Home » Tests » Spatial Europe MC Series No.2 – Mühelose Mächtigkeit
24. November 2024von Volker Frech
RedakteurRevision der Revision: Spatial Europe hat auch seine No.2 beim Komplett-Upgrade mit einem Koaxial-Chassis samt Kugelwellen-Horn ausgestattet, für den Bass gleich zwei 12-Zoll-Woofer eingesetzt und die neue Drei-Wege-Konzeption mit einer frischen seriellen Frequenzweiche audiophil abgestimmt. Genau diese Weiche hat eine abermalige Überarbeitung erfahren. So soll der Open Baffle-Lautsprecher neben seiner famosen Verfärbungsfreiheit und Räumlichkeit nun eine noch beeindruckendere Dynamik und Klangkraft bis runter in den Bass liefern. Das Ergebnis ist verblüffend …
Open Baffle-Lautsprecher sind immer wieder ein Faszinosum: Obwohl wir etwa mit der No.1, der No.3 oder der No.6 bereits mehrere Dipol-Modelle von Spatial Europe zu Gast hatten, ist auch die neue No.2 eine Attraktion in unserer Redaktion. Dies liegt einerseits am außergewöhnlichen Auftritt: Ein Lautsprecher, der ohne Gehäuse auskommt und allein mit einer Schallwand agiert, ist und bleibt eine Ausnahmeerscheinung. Zum anderen krönt ein überaus dekoratives Echtholz-Furnier das Design dieses Dipols: Die Schallwand der No.2 ist mit herrlich gemasertem Olivenholz veredelt und verströmt mit der markanten Struktur und Wärme des naturbelassenen, geölten Holzes eine aparte Wohnlichkeit und Hochwertigkeit. Einen kühl-modernen Kontrast und optischen Akzent bildet hierzu das Schwarz der sanft gefasten Kanten, der konischen Chassis-Ausschnitte und des Fußes. Er ragt durch die Stirnseite und ist so mit der Schallwand, mit der er bündig abschließt, verzapft. Der für Spatial Europe tätige hiesige Schreiner hat bei der Schallwand hervorragende Arbeit geleistet.
Luftiges „L“ in vielfachen Varianten
À propos hiesig: Die in Ingolstadt beheimatete Manufaktur Spatial Europe setzt aus Prinzip bei der Produktion auf lokale Kräfte. So sind neben dem Schreiner etwa auch ein ortsnaher Maschinenbauer oder ein Polsterer aus der Umgebung eingebunden. Die Manufaktur-Fertigung und das „Made in Bavaria“ ist dem Spatial Europe-Gründer Robert Andorf wichtig – auch als Beitrag zur Nachhaltigkeit, dem übrigens ebenso die kunststofffreie Transportverpackung Rechnung trägt. Die händische Herstellung erlaubt zudem eine Vielfalt der Ausführungen. So wird die No.2 in fünf weiteren edlen Furnieren von Nussbaum bis Roseneiche angeboten, ebenso ist eine Keramiklackierung in sämtlichen Tönen des RAL-Spektrums möglich. Die Chassis können außerdem mit einer Stoffabdeckungen versehen werden. Sie sind in einer Vielzahl an Farben realisierbar. Die Konstante bildet hierbei natürlich die grundlegende außergewöhnliche Erscheinung: Die No.2 präsentiert sich als luftiges „L“. Sie besteht als Open-Baffle-Lautsprecher aus einer bloßen Schallwand, in welche die Chassis eingesetzt sind, und einem Fuß zugunsten der Standhaftigkeit.
