Home » Tests » Bowers & Wilkins Pi8 – Ein neuer Anwärter auf die Krone der In-Ears
15. September 2024von Dominik Schirach
Die britischen Audio-Experten von Bowers & Wilkins legen mit dem Pi8 ein neues Topmodell des True Wireless In-Ear Kopfhörer-Portfolios vor. Die 8er sehen cool aus und auch in Sachen Technik, Performance und Klang will man nochmals zugelegt haben. Ob das wirklich so ist und was es hier noch so an Besonderheiten gibt, zeigt unser Test.
Bei britischen Produkten liegen royale Assoziationen natürlich immer nahe und auch in diesem Fall sind sie absolut berechtigt. Denn B&W, wie sich die Audio-Schmiede Bowers & Wilkins auch gern abkürzen lässt, legen mit dem Testkandidaten einen klanglich wahrhaft königlichen Ohrhörer vor. Soviel will ich schonmal vorweg greifen. Die auffälligsten Neuerungen dürften zum einen das Design der Oberfläche sein. Diese ist nun glatt und verzichtet auf den zylindrischen Aufsatz an der Außenseite. Trotz gleichbleibend niedrigem Gewicht und minimalen Dimensionen konnte man einen größeren Treiber unterbringen, was in Sachen Klang die Messlatte wiedermal ein weiteres Stück nach oben befördern dürfte. Ebenfalls überarbeitet wurde das Design des Ladecases. Dies ist von den Dimensionen her zwar nur unwesentlich kleiner als das der Pi7 S2, besitzt nun allerdings rundherum abgerundete Kanten und ein fließenderes Design. Dadurch lässt es sich bequemer in Jackentasche und Co verstauen.
User-Experience
Machen wir uns nichts vor. Eine positive Erfahrung beginnt beim Auspacken. Ein hochwertiges Produkt muss auch in einer Verpackung daher kommen, die diese Wertigkeit widerspiegelt. Dabei aber, ganz zeitgemäß, mit einem Minimaleinsatz an Materialien auskommt, die dann auch recycelbar sein müssen. Und hier macht B&W alles richtig. Sämtliche Komponenten der Verpackung sind aus Papier und Pappe. Der Pi8 steckt in einer stabilen Schachtel, welche von einem geprägten Pappschuber umhüllt ist. Beim öffnen der Schachtel finden wir direkt das Case mit den Earbuds vor – das wichtigste zuerst. In der Ebene darunter finden sich die zwei Kabel und ein Briefchen mit den Eartips in verschiedenen Größen. Den Papierkram in Form einer Schnellstart-Anleitung und der gesetzlich vorgeschriebenen Garantiebestimmungen sind ganz unten. Schritt eins der Anleitung empfiehlt den Download der Bower & Wilkins App. Einen QR-Code-Scan später, steht die App im jeweiligen Store zum Download auf das Smartphone bereit.
Die Bowers & Wilkins-App
Innerhalb weniger Sekunden ist die App bereit. Die Anlage eines Benutzerkontos ist verpflichtend, aber außer eines Namens und Email-Adresse werden keine Infos benötigt. Die Einstellmöglichkeiten in der App sind überschaubar, bieten aber alles notwendige. Neben Status des Noise Canceling werden der Akkustand der Ohrhörer und des Ladecases angezeigt. Einige Musikdienste wie Tidal oder Qobuz, die hochauflösendes Audio anbieten, lassen sich ebenfalls direkt über die App connecten. Dank Multipoint können zwei Sender gleichzeitig mit den Pi8 verbunden und nahtlos zwischen diesen beiden gewechselt werden. Wenn zum Beispiel Tablet und Phone verbunden sind, kann man auf dem Tablet einen Film schauen, nahtlos für einen Anruf auf das Smartphone wechseln und im Anschluss weiterschauen. Ohne irgendwas neu koppeln zu müssen Irgendwann kann es dann vorkommen, dass man diverse Elektronik mit den Kopfhörern verbunden hat. All diese Geräte und welche aktuell verbunden sind, verrät uns die App ebenfalls. Praktisch.
Klanganpassung
Die App bietet einen Equalizer mit fünf Bändern und Reglern über zwölf Dezibel. Das lässt sehr individuelle Anpassungen zu und diese sind wirklich deutlich hörbar. Die jeweils letzte Einstellung des Equalizers merkt die App sich natürlich. Allerdings ist das Speichern verschiedener Einstellungen nicht möglich. Dann gibt noch den True Sound Modus. Dieser überschreibt die Einstellungen und soll eine ausgewogene Tonwiedergabe sicherstellen. Im Grunde handelt es sich dabei um die neutrale Position aller Regler im Equalizer. Daher besteht zumindest die Möglichkeit eine bevorzugte Klangeinstellung zum Beispiel für Sprachinhalte wie Podcasts mit leicht angehobenen mittleren Tiefen und gesenkten Höhen zu erstellen und zum Musikhören dann auf die True Sound-Einstellung zu wechseln. Wenn man den True-Sound ausstellt, wechselt der Equalizer wieder in die letzte manuelle Einstellung. Ehrlich gesagt nutze ich in der Regel nur eine Alternativ-Einstellung. Daher kann ich mit den Möglichkeiten die Bowers & Wilkins bietet sehr gut leben.
