Home » Heimkinopaket » Aktivboxen Advance Acoustic Air 55 – kompakt, kräftig, komfortabel
22. Juli 2016
von Volker Frech
RedakteurEnceintes amplifiées? Da konsultieren wir kurz den Online-Übersetzer – alles klar: Diese anschlussfreudigen Aktivlautsprecher kommen aus Frankreich, auch wenn der Hersteller Advance Acoustic und seine Box Air 55 eher eine angloamerikanische Herkunft vermuten lassen. Warum betreiben die glorreichen Gallier diese Camouflage?
Die Frage lässt sich mit der Firmenhistorie erklären: Advance Acoustic existieren als französischer HiFi-Hersteller seit 1995. Anfangs hat man sich auf Lautsprecher konzentriert, kurz nach der Jahrtausendwende kam die Unterhaltungselektronik hinzu, mittlerweile umfasst das Produktportfolio das gesamte HiFi- und Heimkino-Sortiment. Dabei setzen die Franzosen auf eine gute Balance von Qualität und Bezahlbarkeit – und mit dieser Mischung möchte Advance Acoustic seit geraumer Zeit auch international reüssieren und expandieren. Da kann ein global verständlicher Marken- und Produktname natürlich nur von Vorteil sein, insofern hat die Firma bei ihrer Gründung clever gehandelt. Aktuell hat Advance Acoustic eine Produktoffensive gestartet und ein umfangreiches Angebot neuer Modelle auf dem HiFi-Markt lanciert. Wir haben aus diesem Angebot schon den Verstärker X-i50BT getestet, nun hat uns die Aktivbox Air 55 gereizt. Auch diese kompakte Regal/Desktop-Box hat eine Historie: Sie ist der Nachfolger der gelungenen und gelobten Air 50. In der Neuauflage hat dieser Wandler allerdings eine Rundumerneuerung erfahren. Das beginnt schon beim Design: Besaß die Air 50 leicht vorstehende, hochglänzend lackierte Dach- und Bodenplatten, die das abnehmbare Schutzgitter quasi einrahmten, so beschränkt sich die aktuelle Version auf eine Überdachung in Klavierlack-Ausführung. Die früher leicht gerundeten Wangen besitzen nun eine klare Gradlinigkeit, statt des ehemals leicht rauen Struktur-Dekors ist die Folierung nun in Holz-Optik gehalten. All dies führt dazu, dass das die neue Air 55 klassischer und hochwertiger wirkt, gerade in unserer schwarzen Ausführung. Wer die Box in der alternativen Farbe Weiß haben will, sollte beachten, dass die Abdeckung auch in diesem Fall schwarz ist.
Air 55: Neu, anders, besser
Auch jenseits des Designs hat sich bei der Air Einiges getan. Die auffälligste Veränderung offenbart die Rückseite: Hatte die Masterbox (also jene Box, in der die Verstärkereinheit sitzt) früher ein herausragendes Kühlblech auf dem Rücken, so sind bei der Air 55 keine Metallrippen mehr sichtbar. Wie kann das sein? Hier deutet sich der größte technische Unterschied zum Vorgänger an: Kam bei der Air 50 noch ein Ringkerntrafo zum Einsatz, der das Gewicht der Masterbox deutlich mitbestimmt hat, so ist in der Air 55 nun ein Schaltnetzteil verbaut, das wesentlich kleiner und deutlich leichter ist. Dazu ist die dahinter arbeitende Schaltung in der Lage, die Stromversorgung für die Leistungstransitoren passgenauer zur Verfügung zu stellen. Insgesamt produziert die neue Schaltung viel weniger Verlustleistung und Wärme, deshalb kann die Air 55 auf das große Kühlblech verzichten. Dabei hat die Aktivbox in ihrer Leistungsfähigkeit sogar noch leicht zugelegt: Statt einstmals 50 Watt bringt die neue Air nun 55 Watt. Damit wäre auch dieser Teil des Produktnamens geklärt. Der Frequenzbereich, in dem die Box arbeitet, ist jetzt ebenfalls größer: War die Air 50 für eine Bandbreite von 55 Hz bis 20 kHz ausgelegt, so reicht das Spektrum nun von 45 Hz bis 22 kHz. Dies hat Advance Acoustic auch durch eine Neuabstimmung des Boxenvolumens erreicht. War die Air 50 noch mit zwei vorderseitigen Reflexrohröffnungen versehen, so hat die 55 nur eins, und das ist zudem höher positioniert nach hinten gerichtet. Außerdem arbeitet die 55 mit anderen Speakern. Die Größen der Membranen sind unverändert – nach wie vor kooperieren ein 25 Millimeter-Tweeter und ein 130 Millimeter- Mitteltieftöner – aber bei der 55 ist die Tweeter-Einfassung nun deutlich kleiner, und beim Mitteltieftöner kommt statt einer Konusmembran mit Staubschutzkalotte nun eine Inverskalotte zum Einsatz.