Die Schallwand hat’s in sich
Diese Standhaftigkeit wird durch die sanfte Neigung der Schallwand befördert. Sie verleiht der No.2 zudem optisch eine attraktive Dynamik. Diese Platte hat es nun im wahrsten Sinn des Wortes in sich. Sie besteht erst einmal aus zwei zusammengefügten MDF-Hälften, die eine variierende Stärke und Materialdichte aufweisen. Bereits diese willentliche Verschiedenheit reduziert unerwünschte Materialschwingungen. Das Vibrationsvermögen wird nun durch eingelassene Stahlplatten abermals vermindert. Die Stahlplatten erhöhen zugleich die Stabilität, denn über sie ist die Schallwand mit dem Metallfuß verschraubt. Durch diese Verschraubung kann wiederum ein definierter Anpressdruck erzeugt werden, der abermals die Vibrationsneigung mindert. Per Computersimulation wurden die schwingungsneuralgischen Punkte der Schallwandplatten ermittelt, sie werden durch genau berechnete innseitige Linien-Fräsungen und punktuelle Versteifungen egalisiert. Die Fixierung der Chassis ist ebenfalls vibrationsoptimiert: Die Schrauben haben weder mit der Schallwand noch mit den Chassis-Körben direkten Kontakt, weil sie durch absorbierende Nylon-Dübel und -Unterlegscheiben quasi entkoppelt sind.
Freiheit vom klangverfälschenden Korpus
All dies vergrößert den Vorteil, den das Open-Baffle-Prinzip gegenüber konventionellen Lautsprechern hat: Es gibt kein Dröhnen, keine Klangverfälschung und keine Verunklarung durch ein vibrierendes und wie ein Resonanzkörper agierendes Gehäuse. Ebenso schwingen die Chassis frei von jenen Kompressionseffekten, die eine geschlossene Box durch den Luftwiderstand des Korpusvolumens erzeugt. Das Weglassen eines Gehäuses bewirkt nun aber nicht den erwartenden kompletten akustische Kurzschluss: Bei diesem würden sich, wenn die Lautsprechermembranen vor- und zurückschwingen, der dadurch entstehende Druckunterschied vor und hinter den Chassis sofort ausgleichen. Dann wäre kein Ton hörbar. Dieser Effekt tritt praktisch nur an den Schallwandseiten auf – und er betrifft nur tiefere Töne mit größeren Wellenlängen. Bei höheren und damit kurzwelligeren Frequenzen verhindert die Schallwand den Druckausgleich. Für diese Barriere-Funktion muss sie aber schon eine gewisse Ausdehnung aufweisen. So misst die knapp acht Zentimeter dicke Schallwand der No.2 40 Zentimeter in der Horizontalen und 105 Zentimeter in der Vertikalen.
Amtlicher Bass dank Doppel-Woofer und Dipol-Abstrahlung
Die Schallwand-Dimensionierung ist aber ebenso der Woofer-Bestückung geschuldet: Damit die No.2 trotz offener Schallwand auch einen amtlichen Bass liefert, agiert sie mit zwei Zwölf-Zoll-Tieftönern. Die große resultierende Membranfläche ist ein Faktor für einen satten Tiefton. Der zweite Faktor ist die Auslenkfähigkeit. Spatial Europe setzt deshalb auf Chassis der Profi-Beschallungstechnik, die diese Hubkraft bieten und pegelfest sind. Zur mechanischen Stabilität tragen die Riffel-Struktur ihrer Papiermembranen und die relativ steifen, mehrfach gefalteten Gewebe-Sicken bei. Die leichtgewichtige Membran und die straffe Einfassung ermöglichen zugleich ein impulstreu-flottes Schwingen der beiden Woofer. Für den substantiellen Bass eines Open Baffle-Lautsprechers sorgt aber maßgeblich noch ein dritter Faktor: Als Dipol strahlt die No.2 nach vorne und nach hinten ab, für den Bass sind deshalb auch die rückseitig abgestrahlten Schallanteile nutzbar, welche durch Reflexionen der Zimmerwände zum Hörplatz gelangen. Bei richtiger Aufstellung findet hier dann eine Basston-Addition statt. So spielt die No.2 runter bis zu staunenswerten 37 Hertz.
