren. Der Gewinn an Ruhe übersteigt nämlich deutlich den Verlust im Frequenzgang, denn mit sechs Dezibel pro Oktave ist die Filterwirkung des Decade moderat. Wer weder mit Trittschall noch mit welligen Platten Probleme hat, lässt diesen Schalter zugunsten einer unbeschränkten Wiedergabe in der „Aus“-Position. Damit man einen schnellen Überblick hat, welche Funktion des Decade aktiviert ist, wird jeder der drei Schalter von einer kleinen LED flankiert. Ihr blaues Leuchten informiert uns, dass der MC-Modus, der „High Gain“-Boost und/oder das „Soft Bass Rolloff-Filter“ ihren Dienst tun. Eine vierte blaue LED, die links außen auf der Front sitzt, zeigt uns schließlich an, dass der Decade überhaupt im Betrieb ist. Soweit die Vorderseite.

Flexibel: Der Decade erlaubt die Wahl zwischen MC und MM und ermöglicht sowohl eine Pegelanpassung als auch die Aktivierung eines Tiefton-Filters, um unerwünschte niederfrequente Störgeräusche abzufdämpfen.

Amtliche Anschlüsse mit Erdungsklemme

Auf seiner Rückseite bietet uns der Decade vier hochwertige vergoldete Cinch-Buchsen. Die Anschlüsse erscheinen erst mal unbeschriftet. Welche Buchsen die Eingangs- und Ausgangssektion darstellen, verrät die Bedienungsanleitung, aber auch ein Paar Aufkleber auf der Gehäuseunterseite. Dem entnehmen wir: Die Buchsen sind nicht nach Eingang und Ausgang gruppiert, sondern nach Kanal. So sitzen also auf der einen Seite der Ein- und Ausgang für den linken Kanal und auf der anderen Seite der Ein- und Ausgang für den rechten Kanal. Das alles könnte gerne direkt an den Buchsen selbst stehen, um eine Fehlbedienung zu vermeiden. Zwar sind die Buchsen durch dezente rote und schwarze Ringe gekennzeichnet, doch die Erdungspolklemme über dem rechten Kanal verleitet dazu, diese drei Anschlüsse als Eingangssektion misszudeuten. A propos Erdungsklemme: Sie ist für einen guten Phono-Amp schlicht Pflicht. Hier schließt man die Erdungsleitung des Plattenspielers an – sofern der Vinyldreher über eine solche verfügt. Mit der Erdungsleitung erreicht man einen Massepotenzial-Ausgleich zwischen dem Tonabnehmersystem des Plattenspielers und dem Verstärker. So werden die lästigen Brummgeräusche unterbunden. Der Decade ist hier mit einer guten und griffigen Klemme ausgestattet. Sie ermöglicht den Anschluss eines Kabelschuhs, eines Banana-Steckers sowie durch die kleine Bohrung die Einführung von feinem Draht oder Litze. Eine dicke Leitung ist hier eh nicht nötig. Der letzte Anschluss auf der Rückseite ist die mittig platzierte, vierpolige XLR-Buchse, sie dient der Verbindung des gesamten Phono-Vorverstärkers mit dem zugehörigen Netzteil.

Das Audio-Teil ist mit ausgezeichneten Buchsen bestückt. Sie sind kanalweise angeordnet: Links sitzen die Ein- und Ausgänge des linken Stereo-Kanals, rechts, wo auch die schwarze Schraubklemme für die Erdung platziert ist, finden wir die Ein- und Ausgänge des rechten Stereo-Kanals. In der Mitte ist die vierpolige XLR-Buchse zum Anschluss des Netzteils zu sehen.