Anschlussvielfalt
Ein Blick auf die Rückseite zeigt sofort, dass die Air auch und gerade in punkto Anschlussvielfalt deutlich zugelegt hat. Hier bleiben kaum Wünsche offen: Ein analoger Line-Eingang in Cinch-Ausführung dient dem Anschluss von Audio-Komponenten wie dem CD-Player, ein Mini-Klinke-Eingang ermöglicht das Andocken eines Smartphones oder eines MP3-Players. Dazu kommt nun noch eine komplette digitale Eingangssektion, optisch als TOSLink und elektrisch als koaxialer Cinch-Eingang. Hier werden Digitalsignale bis 24 bit/192 kHz verarbeitet, die Air 55 spielt also High-Resolution-Files ab. Und nun das Sahnehäubchen. Die Air ist auch über eine Bluetooth-Schnittstelle anfunkbar und erlaubt damit das drahtlose Musikstreaming. Der Codec ist fit für die Standards aptX, AAC und A2DP, damit ist eine Datenübertragung in wirklich sehr ordentlicher Qualität möglich. Damit ist die neue Air im Prinzip eine moderne Kompaktanlage, der allein die Zuspieler fehlen – aber die haben die meisten ja schön längst im Haus.
Auch ausgangsseitig gibt es Neuigkeiten: Wer seine Air mit einem externen Bass-Lautsprecher betreiben möchte, schließt einen Subwoofer an den entsprechenden Ausgang an. Das entlastet den Tiefmitteltöner der Air 55 enorm. Einfach mal ausprobieren, dieses Satelliten-plus-Subwoofer-Prinzip hat sich auch schon bei passiven Kompaktboxen als eine ausgezeichnete Lösung bewährt. Dann sind da noch die Lautsprecherklemmen, sie sind der einzige Rückschritt bei der Air: Die Terminals der 55 sind sehr solide, die der 50 waren amtlich. Dafür hat Advance Acoustic einen Kritikpunkt der 50 ausgeräumt: Das fest montierte Netzkabel ist nun durch ein steckbares Netzkabel ersetzt worden – gut so, das macht den etwaigen Austausch wesentlich leichter, ein wichtiges Argument für Hasen- und Meerschweinbesitzer.
Es gibt aber auch Konstanten bei der Air: Nach wie vor hat dieser Aktivlautsprecher einen An/Aus-Schalter auf der Rückseite, auch das Volumenpoti ist erhalten geblieben – trotz des nun folgenden großen Komfortfortschritts, den die die neue Air zu bieten hat.