Koax mit Kugelwellenhorn für akkurate Mitten und homogene Höhen
Nach oben hin übernimmt dann ab 120 Hertz ein koaxiales Chassis. Es liefert die Mitten und Höhen für diesen Drei-Wege-Lautsprecher. Hier hat Andorf zahlreiche Kandidaten getestet und schließlich für ein Modell des renommierten spanischen Herstellers Beyma entschieden. Andorfs Wahl fiel auf eine Spezialität der Spanier: ein Koaxial-Treiber mit Kugelwellenhorn. Die Mitten übernimmt auch hier eine straff eingefasste Papiermembran, allerdings im Acht-Zoll-Format. Die Höhen schallwandelt eine 44-Millimeter-Kalotte mit sphärischem Hornvorsatz. Die Membran ist aus einem von Beyma entwickelten Spezial-Kunststoff gefertigt. Der Hersteller attestiert diesem Polymer ein vorteilhafteres Schwingverhalten, höhere Belastbarkeit und längere Betriebsdauer. Den von diesem Tweeter erzeugten Schall strahlt ein Trichter mit Traktrix-Geometrie als sphärische Wellenfront ab. Die speziell gewölbte Trichter-Formgebung erreicht am Mund des Horns einen Öffnungswinkel von 180 Grad. Das Kugelwellenhorn ermöglicht so ein homogenes Abstrahlverhalten, einen konstanten Abstrahlwinkel über den gesamten übertragenen Frequenzbereich hinweg und eine große Verfärbungsfreiheit – und damit eine tonale Homogenität.
Koax-Abstrahlung gemäß dem Punktschallquellen-Ideal
Ein weiterer Homogenitäts-Garant ist der grundsätzliche Koaxial-Aufbau des Chassis: Der Hochtöner sitzt im Zentrum des Mitteltöners. So werden Mitten wie Höhen vom gleichen Ort abgestrahlt statt von zwei verschiedenen Stellen, wie es bei der konventionellen Vertikalanordnung der Chassis geschieht. Die koaxiale Abstrahlung folgt also dem Ideal der Ein-Punkt-Schallquelle, wie sie in der Realität stattfindet. Die Wiedergabe ist deshalb sehr homogen und natürlich – und zeichnet sich durch eine hervorragende Räumlichkeit aus. Die Breitbändigkeit des belastbaren Mitteltöner bietet einen weiteren Homogenitäts-Vorteil: Er übernimmt den weiten Bereich von 3,5 Kilohertz bis 120 Hertz – und damit alleine alle Frequenzen, für die unser Gehör besonders sensibel ist und bei denen es deshalb empfindlich auf tonale Unstimmigkeiten reagiert. Dem ungewöhnlich tiefen Übergang zum Bass attestiert Entwickler Andorf zudem eine größere Offenheit im Stimmbereich. Um all diese Meriten zu bewahren, ist die Chassis-Innenverkabelung mit jenem hochwertigen Solidcore-Kupferleiter realisiert, den Spatial Europe auch als Lautsprecherkabel anbietet.
Serielle Weiche: klanglich klasse, konstruktiv komplex
Diese nun doppelt und mit verdrillten Leitungen ausgeführte Innenverkabelung mündet in der Frequenzweiche – und hier hat die Audio-Manufaktur einen immensen Aufwand betrieben. Chefentwickler Andorf hat sich zuerst von der einstigen konventionellen Weichenkonzeption verabschiedet, die das Signal parallel zu jedem Chassis führt und dann dort jeweils nur den Signalanteil passieren lässt, für den der jeweilige Schallwandler zuständig ist. Stattdessen setzt Andorf nun auf klangliche Klasse durch ein serielles Konzept: Hoch-, Mittel- und Tieftöner sind hier in Reihe geschaltet. Somit hat jedes Bauteil, das in der seriellen Weiche verwendet wird, Einfluss auf die komplette Weichenschaltung und auch auf alle Chassis. Die Chassis selbst verursachen mit ihren elektrischen Werten ebenfalls eine Rückwirkung auf dieses Schaltungs-Netzwerk. Deshalb ist eine serielle Weiche hochkomplex. Mit einer Computer-Simulation kann sie nicht befriedigend berechnet werden. Da hilft nur Ausprobieren und Hören – und das hat Andorf in unzähligen Durchläufen getan. Rund 30.000 Bauteile wurden hierbei getestet.
