Home » Tests » Spendor Audio A4 – Filigraner Standlautsprecher mit Punch, Spielfreude und Tiefgang
18. Oktober 2023von Dieter Pfeil
Klassisch gestylt, fällt die Spendor Audio A4 auf den ersten Blick durch ihre filigrane Gestalt und ihre wirklich gute Verarbeitung auf. Tatsächlich hat sie aber noch viel viel mehr zu bieten. Wer aktuell auf der Suche nach einem Lautsprecher ist, der wenig Platz einnimmt, sich optisch zeitlos zurückhält, dafür klanglich aber selbstbewusst und dynamisch auftritt, der sollte sich diesen ausführlichen Test unbedingt durchlesen. Es lohnt sich …
Spendor Audio entwickelt in Großbritannien seit über 50 Jahren Lautsprecher. Der Name geht auf die beiden Gründer Spencer und Dorothy Hughes zurück. Spencer erlangte Großteile seines Wissens und seiner Erfahrung als Ingenieur im Sound Engeneering Department der BBC. Heute arbeiten die Designer in Sussex gut ein Jahr an der passenden Komposition aus Gehäuse, Weiche und Schwingsystem. Ist die Entwicklung abgeschlossen, dauert es dann Tage bis aus dem Bauplan ein fertiges Lautsprecherpaar entsteht. Das gilt auch für die A4. Hierbei ist außerdemviel handwerkliches Geschick gefragt. Viele Arbeitsschritte werden bei Spendor nämlich tatsächlich noch traditionell in Handarbeit ausgeführt. Dass die Monteure hier besonderes Augenmerk auf Qualität legen, wird sofort klar, wenn man den ersten Karton öffnet. Ist die schützende Plastiktüte abgestreift, erstrahlt der Lautsprecher in ganzer Schönheit. Das Finish in Walnuss gefällt ebenso wie die filigrane, schlanke Gehäuseform.
Spendor A4: Was für eine Figur!
Das muss ich den Briten lassen. Das Gehäuse ist mit 165 Millimetern so schlank gestaltet, dass selbst das Tiefmitteltonchassis „Federn“ lassen musste. Sein Korb musste an den Seiten abgeflacht werden, damit er überhaupt in das Gehäuse passt. Und obwohl das Audio-Kunstwerk gerade einmal 861 Millimeter hoch ist, wirkt der Lautsprecher immer noch unglaublich schlank. Auch in der Tiefe bleibt er mit 285 Millimetern deutlich unter der 30 Zentimeter-Grenze. Mit 16 Kilogramm fügt sich die für einen Standlautsprecher winzige A4 wohl in jedes Abhörambiente ein. Die A4 passt sogar unter die meisten Fensterbänke, was gerade in beengten Wohnsituationen ein echtes Pro-Argument darstellt. Sollte Walnuss einen Anlass zur Kritik bergen, so stehen alternativ auch Eiche natur, Eiche Schwarz oder Satinweiß zur Auswahl. Die Laminierung des MDF-Materials ist exzellent ausgeführt und sieht schlichtweg phantastisch aus. Das Gehäuse fußt auf einem Guss-Sockel mit höhenverstellbaren Spikes.
Großes Klangversprechen
Zum Design kommt die Ausstattung: Im oberen Teil der Front der A4 sitzt der bündig eingelassene, 22 Millimeter-Hochtonlautsprecher. Direkt darunter thront der besagte und leicht aufgesetzte, proprietäre 180 Millimeter Tiefmitteltöner. Etwa in der Mitte der Rückwand residiert die Bassreflexöffnung. Erfahrungsgemäß wird der Zwei-Wege-Lautsprecher wohl etwas Freiraum zur Rückwand brauchen. Dafür verspricht er aber auch eine erweiterte Tieftonabstimmung und mehr Volumen im Klang. Ich bin gespannt! Direkt darunter ist das Anschlussterminal mit seinen großen Schraubklemmen platziert. Hieran können Verstärker mit einer empfohlenen Leistung von 25 bis 150 Watt angeschlossen werden. Die Impedanz der Spendor A4 wird herstellerseitig mit acht Ohm und der Frequenzbereich wird mit 34 Hertz bis 25 Kilohertz angegeben. Respekt, 34 Hertz aus diesem schlanken Gehäuse ist mal eine Ansage.
Aufgestellt und reingehört … Wow!
Ihre Aufstellung finden die Lautsprecher in einem Stereodreieck von knapp drei Metern Seitenlänge. Dabei drehe ich sie zunächst leicht auf die Hörposition ein. Und da es sich um einen Lautsprecher mit rückwärtigem Reflexport handelt, wähle ich zunächst einen Wandabstand von etwa 50 Zentimetern. Vom vorherigen Test liegt noch der „Tron: Legacy“- Soundtrack im CD-Spieler. Naja, damit kann man ja erst einmal nichts falsch machen. Ich schalte den Verstärker ein. drücke Play und … Hossa! Was ich hier zu hören kriege, verschlägt mir fast die Sprache. Diese Vehemenz und der satte Klang, gerade im Tief-/Mittenbereich, sind der Hammer! Im Tiefbass baut die A4 eine beeindruckend-voluminöse Hochburg auf. Mir ist das sogar etwas zuviel, so dass ich einen noch größeren Wandabstand wähle und die Lautsprecher etwa zehn Zentimeter weiter nach vorn ziehe. So viel Power habe ich den schmalen Spendors im Tiefbass gar nicht zugetraut.