Stark für zwei: Netzteil PXW II

Das Netzteil des Decade ist nämlich ausgelagert. Das ist gut so, denn das Audiosignal eines Plattenspielers ist schwach und dementsprechend anfällig für Störeinflüsse. Die kann insbesondere ein Netzteil liefern – in Form elektromagnetischer Strahlung. Eine gut abgeschirmte externe Stromversorgung hilft deshalb, den Einfluss auf das Audiosignal, aber auch auf die Elektronik des Decade zu vermeiden. Mit 1,6 Kilogramm wiegt das PWX II Netzteil fast doppelt so viel wie das Audioteil – und ein Gros des Gewichts geht dabei auf das Konto des Ringkerntransformators. Der bis zu 30 Voltampere liefernde Trafo ist das Herzstück der Stromversorgung und bildet zusammen mit etlichen Glättungskondensatoren ein Kraftwerk, das stark für zwei ist: Es treibt den Decade an, kann darüber hinaus aber auch eine zweite Komponente bestromen. Keine Ahnung, wer noch einen weitere Phonostufe braucht, aber an diese Versorgung lässt sich zusätzlich noch ein Black Cube, Black Cube SE, Black Cube SE II aus dem Hause Lehmannaudio anschließen. Sämtliche angestöpselten Vorverstärker profitieren davon, dass das PXW II neben dem Job einer stabilen Stromversorgung auch die Aufgabe eines Filternetzteils übernimmt, das Gleichtaktstörungen fernhält, welche von anderen elektrischen Geräten über das Stromnetz eingeschleust werden. Die Verbindung zwischen Netzteil und Audioteil geschieht über ein abgeschirmtes Kabel. Mit zwei Metern Länge bietet es die Möglichkeit, beiden Komponenten flexibel und in deutlicher Entfernung voneinander aufstellen zu können.

Das Netzteil PXW II ist für den Decade entwickelt und passt deshalb auch optisch perfekt zu dem Audioteil.

Aufstellen und Einspielen im Takt der LP

Hier sollten wir direkt den gerade erweckten Eindruck korrigieren, dass zwischen Audio- und Netzteil unbedingt eine große Distanz herrschen muss. Wir haben bei der Integration des Decade in unsere Klangkette die beiden Komponenten direkt nebeneinander gestellt, dann im Leerlauf, also ohne dass Musik spielt, beim nachgeschalteten Verstärker das Volumenpoti weit aufgerissen – da brummt gar nichts. Das ändert sich erst, wenn wir die Decade-Geräte aufeinanderstapeln. Nun sind leichte Brummgeräusche zu hören. Also: nebeneinander aufstellen. So thronen das Audio- und das Netzteil jeweils auf vier mittelharten Gummifüßen über der Standfläche. Die Füße absorbieren bis zu einem gewissen Grad Vibrationen, die entweder vom Gerät selbst erzeugt werden oder über den Untergrund hereingetragen werden. Beides hat negativen Einfluss auf die empfindliche Elektronik, darum ist jegliche Vibrationsableitung von Vorteil. Zur Wärmeableitung sollte der Decade rundherum ein paar Zentimeter Raum haben. Zum Abschluss der Vorbereitung sollte man dem Decade gerne reichlich Zeit zum Einspielen geben, er dankt es mit einer deutlich runderen Wiedergabe. Wir haben uns dafür einen Wecker gestellt, der alle 20 Minuten piept – also nach Ablauf einer Schallplattenseite. Rein in den Hörraum, Platte wieder von vorne starten, raus aus dem Hörraum, zurück zum Schreibtisch und bis zum nächsten Piepen weiterarbeiten. Bald ist die gesamte Redaktion auf diesen Zyklus und Tages-Taktgeber getrimmt, alles ruft: „Platte!“