Weichen-Revision für Performance-Plus
Das Ziel ist dabei immer die geringstmögliche Beeinflussung des Signals. Deshalb gilt es, nur eine minimale Anzahl an Bauteilen zu verwenden, die eine maximale Qualität haben und geringste Toleranzen aufweisen. Dieses Ziel schien bereits erreicht, entpuppte sich dann aber doch nur als Etappen-Erfolg – und deshalb hat Andorf in die nochmalige Weichen-Überarbeitung abermals 1.000 Testdurchläufe investiert. So hat er unter anderem im Hochton die bis dato verwendete Spule zur Pegelsenkung weggelassen. Im Mittelton wurde auf sündteure Kupfer-Manganin-Folienwiderstände umgesattelt. Im Bass, dessen Übergang zum Mittelton jetzt höher bei 120 Hertz angesetzt ist, verwendet Andorf potentere Kondensatoren und setzt bei den verbindenden Kupferleiterbahnen, die erst gelasert und dann gefaltet werden, auf hochreines 5N-Kupfer, das mit einem Millimeter Stärke und 10 Millimeter Breite einen größeren Querschnitt besitzt. Das Maßnahmenbündel zeitigt laut Andorf einen klareren Klang, einen tonalen Zugewinn mit besser artikuliertem Stimmbereich, einen pegelstärkeren und impulstreueren Bass – und insgesamt einen höheren Wirkungsgrad.
Nobler Alu-Fuß als Weichen-Wohnsitz und Stand-Garant
Wer sich über die Kupferleiterbahnen wundert: Die gerade mal elf Bauteile umfassende Weiche ist nicht auf einer klangdegradierenden Platine realisiert. Stattdessen sind die Spulen, Kondensatoren und Widerstände auf einer CDF-Platte fixiert und in Freiverdrahtung miteinander verbunden – teils unmittelbar, teils eben über besagte Leiterbahnen, die schließlich auch zu den Anschlüssen führen. Hier setzt Spatial Europe auf erstklassige WBT nextgen-Klemmen mit Kupfer-Kontaktflächen. Weiche und Anschlüsse sind bei der No.2 nun in einem komplett neu gestalteten Fuß untergebracht. Sein ultramassives, dickwandiges Gehäuse ist aus einem vollen Aluminiumblock gefräst. Dies bietet der sensiblen Weichenschaltung hochgradigen Schutz vor elektromagnetischen Feldern und mechanischen Schwingungen, welche die Performance mindern würden. Durch das üppige Platzangebot können kritische Weichenteile zudem mit einem klanglich vorteilhaften Abstand voneinander verbaut werden. Dies erleichtert auch, etwa im Zuge eines Updates, den ressourcenschonenden Teile-Tausch. Die schwarze Lackierung und die gelaserte, silber schimmernde Beschriftung dieses Fußes intensivieren im Ganzen den hochwertigen Auftritt der No.2.
Aufstellung und Ausrichtung
Die bodenseitige Ankopplung der No.2 geschieht mit drei höhenverstellbaren Bronze-Spezialfüßen. So lässt sich der Lautsprecher auch im Neigungswinkel verändern – und damit der Direktschall-Einfluss. Für die Aufstellung empfiehlt Spatial Europe folgende Mindestabstände: 65 Zentimeter zwischen Zimmerwand und Lautsprecher-Vorderkanten, 2,5 Meter zwischen Schallwänden und Hörplatz. Die No.2 richtet man auf den Hörplatz aus. Als Dipol beschallt sie vorderseitig fokussierter als eine konventionelle Box. Dadurch erzeugt die No.2 weniger Reflexionen über Decke, Boden und Seitenwände und regt deshalb auch weniger Raummoden an. Wegen der prinzipbedingten seitlichen Auslöschungen strahlt die No.2 die Bässe in einer „8“-Form ab. Hierbei ist die Schallwand der Knotenpunkt dieser Acht. Da für einen voluminös-tiefreichenden Bass die vorder- und rückseitig abgestrahlte Woofer-Schallanteile wichtig sind, ist ein Experimentieren mit der Positionierung geboten: Je nach Wand-Distanz und Hörplatz-Abstand erzielt man am Hörplatz eine Addition oder Auslöschung dieser direkten und indirekte Schallanteile – und damit eine deutliche Zunahme oder Verminderung im Bass.