Wo steht der Subwoofer?
Der erste Eindruck der hereinströmenden Kollegen: „Wo steht denn der Subwoofer“? „Das kommt doch nicht aus den kleinen Lautsprechern“? Naja, was soll ich sagen? Doch. Erstaunte Gesichter und das Sofa ist vollbesetzt. Und es geht weiter, der Grundton macht sich in der Magengegend breit, während zwischenzeitliche Tiefbasspassagen durch den Raum walzen. Besonders imponiert mir, dass diese Bassenergie dem oberen Mitten- und Hochtonbereich nichts anzuhaben scheint. Auch hier entfaltet sich die A4 nach Herzenslust. Ich kann es nicht anders sagen, was die Entwickler in Sussex hier erschaffen haben, ist schlichtweg herausragend! Nach einer halben Stunde scheuche ich die neugierigen – und mit immer neuen Musikwünschen auftretenden – Kollegen von meinem Sofa. Bislang habe ich noch nichts von meinem üblichen Testmaterial aufgelegt. Das soll sich nun ändern, denn jetzt füttere die Spendors mit Musik nach meinem Geschmack.
Für Stimmen und Gitarren gemacht
Beeindruckt von der dynamisch-harmonischen Mittenwiedergabe entscheide ich mich zunächst für Blues. Der „Asphalt Canyon Blues“ von Kenny Burrell und Grover Washington Jr. legt sofort mit einem feinfühligen Kontrabass nach, der die Spendor A4 auch mit der tiefen E-Saite nicht ins Schwitzen bringt. Das feine Säuseln des von Grover Washington Jr. intonierten Saxophons wird akkurat präsentiert. Sauber arbeitet der Hochtöner die feine Abstimmung zwischen taktangebendem High-Hat und Ride-Becken heraus. Die Gitarre von Kenny Burrell erhält den erforderlichen Körper im Mittenbereich, während der Bass fleißig die Pentatonic und das Motiv schnurrt. Auch die Gitarre von Susan Tedeschi in „Back To The River“ erhält eine warme Abstimmung. Die Bass-Drum hat ordentlich Grip und reißt sofort mit ihrem eigenwilligen Rhythmus mit. Susans Stimme brilliert mit ordentlich Volumen und facettenreichen Details in den Höhen. Das gelingt alles schon sehr überzeugend bei Zimmerlautstärke.
Wendig und straff
In „Th1rt3en Or Nothing“ von den Backyard Babies wird dann eine unglaublich breite Bühne aufgespannt. Eine Bühne, auf der die Kuhglocke und Nicke Borg, mit seiner leicht rauen Stimme, in einer detailreichen Performance glänzen dürfen. Die Hochtöner dürfen anschließend in „Karma Police“ von Radiohead beweisen, wie zielstrebig und korrekt sie Gitarren-Sounds reproduzieren. Auch die Becken des Schlagzeugs werden unverfälscht dargestellt. Thom Yorke scheint, mit seiner Band im Rücken, geradezu vor mir im Hörraum zu stehen, nur um für mich zu musizieren. Spätestens jetzt kann ich konstatieren, dass die einzelnen Chassis, die Frequenzweiche und das Gehäuse perfekt harmonieren. Kai Wingenfelder von Fury in the Slaughterhouse überzeugt mich anschließend in „Time To Wonder“ mit einer satten, feinfühligen Darstellung. Der Hall zieht die Bühne auch in die Tiefe weiter. Als dann der Bass einsetzt, wird es so richtig schön druckvoll, knackig, wendig und agil.
Jetzt aber Vollgas
Aber nicht nur in normaler Hörlautstärke zeigen die Spendors mit welchem Fingerspitzengefühl sie arbeiten. In „30 000 Days“ von Yello greifen die A4 in den Höhen sanft und präzise zu und liefern ein angenehm abgerundetes Klangbild. Yello ist eine Band, die ich irgendwie immer laut hören muss und so drehe ich bereits kurz nach den ersten Takten am Lautstärkeregler. Auf Party-Niveau liefert die Box dann sofort einen saftigen Bass mit ordentlichem Biss. Dabei bewegen sich die 180 Millimeter-Membranen schon ordentlich in ihrem Körbchen. Von Ermüdung oder Anstrengung ist allerdings nichts zu hören. Bei den synthetischen Klängen lässt sich der Bass auch unterhalb von 40 Hertz tatsächlich noch hören. Die Hochtonlautsprecher zeigen sich selbst unter ohrenbetäubenden Pegeln, die ich inzwischen eingestellt habe, absolut spielfreudig. Immer noch packen sie kraft- und gefühlvoll zu und lassen keine Nuance ungehört.