Königlicher Sound
Für den ersten Hörtest streame ich das jüngste Album von „Das Lumpenpack“. Die fröhliche Post-Pandemie-Hymne „Holy Shit“ hat nicht nur inhaltlich, sondern auch akustisch einiges zu bieten. Knackige Drums, ein fetter Bass und klare Vocals. Und ich bin ehrlich erstaunt welch voller, räumlicher Sound da aus den neuen Zwölf-Millimeter-Treibern kommt. Die einzelnen Elemente schießen nicht direkt ins Ohr. Stattdessen baut sich eine Klangbühne auf, die ich eher von OverEars erwarten würde. Die Drums füllen den Raum, der Bass umspielt diese tief und unverfälscht. Die Vocals platzieren sich vor dem Ganzen. Der Wechsel zu gefilterten Instrumenten im Pre-Chorus und das hintergründig einsetzende Gitarren-Ostinato sind deutlich zu hören. Die Transiententreue von Drums und Bass lädt zum Tanzen ein, das in der Bridge einsetzende Synth-Riff hebt sich deutlich von den Gitarren ab. Bowers & Wilkins sind absolut im Recht, wenn sie bei den kleinen Pi8 von „True Sound“ sprechen.
Bluetooth aktuell
Mit der Version 5.4 steckt die aktuellste Version der beliebten Drahtlos-Technik im Bowers & Wilkins Pi8. Wie bei jedem Update wurden die Effizienz und Reichweite verbessert, wodurch auch bei ähnlicher Akkugröße immer längere Laufzeiten erreicht werden. Außerdem sind die Datenraten weiter erhöht worden, wodurch Dropouts definitiv der Vergangenheit angehören. Auch die Reaktionszeiten, also ab Signaleingabe bis zur Umsetzung, der Wechsel zwischen den Geräten bei Multipoint und der Verbindungsaufbau gehen spürbar schneller vonstatten. In Sachen Bluetooth-Codecs wurde das bewährte aptX-Paket beibehalten und bietet bei entsprechenden Sendegeräten mit der Lossless-Variante auch eine Möglichkeit verlustfrei zu übertragen. Lediglich Apple-User schauen etwas in die Röhre, da die Kalifornier selbst beim iPhone 15 weiterhin auf das hauseigene AAC setzen. Wer kabellos hochauflösendes Audio genießen will, muss auf ein neueres Android-Smartphone oder einen DAP setzen. Aber auch mit der Kombi iPhone und Spotify finde ich den Sound wunderbar und mehr als alltagstauglich.
Sportlich unterwegs
Aber genug der technischen Details. Bevor die kalten Monate losgehen und man es gar nicht mehr vom Sofa schafft, ist es Zeit etwas in Schwung zu kommen. Also setze ich mir die Testkandidaten in die Ohren, wähle flotten Electro-Folk und laufe los. Positiv bemerke ich schon nach wenigen Schritten, dass kein Trittschall übertragen wird. Das ist ja vor allem bei In-Ears ein häufiges Phänomen. Für sportliche Aktivitäten bedeutet das in meinen Augen bereits die Disqualifikation. Die Pi8 aber machen keinen Lärm. Etwas Schweiß oder Regen können den Kopfhörern auch nichts anhaben. Eine Resistenz gemäß IP54 ist gegeben und sichert die In-Ears gegen sporadische Flüssigkeitsattacken und Staub. Das Noise Canceling macht ebenfalls einen sehr guten Job. Alles was dröhnt und brummt wird nahezu ausgeblendet – oder deutlich reduziert. In belebten Gegenden aktiviere ich den Pass-Through-Modus um zu hören, was um mich herum passiert, nur für den Fall, dass das ANC mal etwas zu gut funktioniert.