Die Spatial Europe MC Series No.2 in der Praxis
„Vorsicht mit der Lautstärke! Die No.2 hat jetzt einen ziemlich hohen Wirkungsgrad!“: So hat uns Spatial Europe-Chef Robert Andorf vorab gewarnt – und zwar zurecht. Wir haben unseren Hegel H360, der als Verstärker zum Zuge kommt, auf unsere übliche, wirklich nicht übertriebene Volume-Stufe eingestellt, starten mit einer Musik, bei der die No.2 ihre Klasse unter Beweis stellen kann, nämlich Mighty Sam McLains „Child Of The Mighty Mighty“ – und sitzen sofort aufrecht auf dem Sofa: Bei der treibenden Nummer legt die Begleitband des Bluesbarden direkt mit reichlich Power los, und zwar derart aus dem Nichts und auf den Punkt, dass wir fast erschrocken zusammenzucken. Wow! O.k., das Wirkungsgradversprechen hat die No.2 binnen einer Sekunde eingelöst – und bei den weiteren Verheißungen hält sie auch Wort. Es beginnt bei Bass und Schlagzeug, sie liefern bei dem Bluesbrocken ein fettes Fundament – und es ist ein Fest, dieser Rhythmusgruppe zuzuhören.
Mühelose Mächtigkeit
Michael Rivard spielt auf seinem Bass in den ganz tiefen Lagen ein rhythmisch vertracktes Muster mit schnellen, teils abgestoppten Tonwiederholungen. Dieser Bass hat ein herrliches Volumen, einen fast verblüffenden Tiefgang und richtig Schubkraft: Wir spüren den Druck auf den Ohren und im Magen. Doch trotz dieser Mächtigkeit ist der Bass absolut präzise. Da verschmiert nichts, da mulmt nichts, da dröhnt nichts. Stattdessen sind die einzelnen Töne des vertrackten Patterns sauber voneinander unterscheidbar und klar konturiert. Bei aller Mächtigkeit besitzt der Bass eine verblüffende Mühelosigkeit und Leichtigkeit. Diesen entschlackten Tiefton hat ein Open Baffle-Lautsprecher einer normalen Box eben voraus – und die No.2 liefert ihn allersattest! Drummer Lorne Entress spielt dazu scheinbar eine ziemlich gradlinige Figur auf Hi-Hat, Snare und Bassdrum. Da die No.2 aber auch die Bassdrum-Schläge mit sattem Punch und zugleich toller Definition wiedergibt, hören wir alle rhythmischen Delikatessen, die Entress in sein Drumming einarbeitet.
Superbe Dynamik
Diese perkussionistischen Finessen sind uns früher gar nicht derart aufgefallen, jetzt verstehen wir aber umso besser, warum diese Rhythmusgruppe so genial groovt. Die erstklassige Durchhörbarkeit sorgt also dafür, dass wir diesen Dialog der Instrumente besser begreifen. Das erhöht abermals den Musikgenuss. Hinzu kommt eine superbe Dynamik: Das Drumset klingt frisch und knackig, bei jedem Snare- und Tom-Hieb ist das definierte Auftreffen des Holzsticks auf die Felle zu hören. Die Beckenschläge haben genau den richtigen Crash, ohne scharf zu klingen, die Glocke des Ride-Beckens entfaltet wunderbar frei ihren sonor-singenden Ton. Besonders beeindruckend ist die Hi-Hat: Entress spielt sie relativ dezent, trotzdem setzt sich jede einzelne Beckenberührung deutlich und mühelos durch – und wir können dabei bestens die kleinen Lautstärke-Abstufungen hören, mit denen Entress seine Beckenarbeit feindynamisch gestaltet. So liefern Schlagzeug und Bass zum unwiderstehlichen Groove ein lebendiges Teamwork mit perfektem Timing. Schon nach wenigen Takten wippen wir unwillkürlich mit.