Knallhart und korrekt
Noch eine Spur packender wird im anschließend gewählten „Animal“ von Martin Garrix. Die A4 schlägt jetzt tief und hart zu und erreicht die perfekte Mischung aus voluminösem und knackigem Sound. Auch jetzt scheut sich der kleine Lautsprecher nicht die Reise in den Frequenzkeller mitzumachen. Die Synthesizer erhalten in den Mitten ordentlich Rückenwind. In den Höhen sind sie klar akzentuiert. Wenn es bei 1:52 Minuten im Bass richtig rund geht, beweisen die Spendors, dass man keine 80 Liter braucht, um das Sofa beben zu lassen. Bei 4:20 Minuten wird der Bass noch etwas härter und trockener. Die A4 lässt das aber kalt. Sie spielt hier einfach nur das, was gefordert wird. Selbst der Hochtonbereich bleibt unter dieser Belastung ausgesprochen entspannt und klar. In „Teardrop“ von Massive Attack findet die A4 die richtigen Nuancen für das Spinett. Das regelmäßige Knurren des Basses im Hintergrund lässt genug Raum, damit Liz Fraser ihr Talent fein und facettenreich auf die Bühne bringen kann.
Kleine Box ganz groß
Lange sitze ich noch mit der Spendor A4 zusammen und genieße einige weitere Titel aus meiner Musiksammlung. Immer, wirklich immer, findet sie dabei die richtigen Mittel, um die Kompositionen der verschiedenen Genres plastisch abzubilden. Alexander Veljanov erhält in „Mindmachine“ das nötige Fundament im Rücken, damit seine Stimme voll zu Geltung kommt. In „Immortality“ von Pearl Jam begeistern die stimmigen Gitarren und das fetzige Schlagzeug. Es klingt fast, es stünden Pearl Jam direkt vor mir im Raum. „Paper Tails“ von Darkside scheint fast, als wäre es den Lautsprechern auf den Leib geschneidert. Ein druckvoller Bass untermalt das Geschehen. Der Sänger erhält volle Rückendeckung und die Percussion ist richtig auf Zack. Die Gitarre versprüht den erforderlichen bluestypischen Sound.
Fazit
Ich habe reichlich Musik mit der Spendor Audio A4 gehört. Kein Genre hat sie dabei ins Schwitzen gebracht. Sie spielt beschwingt im Bereich der Klassik und schreckt auch vor der korrekten, zugleich aber auch mitreissenden Wiedergabe moderne Instrumente nicht zurück. Die Stimmlage reicht vom kräftig zupackenden Bass, den man den kleinen Lautsprechern gar nicht zutraut, bis in die höchsten Frequenz-Ebenen. Wer auf der Suche nach neuen Boxen ist, dem kann ich nur empfehlen, sich einmal von diesen Lautsprechern verzaubern zu lassen. Diese Kombination aus Größe, Verarbeitung, Preis und Klang hat mich jedenfalls voll überzeugt.
Test & Text: Dieter Pfeil
Fotos: Branislav Ćakić
Klasse: Spitzenklasse
Preis-/Leistung: sehr gut
94 of 100
95 of 100
92 of 100
Technische Daten
Modell: | Spendor Audio A4 |
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Gerätekategorie: | Standlautsprecher |
Preis: | 2.990 Euro / Paar |
Garantie: | 2 Jahre 5 Jahre bei Registrierung |
Ausführungen: | - Walnuss - Eiche Natur - Eiche Schwarz - Satin Weiß |
Vertrieb: | Drei H, Hamburg 040 37507515 https://3-h.de |
Abmessungen (H x B x T): | 861 x 165 x 284 mm |
Gewicht: | 16 kg |
Bauart/Prinzip: | Zwei-Wege, passiv, Bassreflex |
Bestückung: | 1 x 22 mm Hochtöner 1 x 180 mm Tiefmitteltöner |
Frequenzbereich: | 34 Hz - 25 kHz (Herstellerangabe) |
Impedanz: | 8 Ohm |
Belastbarkeit: | 25 - 150 Watt |
Anschlüsse: | Schraubklemmen, Single-Wire |
Lieferumfang: | 1 x A4 1 x Satz Spikes 1 x Abdeckung 1 x Anleitung |
Pros und Contras: | + sehr gute Verarbeitung + filigranes Design + agiler Grundton + tiefe Bassabstimmung + ausgewogene Mitten-/Hochtonwiedergabe + verschiedene Farben - nur Single-Wire-Anschluss |
Benotung: | |
Klang (60%): | 95/95 |
Praxis (20%): | 95/95 |
Ausstattung (20%): | 92/95 |
Gesamtnote: | 94/95 |
Klasse: | Spitzenklasse |
Preis/Leistung | sehr gut |