Der Lehmannaudio Decade in der Praxis

Das lange Einspielen samt Kollegen-Konditionierung hat sich gelohnt: War der Klang des Decade direkt aus dem Karton heraus erst mal ein wenig unfertig, so ist es mit zunehmender Signalfütterungsdauer immer besser geworden – und schließlich kann der Decade sein Exzellenz unter Beweis stellen. Das gelingt am eindrucksvollsten mit höchstwertigen Spielpartnern, worauf wir später eingehen, funktioniert aber auch mit preiswerteren Vinydrehern und Verstärkern, weil der Decade den meisten verstärkerinternen Phono-Vorstufen überlegen ist und auch Einsteiger-Plattenspieler vom Decade profitiert. Wir haben es mit dem Elac Miracord 50 und dem Pioneer A-40AE ausprobiert. Als Schallwandler dienen die Inklang 13.2 AdvancedLine in der F.A.Z.-Edition. Auf den Teller kommt ein Klassiker von Pink Floyd, das Konzeptalbum „Animals“. Die Platte beginnt mit dem von Roger Waters gesungenen und auf der Akustikgitarre begleiteten Intro „Pigs on the Wing“, darauf folgt der opulente 17-Minüter „Dogs“, in dem Pink Floyd gewohnt episch, aber ungewohnt hart ihre Klang- und Atmosphären-Magie ausbreiten. Der Elac und der Pioneer stellen das musikalische Geschehen sehr ordentlich in den Hörraum, doch schon mit dem Wechsel vom internen Phono-Verstärker zum Lehmannaudio Decade, den wir nun am Pioneer an einen Line-Eingang anschließen, erleben wir eine fulminante Verbesserung: Gesang und Akustikgitarre klingen deutlich natürlicher, mit dem Einsetzen der gesamten Band tritt Waters, der zuvor im dichten Klangbad unterzugehen drohte, deutlich in den Vordergrund. Klang das Quartett bis dato wie auf engem Raum zusammengepfercht, so hat die Band nun eine gute Tiefenstaffelung. Der Klang hat auch deutlich an Definition gewonnen, dadurch gewinnt insbesondere das Schlagzeug, gerade wenn Nick Mason die Toms verwendet, die zuvor schwammig klangen. Schon in dieser Konstellation bietet der Decade also einen derartigen Zugewinn an Musikspaß, dass man die Phonostufe gar nicht mehr aus der Klangkette herausnehmen mag.

Audio- und Netzteil können Dank der guten Abschirmung der Komponenten relativ nah beieinanderstehen, ohne dass ein Brummen entsteht. Dank des zwei Meter langen Verbindungskabels kann man sie aber auch weiter voneinander entfernt platzieren.

Dramatische Steigerung

Nun wechseln wir die Quelle: Als Plattenspieler fungiert jetzt der edle Electrocompaniet ECG 1 in der „25 Jahre MRV“-Edition. Er ist mit dem Gold Note Machiavelli Red bestückt, einem MC-System, das mit der MM-typischen Impedanz von 47 Kiloohm betrieben werden soll und angeblich problemlos an jedem MM-Eingang funktioniert. Das probieren wir zuerst mit dem Pioneer-Phono-Amp, dann mit dem Lehmannaudio Decade. Mit dem ECG 1 als Zuspieler aus der höchsten Liga gewinnt die Darstellung per se dramatisch an Qualität, doch zudem sind nun auch die Unterschiede der Phonostufen noch offensichtlicher: Der Decade erweist sich in allen Disziplinen als drückend überlegen. Was für ein Zugewinn an Dynamik, an Räumlichkeit, an Tiefe und Plastizität der Darstellung! Das sind samt und sonders Punkte, die für die Wirkmacht der Musik Pink Floyds immens wichtig sind, von der aber natürlich jegliche Audio-Wiedergabe lebt. So packt uns die Musik einfach mehr: Der Gesang von David Gilmour und Waters Roger Waters ist vorher ein wenig an uns vorbeigeplätschert, mit dem Decade hören wir ihrer Kritik an der Gesellschaft aufmerksam und berührt zu, spüren in ihren rauen Stimmen die Anklage, die Verächtlichkeit. Auch Gilmours Gitarrenspiel, gerade seine Soli, sind bei aller Kernigkeit und Härte auf diesem Album nun runder im Klang, sie lassen die Harschheit hinter sich und erfahren eine bessere Einbettung in den gesamten Bandkontext. So ist es stimmig. Manche Effekte erschließen sich auch erst jetzt so richtig – etwa die erst sehr trockene und präsente, dann aber immer stärker verhallte und nach hinten rückende Bassdrum im ruhigen Zwischenteil. Solche Wahrnehmungszugewinne steigern das Musikerlebnis ungemein. Dazu sorgt der Decade für eine wohltuende Stabilität im Klangbild, für eine Ruhe in der Wiedergabe, die zum Musikgenuss noch die Entspanntheit liefert. Die Wiedergabe hat schlicht an Selbstverständlichkeit gewonnen.