Transparenz und Durchhörbarkeit
Dafür sorgt ebenso Kevin Barry: Der Gitarrist verleiht dem Groove noch den richtigen Drive. Er spielt eine angezerrte Stratocaster auf dem vorderen Hals-Pickup, man erkennt die Gitarre sofort am charakteristischen Klang. Auf ihr liefert Barry ein amtliches bluesiges Lick mit tollen Bendings und vielen perkussiven Strokes. Die Diskantsaiten haben diesen legendären räudigen und zugleich runden Ton, die tieferen Saiten bieten den berühmten hohlen, druckvollen Twang-Sound. Wir hören jede Nuance, nehmen das Metall der Saiten und das Holz von Hals und Korpus wahr – und könnten wetten, dass der Gitarrist direkt vor uns spielt. Das ist auch der tollen Transparenz geschuldet, denn eigentlich ist der Song dicht instrumentiert. Zum druckvollen Schlagzeug, zum voluminösen Bassfundament und zur treibenden Gitarre kommt bald eine charakteristisch schillernde und schmatzende Hammond B-3-Orgel, auf der Bruce Katz vollgriffige Akkorde und coole Tonajoutierungen spielt. Trotzdem ist auch jetzt jeder Ton klar heraushörbar.
Phänomenale Plastizität
Dazu liefert die No.2 als Dipol- und Koax-Lautsprecher eine beeindruckende Räumlichkeit: Sie stellt uns die Band auf eine breite und tiefe Bühne, auf der sich jeder der vier Musiker vollends entfalten kann. Auch diese mit schöner Offenheit, Weite und Freiheit erfahrbare Dreidimensionalität unterstützt das Wie-echt-Feeling. Hinzu kommt eine phänomenale Plastizität. Haben wir schon bei den Instrumenten und hier insbesondere beim Gitarrensolo das Gefühl, die Musiker vor uns stehen zu haben, so ist die Präsenz von Sänger Mighty Sam McClain geradezu frappant: Der Frontmann steht vor seiner Band und damit direkt vor uns, wir können die Physis seiner stattlichen Figur förmlich spüren! Das liegt auch an der immensen Intensität seines Organs: McClain singt sein Credo, alles erreichen zu können, mit kraftvoller Stimme, mit Stolz, mal leicht rau, mitunter etwas knödelnd-gepresst, immer mit breiter Brust. Der Mann lebt, was er singt – und das lässt uns die No.2 leibhaftig und livehaftig erleben.
Performance-Plus mit Absorberfüßen
Geht noch mehr? Wir klicken unter die Bronze-Kugelfüße die optionalen Absorberfüße – und so gewinnt die Wiedergabe in allen Disziplinen: Das Schlagzeug klingt noch krisper und dynamischer, der Bass besitzt mehr Ruhe, die gesamte Wiedergabe legt an Klarheit und Konturiertheit zu, die Abbildung erscheint noch überzeugender – und die Räumlichkeit intensiver. Die No.2 beweist ihre Qualitäten nun quer durch den Musik-Parcours: Bei „Arabian Desert Groove“ lässt uns Schlagzeuger Charly Antolini prompt wieder zusammenzucken, während Wolfgang Schmidts Mörderbass uns eindrucksvoll die Tiefton-Fähigkeit der No.2 beweist. Beim heftig-harten Psytrans-Track „Never Mind“ der berüchtigten Infected Mushroom beziehen wir Electro-Prügel, während die No.2 akkurat-impulstreu agiert und völlig gelassen bleibt. Bei Yellos „Kiss in Blue“ präsentiert uns die No.2 mit fantastischer Immersivität die unendlichen Weiten des Klangkosmos samt den Sounds und Geräuschen, die an verschiedensten Stellen des Kunstraums aufploppen. Besonders attraktiv ist der Gesang: Heidi Happys verführerische Stimme hat mit der No.2 noch mehr Appeal.