Regieren aus der Ferne
Das ganz große neue Plus der Air 55 ist neben der Anschlussvielfalt die Fernbedienung –und die ist, gerade mit Blick auf die Preisklasse der Box, erstklassig: Der aus gebürstetem Aluminium und Kunststoff gefertigte Befehlsgeber sieht wertig aus, fühlt sich gut an, liegt schön in der Hand – und vor allem: Die Bedienknöpfe sind logisch angeordnet und haben einen guten Druckpunkt. Das ist gut, denn die Fernbedienung ist unverzichtbar; nur über sie lassen sich die verschiedenen Eingänge anwählen und die Klangregelung einstellen. Das ist das dritte Plus der neuen Air: Höhen und Bässe sind nun regelbar. Wer sich nicht mehr sicher ist, ob er Bässe und Höhen verändert hat, drückt einfach den „Reset“-Knopf – und schon gehen die Air 55 in die lineare Einstellung inklusive moderater Lautstärke zurück – eine pfiffige Lösung! Über die Fernbedienung lässt sich die Aktivbox auch stummschalten und in den Standby-Betrieb versetzen. In diesen Modus geht die Box übrigens automatisch, wenn sie einige Minuten lang kein Eingangssignal bekommt. Wer im Bluetooth-Modus Musik vom Smartphone, iPhone oder Tablet genießt, kann über die Fernbedienung der Air auch diese Geräte steuern: Das Handy gehorcht prompt auf die Befehle Start, Pause und Titel-Skipping. Sehr überzeugend!
Klang: Ein Quantum Sound
Schon beim Einspielen ist schnell klar: Diese Kompakt-Box profitiert – wie eigentlich jeder Desktop-Monitor und Regallautsprecher – von einer akustischen Entkopplung. Die untergeklebten Standfüßchen aus kleinen, weichen Gummifüßchen zeitigen zwar eine leicht absorbierende Wirkung, hier sollte man aber unbedingt mit Spikes ausprobieren, wie weit man die Schwingung der Box von der Standfläche fernhalten kann. Der akustische Zugewinn ist immens: Die Entkopplung führt zu einer deutlich saubereren Basswiedergabe und zu einer insgesamt ausgewogeneren Wiedergabe. Solche Spikes gibt es zu erschwinglichen Preisen und auch in kleiner Ausführung, die der Boxengröße angemessen ist – man will ja schließlich kein Haus auf Stelzen bauen. Alternativ kann man natürlich auch die Bässe der Boxen per Fernbedienung reduzieren. Mit Spikes fällt das Ergebnis jedoch befriedigender aus.
Ohne mitschwingende Fläche vom Regal oder Schreibtisch kann die Air 55 ihre Qualitäten ausspielen. Wir haben sie zuerst an den Fernseher angeschlossen. Flat-Screens sind ja berüchtigt für ihren Flat-Sound, die nächste Anschaffung ist fast immer ein Paar Lautsprecher. Da kommen uns die Air 55 gerade recht, so macht der heimische Filmgenuss auch akustisch Spaß, insbesondere wenn es um Action geht, etwa bei dem James Bond-Film „Ein Quantum Trost“. Hier liefern die Boxen über den digitalen Eingang ein gehöriges Quantum Sound, und zwar direkt bei der einleitenden Verschrottung teurer Autos. Das rasante Verfolgungsduell zwischen Bond und seinen Widersachern endet mit zwei restlos zerstörten Alfa Romeos und Bonds stark lädiertem Aston Martin. Mit der Air 55 ist diese Materialschlacht auch akustisch eindrucksvoll: Die hörbare Materialverformung von schmirgelndem Metall und splitterndem Glas lässt einen völlig gebannt auf den Bildschirm starren. Zum Test haben wir kurz mal die Air 55 stummgeschaltet und die originalen Fernsehtröten aktiviert – was für ein Verlust! Hier geht es nicht nur um die Lautstärke, obwohl die Air 55 mit einem beachtlichen Pfund für satten Sound sorgen. Es geht auch um die räumliche Darstellung, die Verfolgungsfahrt findet mit dem Air 55 Paar auf einer wesentlich größeren Bühne statt, bei gleichem Bild hat man trotzdem den