Cineastisch
Ein richtig praktisches Feature ist auch die Möglichkeit die Ohrhörer mittels beiliegendem USB-C-Klinkenkabel zu benutzen. Dabei fungiert das Ladecase als Sender und verbindet sich mit den Ohrhörern. Gedacht für Entertainment-Systeme in Flugzeug oder Bahn ist das natürlich auch eine tolle Möglichkeit die Pi8 an älteren Systemen zu nutzen, die aufgrund früherer Bluetooth-Versionen eine deutliche Latenz verursachen würden. Und das macht schon Spaß. Auf meinem deutlich betagten Tablet schaue ich während einer längeren Bahnfahrt mal wieder Jurassic Park. Erneut bin ich hin und weg vom räumlichen Sound und der klaren Auflösung der Bowers & Wilkins Pi8. Es ist, als würde zwischen den Treibern und meinen Gehörgängen noch ein Raum existieren in dem sich der Klang schön ausbreiten kann. Trotz des relativ kleinen Bildes wirkt eine Film-Szene, wie der Angriff des T-Rex, dann auch richtig groß. Und der Komfort kommt auch nicht zu kurz: Selbst nach zwei Stunden habe ich außerdem nicht das Bedürfnis, die EarBuds herauszunehmen.
Tragekomfort
Ehrlich gesagt war ich lange im Team Over-Ear, da ich die kleinen Ohr-Einsätze nicht besonders mochte und das Gewicht der In-Ears mir mit der Dauer zu sehr am Ohr zerrte. Mit gerade einmal sieben Gramm sind die Pi8 allerdings so leicht, dass man sie beim Tragen eigentlich nicht mehr merkt. Für den perfekten Sitz im Ohr liegen vier verschiedene Aufsätze bei. Hier lohnt sich das durchprobieren auf jeden Fall. Für meinen Einsatzszenario passt im linken Ohr der ab Werk aufgesteckte M-Aufsatz, im rechten sorgt der L-Aufsatz für guten Sitz. Die Buds werden vertikal ins Ohr gesteckt und dann, soweit es die Ohrform zulässt, nach hinten gedreht. Auch beim Laufen, Hüpfen und Headbangen bleiben die Pi8 an Ort und Stelle. Und sie sitzen eben auch auf Dauer richtig bequem. So kam es während des Tests vor, dass mich erst ein leerer Akku dazu bewegt hat, die Ohrhörer wieder einzupacken.
Fazit
Der Sound der B&W Pi8 gehört wahrscheinlich zum Besten was ich mit In-Ear-Kopfhörern bisher hören durfte. Auch was die Akkuleistung angeht, sind sie, mit bis zu sechseinhalb Stunden mit aktivem Noise Canceling, ziemlich weit vorn mit dabei. Mit den zusätzlichen 13 Stunden des Ladecase ist also ein ganzer Tag Musikhören ohne nachladen drin. Dank des exzellenten Tragekomforts nutzt man diese Zeit auch gerne vollends aus. Die App überzeugt mit einigen praktischen Funktionen. Wenn ich mir noch etwas wünschen dürfte, wäre das eine individuellere Anpassung der Gestensteuerung. Insgesamt bin ich hin und weg von Bowers & Wilkins neuem In-Ear-Referenzmodell, das ich jedem anspruchsvolleren Musikfreund nur wärmstens empfehlen kann.
Test & Text: Dominik Schirach
Fotos: Simone Maier
Klasse: Referenzklasse
Preis-/Leistung: sehr gut
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99 of 100
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Technische Daten
Modell: | Bowers & Wilkins Pi8 |
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Produktkategorie: | True Wireless In-Ear mit ANC |
Preis: | 399 Euro |
Garantie/ Gewährleistung: | 2 Jahre |
Ausführungen: | - Satin Black - Canvas White - Midnight Blue |
Vertrieb: | Sound United, Nettetal 02157 1373705 www.bowerswilkins.com |
Abmessungen Ladecase (H x B x T): | 52 x 65 x 29 mm |
Gewicht: | Ladecase: 46 g Earbuds: 7 g |
Akku-Laufzeit: | bis zu 6,5 Stunden (+ 13,5 Stunden per Case) |
Bluetooth: | - aptX Adaptive - aptX HD - aptX Classic - AAC - SBC |
Treiber: | 2 x 12 mm Carbon Cone |
Mikrofone: | 3 pro Earbud |
Spitzwasserschutz: | IP54 |
Anschlüsse: | - Kopfhörer: Bluetooth - Ladecase: USB-C, Bluetooth |
Lieferumfang: | 2 x Pi8 1 x Ladecase 4 x Ohrstöpsel (X-S / S/ M / L) 1 x USB-C Ladekabel 1 x Kabel USB-C/ 3,5 mm Klinke 1 x Quick Start Guide |
Pro & Contra: | + fantastischer, räumlicher Sound + sehr gutes Noise-Canceling + hoher Tragekomfort + lange Akkulaufzeit + kompaktes Ladecase + auch an Klinkenanschlüssen nutzbar - Gestensteuerung nur eingeschränkt individualisierbar |
Benotung: | |
Gesamtnote: | Editor's Choice |
Klasse: | Referenzklasse |
Preis-/Leistung | sehr gut |