Intensive Raumerfahrung
Diese Stimm-Abbildungskunst möchten wir abschließend mit Joyce DiDonato bei dem Belcanto-Rezitativ „L’amica ancor non torna“ aus Michele Carafas Oper „Le nozze di Lammermoor“ genießen. Doch erst einmal lässt uns die No.2 gleich mit dem einleitenden Grundgeräuschteppich der Aufnahme intensiv den Raum erfahren: Sie versetzt uns umgehend in den großen Saal der Lyoner Nationaloper. Nun spielt das Orchestre de l’Opéra de Lyon die zarte Introduktion, und wir erleben einen hervorragend gestaffelten Klangkörper, in dem jede Orchestergruppe klar verortbar und jedes einzelne Instrument heraushörbar ist. Dies reicht bis zu den rechts positionierten Kontrabässen: Sie sind oft in der Wiedergabe etwas unterrepräsentiert, hier, mit der No.2, erleben wir, wie sie mit sonorem Ton die apart-ergänzende Gegenstimme zu den Geigen, Bratschen und Celli spielen. Selbst kleinste Nebengeräusche wie das Notenblättern der Musiker sind vernehmbar. Die Auflösungsfähigkeit, die auch winzige Details hörbar macht, wie auch die Räumlichkeit und die Darstellungskraft lassen uns fasziniert zuhören.
Stimm-Abbildungskunst
Dann setzt DiDonato beim Tacet des Orchesters ein, also mitten in der Stille, die auf die instrumentalen Einleitung folgt. Die Weltklasse-Sopranistin singt mit unendlicher Zartheit ihr einleitendes „L’amica ancor non torna“ – und es ist zum Dahinschmelzen schön, weil sie mit ihrem warmen Mezzo und ihrem vokalen Können uns all die Einsamkeit, den Kummer und die Qualen, die sie in der Rolle der Lucia durchleidet, miterleben, ja regelrecht mitfühlen lässt: Mit fein variierter Lautstärke und Intensität, mit perfekt gesetzten Tremoli, mit mühelosen Intervallsprüngen trägt sie eindringlich ihr Lamento vor. Dank dieser Überzeugungskraft lässt uns DiDonato bald still und mit angehaltenem Atem zuhören, sie zieht uns in ihren Bann – auch weil die No.2 uns die Sängerin inklusive kleinster Atmer, denen man die Verzweiflung der leidenden Lucia anhören kann, so intensiv und lebensecht präsentiert, als würde sie vor uns und für uns singen. Das ist, artistisch wie akustisch, überwältigend.
Fazit
Die Spatial Europe No.2 kombiniert nach ihrem Komplett-Upgrade magische Meriten mit neuem Performance-Plus. Als Open Baffle- und und Dipol-Lautsprecher glänzt sie dank der Freiheit vom Gehäuse mit verfärbungs- und kompressionsfreiem Klang und exzellenter Räumlichkeit. Dank der neuen Dreiwege-Konzeption, dem frischen Koax-Treiber samt Kugelwellenhorn im Hochton und der seriellen, nochmals optimierten Weiche punktet die No.2 nun mit einem beeindruckenden Wirkungsgrad, einer noch anspringenderen Dynamik – und insbesondere mit ihrem regelrecht verblüffenden Bass. Er besitzt Open Baffle-typisch die staunenswerte machtvolle Leichtigkeit ohne Boxen-Bräsigkeit, glänzt nun aber mit noch souveränerem Tiefgang, Schubstärke und Volumen. Die Revision der Weiche sorgt außerdem für einen nochmaligen Zugewinn an Transparenz, Durchhörbarkeit und Auflösungsvermögen. So punktet die No.2 mit einer herausragenden Darstellungskraft: Ihre abermals gesteigerter Dreidimensionalität und Plastizität ermöglicht ein immersiv-intensives Hörerlebnis.