Die halbharten Gummifüße sorgen sowohl beim Audioteil als auch beim Netzteil für sicheren Stand und lassen beide Komponenten scheinbar schweben.

Volle Entfaltung

Zum Finale gibt’s den fälligen Verstärkerwechsel: Der Decade bekommt als Amplifikationskollegen den High End-Röhrenverstärker Audio Research GSi75. Was nun sofort auffällt: Der Decade arbeitet ungemein rauscharm. Selbst bei sehr hohen Pegeln – und die bringt der GSi75 – ist von der Lehmannschen Phono-Vorstufe fast kein Mucks zu hören. Auch dadurch macht sich der saubere, durchdachte Aufbau und die erstklassige Bauteilqualität bemerkbar. Und abermals erleben wir eine deutliche Steigerung der Klangkultur – aber es kommt noch besser: Wir haben schon zuvor durchaus mal zwischen MM und MC umgeschaltet, aber nach Angleichen der Lautstärkeverhältnisse erschien der Unterschied nicht signifikant. Im Zusammenspiel mit dem Audio Research sieht das ganz anders aus: Was für ein Unterschied! Nach dem Umschalten auf MC und dem Nivellieren der Pegel erleben wir ein deutlich frischeres Klangbild, die Abbildung hat abermals an Offenheit gewonnen, an Volumen, an Bass, aber insgesamt auch an Griffigkeit: Die Snare besitzt nun Punch und Attack, die Gitarre im Anschlag genau jene Perkussivität, die das Spiel von Gilmour zum Genuss macht. Der Lehmannaudio Decade gibt dem Gold Note Machiavelli Red die Möglichkeit, das beste aus der Rille zu holen und zeigt, dass es sicher als MM-System erstklassig funktioniert, aber erst im MC-Betrieb zur vollen Entfaltung kommt. Die Veränderung der Kapazitätseinstellung bringt dann hingegen keine Verbesserung, mit der Grundeinstellung von 47 Pikofarad ist hier offenbar das Optimum erreicht. So zeigt der Decade, welchen Detailreichtum er abbilden kann – auch bei vermeintlichen Kleinigkeiten. Bereits die Klangveränderung durch die Entfernung der HMS Silzenzio Base MKII, die bis dato unter dem Plattenspieler stand und durchaus Anteil an der Klangentspannung und -abrundung hat, führt der Decade gnadenlos vor Ohren. Doch eigentlich haben wir die Base entfernt, um ohne diesen Beruhiger das Bassfilter des Decade ausprobieren zu können. Das Filter erledigt seinen Dienst nun effizient, aber unauffällig: Unsere sanften Stöße an das Rack, in dem die gesamte Klangkette untergebracht ist, mildert der Decade deutlich ab, ohne zu stark in das musikalische Geschehen einzugreifen. Ohne Filter ist es aber am Schönsten: Der Decade macht soviel Lust auf das Musikhören, dass dieser Test deutlich länger als beabsichtigt geworden ist.

Der Lehmann Decade im Test: Wir haben ihn mit verschiedensten Mitspielern getestet, hier mit dem Plattenspieler Electrocompaniet ECG 1 in der „25 Jahre MRV“-Edition, zu der die HMS Silzenzio Base MKII gehört, und dem Verstärker Pioneer A-40AE. Der Schallwandler war stets die Inklang 13.2 AdvancedLine in der F.A.Z.-Edition.