Eindruck, dass hier eine Dimension dazugewonnen wird. Dieser Eindruck verstärkt sich bei dem Mega-Kunstspektakel dieses Films, der monumentalen Aufführung von Giacomo Puccinis Oper „Tosca“ bei den Bregenzer Festspielen. Was für ein grandioses Spiel der Perspektiven – optisch und akustisch! Die gigantische Oper im Freien wird überlagert vom intimen Headset-Funkverkehr des im Theater sitzenden Verbrechernetzwerks. Das ist superb gemacht und wird von den Air 55 sehr schön wiedergegeben – vom Stadion-Sound bis zum Knopf-im-Ohr-Klang. Als nächstes schließen wir an die Air 55 unseren CD-Player an, schließlich sollen die Boxen ja auch ohne Bildunterstützung überzeugen können. Vom Bregenzer Freilufttheater geht es deshalb zum Chemnitzer Kraft Klub: „Mit K“, das Debüt des sächsischen Fünfers, ist ein erfrischendes Punkrock/Indie/Rap-Album mit knackiger Produktion. Die Air 55 holen raus, was drin steckt: „Eure Mädchen“ steht mit drahtigen Gitarren im Raum, die Drums klingen rund und voluminös. Bei mäßiger Lautstärke ist das Klangbild ausgewogen, bei höheren Pegeln wird aber klar: Die Boxen sollten mit Spikes entkoppelt werden, sonst wird der Bass … ja, das hatten wir schon, aber eigentlich kann man das nicht oft genug schreiben. Und wer es beherzigt, wird quer durch den Pop-/Rock-/Metal-Bereich mit einer richtig guten Wiedergabe belohnt, die Air 55 lassen sich bis zu einer sehr ordentlichen Lautstärke hochfahren, sie behalten den Punch, ohne im Klang unangenehm aggressiv zu werden und liefern ein rundes Klangbild – trotz ihrer kompakten Erscheinung.
Fazit
Die Air 55 ist nicht nur eine kompakte, sondern auch eine kräftige und komfortable Aktivbox. Mit ihren zahlreichen Eingängen und der vollkommenen Fernbedienbarkeit ist sie eigentlich schon eine Kompaktanlage, die durch ihren eingebauten DAC auch HiRes-Files abspielen kann und damit absolut zukunftstauglich ist. Für die gebotenen Features und den runden Klang darf man gerade mit Blick auf den Preis sagen: Chapeau!
Test & Text: Volker Frech
Fotos: www.lite-magazin.de, Herstellerbilder
Klasse: Mittelklasse
Preis-/Leistung: ausgezeichnet
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95 of 100

Technische Daten
Modell: | Advance Acoustic Air 55 |
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Produktkategorie: | Aktiv-Lautsprecher |
Preis: | 399,00 Euro/Paar (UVP) |
Ausführungen: | - Schwarz - Weiß |
Vertrieb: | quadral GmbH & Co. KG, Hannover Tel.: 0511 / 7 90 40 www.advance-acoustic.com |
Abmessungen (HBT): | - 285 x 170 x 225 mm (Master-Box) - 285 x 170 x 210 mm (Slave-Box) |
Gewicht: | - 4,3 kg (Master-Box) - 3,7 kg (Slave-Box) |
Bauart: | Zwei-Wege, Bassreflex |
Eingänge: | - 1 x audio analog Line-Level (Cinch) - 1 x audio analog (Klinke, 3,5 mm) - 1 x audio digital elektrisch (koaxial, Cinch, bis 24 bit/192 kHz) - 1 x audio digital optisch (TOSLink, bis bis 24 bit/192 kHz) - 1 x Bluetooth |
Ausgänge: | - 1 x Sub out (Cinch) - Lautsprecher |
Ausgangsleistung: | 2 x 55 W (8 Ohm) |
Frequenzgang: | 45 Hz - 22 kHz (Herstellerangabe) |
Lieferumfang: | - Air 55 (Master- und Slave-Box) - Boxenkabel - Netzkabel - Fernbedienung - Batterie (CR2025) - Bedienungsanleitung (Quick Start-Guide, Französisch/Englisch/Deutsch) |
Besonderes: | - interner DAC für HiRes-Files bis 24 bit/192 kHz - umfangreiche Eingangssektion - integriertes Bluetooth-Modul für kabellose Verbindung zum Quellgerät |
Benotung: | |
Klang (60%): | 1,1 |
Praxis (20%): | 1+ |
Ausstattung (20%): | 1,0 |
Gesamtnote: | 1,0 |
Klasse: | Mittelklasse |
Preis-/Leistung | ausgezeichnet |