Test & Text: Volker Frech
Fotos: Simone Maier
Klasse: Spitzenklasse
Preis/Leistung: gut
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Technische Daten
Modell: | Spatial Europe MC Series No.2 |
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Produktkategorie: | Standlautsprecher |
Preis: | - Standard-Ausführung (Keramiklack schwarz oder weiß): 7.800,00 € / Paar Aufpreise: - frei wählbare RAL-Lackierung: 450,00 € - Holzfurnier: 900,00 € - 1.200,00 € (je nach Furnier) - Stoffbespannung: ab 550,00 € |
Garantie: | 10 Jahre |
Ausführungen: | - Lackierung: Keramiklack weiß (matt), Keramiklack schwarz (matt) sowie (gegen Aufpreis) jegliche RAL-Farbe - Holzfurnier (gegen Aufpreis): Nussbaum, Olive, Santos-Palisander, Pappel gemasert, Roseneiche natur, Roseneiche vintage, Roseneiche schwarz |
Vertrieb: | MachOne classics, Ingolstadt Tel. +49 841 33670 www.machone-classics.de |
Abmessungen (HBT): | 1050 x 400 x 76 mm (Gehäusewandstärke) bzw. 380 mm (Fußtiefe) |
Gewicht: | 30,5 kg / Stück |
Bauart: | Drei Wege, passiv, offene Schallwand, offener Dipol-Lautsprecher |
Koaxialchassis: | - Hochtöner: 1x Kugelwellenhorn mit 44-Millimeter-Polymer-Kalotte und Aluminium-Druckgusshorn - Mitteltöner: 1 x 180 mm (beschichteter Papier-Konus) |
Tieftöner: | 2 x 305 mm (Papier-Konus) |
Frequenzbereich: | 37 Hz - 21 kHz (im Raum) (Herstellerangabe) |
Trennfrequenzen: | |
Impedanz: | 4 Ω (Herstellerangabe) |
Wirkungsgrad: | 95 dB/W/m (Herstellerangabe) |
Empfohlene Raumgröße: | ≥ 15 m2 |
Lieferumfang: | - Spatial Europe MC Series No.2 - höhenverstellbare Kugelspikes |
Optionales Zubehör: | - Spatial Europe Absorptionsfüße, abgestimmt auf das Lautsprechergewicht (380,00 € / 6 Stk.) - Stoffabdeckungen (Set) (ab 550,00 €) - Einspielservice: Einspielen der Lautsprecher in der firmeneigenen Schallkabine |
Pros und Contras: | + attraktives, offen-luftiges Design + überaus plastische Darstellung + ausgezeichnete dreidimensionale Abbildung + natürliche, offene Wiedergabe ohne Kompressionseffekte + keine tonale Verfärbung durch Freiheit von Gehäuse-Einflüssen + exzellente Impulstreue und anspringende Dynamik + voluminöser, konturierter und zugleich behende-leichter Bass + hoher Wirkungsgrad, ermöglicht den Betrieb auch mit wattarmen Verstärken + Update-fähige Weiche + Manufaktur-Fertigung + optionaler Einspielservice: die benötigte Einspielzeit von bis zu 500 Stunden kann Mach One in der hauseigenen Schallkabine absolvieren - Aufstellung benötigt für optimale Basswiedergabe Platz und bedarf des Ausprobierens |
Benotung: | |
Klang (60%): | 95/95 |
Praxis (20%): | 94/95 |
Ausstattung (20%): | 94/95 |
Gesamtnote: | 95/95 |
Klasse: | Spitzenklasse |
Preis/Leistung: | gut |
Gehört mit: | - Verstärker: Hegel H360 - Lautsprecherkabel: Audioquest Rocket 88 |