Fazit

Der Lehmannaudio Decade ist schlicht und einfach Spitzenklasse: Diese Phonostufe paart hervorragenden Klang mit großer Flexibilität. Für den Klang sorgen beste Bauteile, ein durchdachter Verstärkeraufbau mit audiophiler Class A-Schaltung sowie die Auslagerung der Stromversorgung in Form eines kraftvollen und aufwändig konzipierten Netzteils. Für die Flexibilität sorgen die Wahlmöglichkeit zwischen MM- und MC-Betrieb und die Anpassungsfähigkeit an verschiedenste Abtastsysteme durch Veränderung der Impedanz, der Kapazität und des Gain. Hinzu kommt ein Tiefton-Filter, der unerwünschte Bässe wie den Trittschall abdämpft. Seine klanglichen Meriten beweist der Decade schon in Kombination mit preiswerten Komponenten, mit Spielpartnern der höchsten Ligen kann er seine Qualitäten voll entfalten und führt vor Ohren, was die Nadel aus der Rille holt. Mit einem ausgezeichneten Abtaster führt das zu einer stimmigen und entspannten Wiedergabe, die mit großem Detailreichtum, Transparenz und Räumlichkeit glänzt. Damit erweist sich der Decade als Klang-Gourmet für MM und MC.

Test & Text: Volker Frech
Fotos: Philipp Thielen

Gesamtnote: 93/95
Klasse: Spitzenklasse
Preis/Leistung: sehr gut

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190312.Lehmannaudio-Testsiegela

Technische Daten

Modell:Lehmannaudio
Decade
Gerätekategorie:Phono-Vorverstärker
Preise:ab 1.699,00 Euro
Ausführungen:- Korpus: Schwarz:
- Front: Aluminium schwarz oder silber (eloxiert und gebürstet) oder Chrom (Aufpreis: 200 Euro)
Vertrieb:Lehmannaudio, Köln
Tel.: +49 221 29493320
www.lehmannaudio.com
Abmessungen (HBT):- Audioteil: 50 mm x 110 mm x 280 mm
- Netzteil: 50 mm x 110 mm x 280 mm
Gewicht:- Audioteil: 0,88 kg
- Netzteil: 1,58 kg
Eingänge:- Audioteil: 1 x Line unsymmetrisch (Cinch)
1 x Stromversorgung (XLR)
Ausgänge:- Audioteil: 1 x Line unsymmetrisch (Cinch)
- Netzteil: 2 x Stromversorgung (XLR)
Verstärkung 1 kHz:- MM: 46 dB
- MC: 66 dB
Max. Eingangspegel 1 kHz:- MM: 45 mV
- MC: 4,5 mV
Rauschabstand (effektiv unbewertet)- MM: 78 dB
- MC: 69 dB
Kanaltrennung:> 80 dB bei 10 kHz
Eingangsimpedanz:47 kOhm, 1 kOhm, 100 Ohm, 1 x Wahlimpedanz
Ausgangsimpedanz:5 Ohm
Eingangskapazität:47 pF bis 1.370 pF
Kanalungleichheit:
typ. max. 0,5 dB
Bassfilter:50 Hz, 6 dB/Oktave
Lieferumfang:- Lehmannaudio Decade (Audioteil + Netzteil PWX II)
- XLR-Verbindungskabel zwischen Netzteil und Audioteil (2 m)
- Netzkabel
- Inbusschlüssel
- Bedienungsanleitung
- Garantieschein
Pros und Contras:+ hervorragende Klangqualität
+ für MM und MC geeignet
+ Impedanz und Kapazität einstellbar
+ Bassfilter gegen Trittschall/tieffrequente Schwingungen
+ Schalter zur Erhöhung des Ausgangspegels um 10 dB
+ externes Netzteil

- Anordnung der Ein- und Ausgänge birgt Verwechslungsgefahr
Benotung:
Klang (60%):93/95
Praxis (20%):92/95
Ausstattung (20%): 95/95
Gesamtnote:93/95
Klasse:Spitzenklasse
Preis/Leistung:sehr gut
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